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MASERATI und GÜNTER SCHICKERT am 9. März 2011 im Kafe Kult, München

Lieber musikalischer Aschermittwoch als politischer Aschermittwoch – auch trotz einem schrulligen, alten Mann im Vorprogramm.

MASERATI heute verpassen? Niemals. Erstens ist ihr neues Album Pyramid Of The Sun ein wunderbar originelles, schönes Instrumental Rock-Werk, zweitens gehen viele Hörer der Band, mich eingeschlossen, davon aus, dass nach dieser Tour Schluss sein wird mit MASERATI. Ihr Schlagzeuger Jerry Fuchs starb im November 2009 bei einem tragischen Unfall, um ihm die letzte Ehre zu erweisen, stellten die restlichen Musiker posthum das Album fertig, um seine Drumspuren nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Und dennoch – oder gerade deswegen – sind heute alle bereit nochmal im Kafe Kult zu feiern, Fuchs zu ehren und MASERATI hochleben zu lassen.

Als Support haben die Südstaatler eines ihrer Idole im Gepäck, Krautrock-Koryphäe GÜNTER SCHICKERT, der für das eine oder andere überraschte Gesicht sorgt. Nachdem am Vormittag in verschiedensten bayerischen Städten Politiker für ihre jeweiligen politischen Gegner nichts als Schimpf und Schande übrig haben, sagt GÜNTER SCHICKERT knapp zwölf Stunden später auf der Bühne des Kafe Kult den Kriegsmaschinen den Kampf an, er will sie mit Musik und Worten in der Hölle verschwinden lassen. Der über sechzigjährige Krautrock-Musiker SCHICKERT und seine Komparsin lassen krude Projektionen laufen, schließlich greift sich der Musiker selbst ein Muschelhorn und loopt die Töne, während seine Sängerin zunächst vor dem MASERATI-Schlagzeug meditiert. Schließlich wandert sie mit den reinsten Yoga-Bewegungen zum Mikrofon, als GÜNTER SCHICKERT an die Gitarre wechselt und munter herum experimentiert. Die Sängerin hebt Bilder mit Schlagwörtern in die Luft und stößt unzusammenhängende Worte wie Achillesferse aus. Das wirkt nicht nur unfreiwillig komisch-esoterisch, sondern auch so, als wären beide auf irgendetwas hängen geblieben. Eine halbe Stunde dauert diese Performance, von Kraut-Rock-Magie ist nichts zu spüren, in seinen besten Momenten schrammelt SCHICKERT ein wenig wie MASERATI, nur eben ohne Groove. Statt einer Krautrock-Legende erleben wir eine dreißig Minuten lang einen schrulligen, alten Mann und müssen zu allem Überfluss noch versuchen ein Grinsen zu unterdrücken. Auch wenn ich mich dabei schlecht fühle, aber das war ein unfreiwillig komischer Auftritt.

Wenigstens geht es schon um zehn nach zehn, nach nur fünfzehn Minuten Umbaupause mit MASERATI weiter, aber dennoch Zeit genug noch in aller Kürze was zum Verdauen zu trinken. Die Gute Nachricht: MASERATI spielen nicht zu dritt und mit Drumcomputer, sondern haben einen Ersatzmann für den verstorbenen Jerry Fuchs dabei, der zwar keine leichte Aufgabe vor sich hat, sie aber zu meistern weiß. Da dieser Ersatz aber durchaus würdig und auch erfahren ist, gibt es an der Schlagzeugfront nichts zu bemängeln – hinter dem Drumkit sitzt nämlich A.E. Paterra alias MAJEURE, der auch bei ZOMBI für den korrekten Beat zuständig ist. In dieser starken Besetzung geht es nach einem kurzen elektronischen Intro mit They´ll No More Suffer From Hunger aus dem aktuellen Wunderwerk von einem Album Pyramid Of The Sun los, das auch größtenteils in dem einstündigen Set beachtet wird. Der Bass pumpt, das Schlagzeug treibt an, über die ganze Spielzeit hinweg gibt es einen unwiderstehlichen, sexy Groove, der niemanden still stehen lässt.

Ebenso viel Lebensfreude wie MASERATIs Musik auch ausstrahlen mag, so melancholisch ist sie auch zeitweise. Das liegt an den herrlichen Gitarrenmelodien, die nicht nur einen wundervollen Fluss haben und sich ins Ohr fräsen, sondern auch eine gewisse Ernsthaftigkeit in sich bergen. Oaxaca, We Got The System To Fight The System und They´ll No More Suffer From Thirst sind in Musik verpackte Sahnestücke, die Live genauso gut kommen, wie in der heimischen Anlage. Die Musiker agieren etwas zurückhaltend, sind selbst in die Musik versunken und grooven bei gutem Klang durch ihr Set. Zu den Songs von Pyramid Of The Sun gibt es noch Monoliths und als Abschluss Inventions von Inventions For The New Season“ zu hören, aber genug hat noch keiner. Als Zugabe präsentieren MASERATI schließlich noch ein Stück, bei dem Gitarrist Matt Cherry und Bassist Chris McNeal zum Mikrophon greifen – und beweisen, warum es besser ist, dass MASERATI ansonsten rein instrumental agieren.

Trotzdem, Ende gut, alles gut. Um viertel nach elf ist Schluss, das frühe Konzertende kommt den Faschingsgeschädigten und -ungeschädigten gar nicht ungelegen. Es gibt diverse Stimmen, die verkünden, MASERATI wollen nach den frenetischen Reaktionen der Tour mit dem neuen Drummer doch weiter machen. Alles Gerüchte, die Zukunft wird es zeigen. Wäre aber zu schön, wenn dies nicht die letzte Party war. Wir kommen auch alle wieder, versprochen.

Setlist MASERATI
They´ll No More Suffer From Hunger
Oaxaca
We Got The System To Fight The System
Monoliths
Pyramid Of The Sun
They´ll No More Suffer From Thirst
Inventions

Foto: (c) Florian Schneider

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