LETZTE INSTANZ & Eisheilig: Karlsruhe, Substage, 06.12.2007

Wer hätte das gedacht: allen Unkenrufen zum Trotz funktioniert das eher introvertiert wirkende Album "Wir Sind Gold" live wesentlich besser als in der Studioversion.

Ob das aktuelle Album der LETZTEN INSTANZ,Wir Sind Gold, in einem Livekontext funktionieren würde, war im Vorfeld der Veranstaltung kaum abzusehen. Anders als der Vorgänger Ins Licht scheint es von seiner Anlage her zu ruhig für ein knackiges Clubkonzert zu sein. Und so hält die melancholisch-introvertierte Songstruktur auf Wir Sind Gold mutmaßlich etliche Skeptiker davon ab, für läppische 14 Euro ein Konzertticket zu erstehen und der Sache an sich und Sänger Holly im Speziellen eine Chance zu geben. Um es vorsichtig auszudrücken: es bleibt noch Platz, um Luftgitarrensoli mit wildem Headbanging zu verquicken. Und ja, dieser wird von diversen Ausdruckstänzern tatsächlich mit viel Emphase eingenommen.

Allen Unkenrufe zum Trotz entwickelt sich das Konzert (bis auf einen schwachen Mittelteil, bei dem kurzfristig die Luft raus ist) zu einem wahren Selbstläufer. Mit voller Kraft voraus stürzen sich Musiker und Fans nach einem durchwachsen Auftritt des Supports EISHEILIG ins Geschehen. Sogar Sänger Holly, dem man seit seinem Aufschlagen vor rund zwei Jahren nicht ohne Grund vorwirft, häufig verkrampft und unsicher zu agieren, wirkt an diesem Abend so souverän und stimmgewaltig wie lange nicht mehr. Maskenball, Tanz und Unerreicht – ein schneller und energiegeladener Titel jagt den nächsten. Sehr zur Freude der Fans, die sich ebenfalls nicht lumpen lassen und jedes Wort lauthals mitsingen. Selbst die ruhigen Titel, die besonders von den klassisch anmutenden, vollen Streicherpassagen leben, funktionieren erstaunlich gut. Die Musiker gewähren sich gegenseitig viel Raum, damit schwelgerische, fließende Bögen aufgebaut werden können. Diese kontrastieren das Geschehen, so zum Beispiel das pulsierende Gitarren-Picking im Song Monument der Stille, und verstärken seinen Reiz.

Die Band zeigt über zwei Stunden hinweg, dass man sehr wohl filigrane Streichersounds von Cello und Violine mit hartem Riffing und exponierten Electro-Samples verbinden kann, ohne einen zähen Klangbrei zu produzieren. Das Resultat ist präzise, kraftvoll und abwechslungsreich. Die Songs profitierten maßgeblich von der Reduktion auf das Wesentliche (wer braucht schon Kinderchöre wie in Wir Sind Allein oder ähnliche Stilmittel, die auf den Studio-Einspielungen ohnehin nur dazu dienen, das Geschehen unnötig aufzubauschen). Den Rest erledigt das gute Zusammenspiel der Musiker. Schon jetzt darf man sich auf das Jubiläums-Album Das Weisse Lied (VÖ 14.12.2007) freuen, das den Gedanken des Wechselspiels zwischen weich und hart pünktlich zum 10-jährigen Geburtstag der Band mit einer stark kammermusikalischen und zugleich zurückgenommenen Ausgestaltung im Unplugged-Format fortsetzen wird.

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