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GÖSTA BERLINGS SAGA: Detta Har Hänt

So wie man mit einer ÖPNV-Tageskarte die Geographie einer schwedischen Großstadt erkunden kann, so kann man hier ihre akustische Emotionalität ertasten. Man erlebt verträumte Ruhemomente ebenso wie krumm getaktete Irritationen. Empfehlung für alle, die nach Abwechslung und offen für Eigenwilligkeit sind.

Dies ist ein verspätetes Review – GÖSTA BERLINGS SAGA haben zwischenzeitlich bereits ihr drittes Album Glue Works veröffentlicht. Doch angesichts der Zeitlosigkeit der Musik, möchte ich an dieser Stelle noch ein paar Worte über diese eigenwillige Instrumental-CD verlieren. Sie bietet laut Band Progressive Rock über den Wohlfahrtsstaat, die Industrialisierung und Liebe. Im Gegensatz zum Erstling Tid Är Lud hat das Quartett die Natur-Inspirationen zu Gunsten der Stadt-Inspiriationen zurückgeschraubt. Die Stücke klingen trotzdem immer noch verhältnismäßig organisch, zumal an allen Ecken und Enden die Rockbesetzung durch diverse Keyboards und entrückte Experimentalklänge ergänzt werden. Man kann die Schweden offenbar aus dem Wald herauslocken, aber nicht den Wald aus der schwedischen Musik.

Eigenständigkeit wird groß geschrieben bei GÖSTA BERLINGS SAGA, so dass ich statt treffenden Vergleichen und tief schürfenden Interpretation lediglich meine Reaktionen auf das Gehörte hier berichte. Durch das hart angeschlagene Klavier und diverse überbordende Echos wirken einzelne Passagen tatsächlich wie Schnipsel einer Großstadtszenerie – Ton gewordene U-Bahnstationen begegnen vor meinem geistigen Auge den Ladenschuss in der Einkaufsstraße. Nein, es ist kein sonniger Tag. Der Wind wechselt häufiger die Richtung, das Laub auf den Straßen wirbelte unruhig umher. Wer auf den Straßen unterwegs ist, hat ein klares Ziel. Grundlos geht bei so einem Wetter niemand freiwillig vor die Tür. Im Mosaik der urbanen Geschäftigkeit tauchen scheinbar zufällige Muster auf. Zwischendurch erhascht man ein Lächeln. Auch an solch stürmischen Tagen ist die Welt da draußen nicht grau. Die Stadt lebt, ist in Bewegung – und immer wieder der Wind.

Dieser Exkurs sollte reichen, um zu verdeutlichen, wie inspirierend die Musik klingt. Sporadische Dissonanzen verleihen den Stücken Würze, zögerliche Harmonien schimmern zwischen leisen und lauten Elementen hindurch. Die Lieder sind gar nicht mal so sperrig, sondern eher introvertierter Lärm. Die Band agiert als geschlossenes Ganzes, experimentiert mal mit einer hübschen Melodie, mal mit druckvollen Tastenklängen. Allzu flinke Läufe werden umgehend zu stimmigen Schleifen, die mehr Hintergrundgeräusch als Wiedererkennungsmerkmal sind. Der leicht angezerrte Gitarrensound akzentuiert die Melodien und Zupfmuster, das Mellotron malt Filmmusikklangbilder, das Schlagzeug weiß, wann es dynamisch krachen muss und wann es besser still ist. Im Gegensatz zu rein improvisierten Kompositionen verstehen es GÖSTA BERLINGS SAGA, nicht in die selbstverliebte Belanglosigkeit abzudriften. Einzige Ausnahme ist der Jam-lastige Abschlusstrack Västerbron 05:30, der doch arg repetitiv klingt.

So wie man mit einer ÖPNV-Tageskarte die Geographie einer schwedischen Großstadt erkunden kann, so kann man mit Detta Har Hänt ihre akustische Emotionalität ertasten. Dann erlebt man verträumte Ruhemomente ebenso wie krumm getaktete Irritationen. In diesem Sinne sei die CD alle Leuten empfohlen, die auf der Suche nach Abwechslung vom Einheitsveröffentlichungsbrei im Prog-Bereich und offen für Eigenwilligkeit sind.

Veröffentlichungstermin: 29.05.2009

Line-Up:

Einar Baldursson: Gitarre
David Lundberg: Fender Rhodes, Synthesizers, Mellotron
Gabriel Hermansson: Bass
Alexander Skepp: Schlagzeug

Produziert von GÖSTA BERLINGS SAGA
Label: Record Heaven / Transubstans Records

Homepage: http://www.gostaberlingssaga.se

Mehr im Netz: http://www.myspace.com/gostaberlingssaga

Tracklist:

1. Kontrast
2. Sorterargatan 3
3. Svenska Hjärtan
4. Fem Trappor
5. Nattskift
6. Bergslagen
7. Innilegur?
8. Västerbron 05:30

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