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HAVE HEART: 10.17.09 [CD + DVD]

Die Abschiedsschlacht von everybody´s modernem Old-School Hardcore-darling.

Fand am 17. Oktober 2009 die größte Hardcore-Party aller Zeiten statt, oder war dies die ultimative Ansammlung aller vorstellbaren Klischees? So oder so, was an diesem Abend abging, spottet jeder Beschreibung. Wenn man alle Abschiedsshows der lokalen Juz-Bands der ganzen Welt zusammen zählt, kommen nicht so viele Stagediver zusammen, wie in der knappen Stunde dieser DVD. Höchstens bei einem indischen Pilgerfest ist geht es enger zu, als in diesem, für 2.000 Leute viel zu winzigen Club. Keiner weiß, wie viele Brillen an diesem Abend kaputt gingen, und wie viele der Kids am folgenden Montag nicht in die Schule konnten, weil sie diverse Extremitäten frisch im Gips hatten. Und das alles nur, weil HAVE HEART keinen Bock mehr hatten.

Jeder findet HAVE HEART gut. Die Kids gründen sogar schon Positive Hardcore-Bands, weil sie glauben, dass HAVE HEART das Rad neu erfunden haben, von CHAMPION und BANE aber noch nie was gehört haben. Schwierig ist es mit den Hypes, denn das versaut irgendwie, dass man HAVE HEART auch objektiv gut finden muss, ihre Alben The Things We Carry und Songs To Scream At The Sun stecken voller Hits, haben Melodien, sind flott und voller Energie. Dass das auch live gut kommt, habe ich direkt nie erfahren, die DVD ihrer Abschiedsshow – die übrigens am National Edge-Day stattfand – belegt, dass da schon was los ist.

HAVE HEART waren everybody´s darling, so verwundert es nicht, dass sogar Leute aus Europa extra für diese Show nach Boston reisten. Und was haben sie erlebt, außer dem Gewusel vor und auf der Bühne? Eine für Hardcore-Verhältnisse geradezu epische Show von einer knappen Stunde, bei der so ziemlich alle Songs gespielt wurden, die HAVE HEART geschrieben haben. Sie haben blutjunge Musiker erlebt, die dem Kommen und Gehen von Stagedivern auf der Bühne entsprechend gespielt haben – sprich, teilweise etwas wacklig. Kein Wunder, wenn pausenlos Rowdies die Musiker unterm Spielen anrempelt. Dennoch, instrumental gesehen ist das relativ brauchbar, vielleicht auch, weil der Sound recht direkt und rau ist und so einige Unsauberkeiten nicht so auffallen. Sänger Patrick Flynn hingegen springt herum, hustet einzelne Silben aus, streckt das Mikro ins Publikum, und lässt die Kids den Rest erledigen, ist schon nach zwanzig Minuten ein Fall für die Frührente. Bezeichnenderweise sind die Gangshouts besser verständlich, als Flynns Performance. Überhaupt, ganz so sympathisch ist er nicht, gerade wegen seiner Ansagen. In Bayern sagen wir zu so etwas Gescheithaferl.

Zum Anschauen ist die DVD jedenfalls hochamüsant. Welche Schlachten sich die Wahnsinnigen vor der Bühne liefern, kann man schlecht in Worte fassen. Hinter der Band steht eine ganze Legion Fotografen – aber auch nur unwesentlich mehr als in den lokalen Clubs zum Zenith des Metalcore vor drei Jahren -, gehandicapter Gipsträger, die sich ärgern vorne nicht mitmischen zu können, und Jungs und Mädels, die es lieber ruhig angehen lassen und Genuss am Zuschauen empfinden. Lustige Stagedive-Unfälle gibt es ebenso zu sehen, wie athletische Einlagen. Anstrengend ist es dennoch, diese DVD laufen zu lassen, denn die sechs Kameras sind nicht nur von der Aufnahmequalität semiprofessionell, auch die planlosen, hektischen Schnitte sind nicht gerade umwerfend. Immerhin passt das zur Soundqualität und liefert insgesamt ein schon stimmiges Flair, das mehr Underground ist, als gehässige Neider vermuten möchten.

Als Fazit bleibt ein schön gemachtes Abschiedsgeschenk von HAVE HEART an die Fans. Die CD ist vielleicht verzichtbar, da die meisten ganz zurecht die Studioversionen der zahlreichen Hits wie Bostons, Something More Than Ink, Brotherly Love, What Counts und natürlich Watch Me Rise vorziehen werden. Die DVD bietet aber, auch trotz fehlenden Bonusmaterials genügend zum Entdecken, da das Tohuwabohu in diesem wohl tropisch heißem Konzertsaal immer wieder wilde Aktionen offenbart. Wer bei HAVE HEARTs letztem Aufbäumen dabei war, wird hier wohl an einen der wildesten Abende des Lebens erinnert werden, und wer nicht da war, bekommt wenigstens eine Ahnung davon, was er verpasst hat. Fans dürfen zuschlagen, alle anderen können sich auch mit den beiden Alben der Straight-Edge-Band begnügen.

Veröffentlichungstermin: 3. Dezember 2010 

Spielzeit: 48:35 (CD) + 56:29 (DVD) Min.

Line-Up:

Patrick Flynn – Vocals
Kei Yasui – Guitar
Ryan Hudson – Guitar
Ryan Briggs – Bass
Shawn Costa – Drums

Label: Bridge Nine Records
MySpace: http://www.myspace.com/haveheart

Tracklist:

1. Hard Bark On The Family Tree
2. The Machinist
3. Life Is Hard Enough
4. Watch Me Sink
5. The Same Son
6. Bostons
7. Lionheart
8. Get The Knife
9. On The Bird In The Cage
10. Intro
11. To Us Fools
12. Something More Than Ink
13. Pave Paradise
14. Armed With A Mind
15. Brotherly Love
16. What Counts
17. No Roses, No Skies
18. Intro(ld Man) II
19. About Face
20. The Unbreakable
21. Watch Me Rise

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