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ATROCITY, Milwaukee-Metal-Fest 1999

ATROCITY hatten ihren ersten USA Gig – einen Auftritt beim Milwaukee-Metal-Fest! vampster bietet euch ein besonderes Schmankerl: Einen Bericht von Krulle persönlich!!

Milwaukee-Metal-Fest, 31.07.1999

ATROCITY hatten ihren ersten USA Gig – einen Auftritt beim Milwaukee-Metal-Fest! Hier bekommt ihr einen Konzertbericht von der Kleinen Schwarzen Fee und als besonderes Schmankerl: Einen Bericht von Krulle persönlich! (Dieser Bericht erscheint außerdem im nächsten ORKUS).



Einleitung – Bericht der Kleinen Schwarzen Fee

ATROCITY – Einmal Milwaukee und zurück – Bericht von Alex Krull (ATROCITY)

Einleitung – Bericht der kleinen schwarzen Fee

Ja, ihr lest richtig. ATROCITY hatten ihren ersten Live-Gig in den Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

An diesem Tag war es irrsinnig heiß, saunamäßige Temperaturen. Ich glaube letztendlich war jeder einzelne froh, dass die Stadt dieses Festival nun doch in einer klimatisierten Halle stattfinden ließ.

Um 22 Uhr wurde es ernst für Alex und die Jungs. Es ertönte ihr Intro, die neue Tänzerin stürmte die Bühne und heizte das Publikum an. Nach und nach kamen Martin, Chris, Matze, Torso und natürlich Alex auf die Bühne. Los ging es mit „Tainted Love“, gefolgt von „The Great Commandment“ und „Der Mussolini“. Die Jungs von ATROCITY kamen mit den Songs von „WERK 80“ erstaunlich gut an. Doch der Schein trügte. Als die Songs „Willenskraft“, „Fatal Step“ und „Blut“ ertönten, gab es kein Halten mehr. Überall flogen die langen Mähnen. Wau, ein wahnsinniges Gefühl dies einmal von der Bühne aus zu sehen.

Der Gig von ATROCITY war viel zu kurz. Als letzten Song präsentierten die Jungs „Shout“. Doch zuvor wurde, wie bei jedem Gig, die Gastsängerin Liv Kristine auf die Bühne gerufen, das gesamte Publikum sang mit Alex und Liv.

Ich glaube, einen besseren Auftritt hätten sie sich nicht vorstellen können. Auch der neue Drummer Martin und die neue Tänzerin meisterten ihr Debüt mit Bravour. Da alle mit dem Gig zufrieden waren, war dies bestimmt nicht der letzte Auftritt in den Staaten.

Kleine Schwarze Fee

ATROCITY – Einmal Milwaukee und zurück

Es ist schon kurios: Da nehmen wir unsere erste Platte Hallucinations in den USA auf, und erst neun (!) Jahre später absolvieren wir dann unseren ersten Auftritt mit ATROCITY auf amerikanischen Boden. Im Lauf der Jahre hatten wir zwar Angebote, sogar eine Tour mit 50 Dates, geklappt hat es leider nie. Erst im Frühjahr wurde eine Festivalshow in New Jersey gecancelt. Das liegt bestimmt auch an der Tatsache, dass unsere letzte offizielle Scheibe, die in den USA veröffentlicht wurde, Blut (1994) war. Und der Release von Blut stand damals auch auf wackeligen Beinen, da Plattenfirma und US-Vertrieb quasi zum Release dicht machten… Seither gab´s die ATROCITY-Scheiben in den Staaten nur über Importwege zu bekommen.

Umso gespannter waren wir, wie man uns auf dem berühmt berüchtigten Milwaukee Metalfest aufnehmen würde. Da wir ja eine ganze Weile von der Bildfläche der amerikanischen Fans verschwunden waren, kam vielleicht sogar der Verdacht auf, es drehe sich hier um eine der gerade so populären Reunionsshows. Kommen denn die neuen Sachen überhaupt an? Es kam dann doch alles anders wie gedacht.

Ersteinmal mußten wir einige Hürden nehmen, um überhaupt nach Milwaukee zu gelangen. Das fing schon am Stuttgarter Flughafen an, als man uns offenbarte, unser Flieger sei übergebucht worden!!! Wir bekamen mit Ach und Krach die letzten Plätze. Nächstes Hindernis waren die amerikanischen Behörden. Das Gitarrenduett Matze und Tosso, im Laibach T-Shirt Partnerlook, kam dann beim Zoll glatt in Schwierigkeiten. Im zwei Flugstunden entfernten Atlanta machte man Jagd auf eventuelle Metal-Musikanten ohne Arbeitserlaubnis, die nach Milwaukee weiterfliegen wollten. Endlich in Milwaukee angekommen, entpuppte sich unser Hotel als überdimensional große Jugendherberge!!! Das Ding war gerade eröffnet worden, und außer uns war nur noch ein christlicher Ghospelchor aus Polen einquartiert, der auf 3-monatiger US-Tour ist.

Ein etwas angegrauter und gemächlicher älterer Herr empfing uns, und entgegnete allen Fragen mit einem lässigen No Problem!. Ansatt der erwarteten Doppel- und Einzelzimmer, bekamen wir sechs 12(!!!)- Bettzimmer. Wir waren aber gerade einmal 13 Mann/Frau. Spätestens jetzt gab´s vom grauen Mann ein That´s a problem!. So mußten wir erst einmal bis zum nächsten Morgen die Zimmer behalten. An der Rezeption saß nun das weibliche Gegenstück zum älteren Herren am Vorabend: Miss Marple! Die hatte ein Einsehen, dass 13 Leute keine 72 Betten brauchen…. Die Polen nutzen die Situation, dass wir die alleinigen Gäste im 2000-Betten-Hotel waren und veranstalteten eine Party.

Chris und Neuzugang Martin waren dabei Vorbilder in Sachen Völkerverständigung… es dauerte nicht lange, da tummelte sich ein kompletter Harem um die Zwei. Die Tage vor dem Konzert nutzen wir mit Shopping, Sightseeing, Star Wars und anderen typischen Touristen-Quatsch. In Downtown kam dann schon der ein oder andere Fan auf uns zu, was mich schon verwundert hat. Selbst ein Australier (!) war nach Milwaukee gekommen, der zu dem auch noch ein grosser Fan von Liv ist. Auffällig an Milwaukee ist, dass dort ein grosser Anteil Deutschstämmiger lebt. Deshalb sprach man uns immer wieder auf deutsch an. Meist ältere Leute, die in den 50ern Jahren ausgewandert waren. Am Lake Michigan kam ein Mann auf uns zu, der 40 (!) Jahre kein Deutsch mehr gesprochen hatte! Am Tag unserer Abreise trafen wir sogar jemanden, der bei uns in der Nähe gewohnt hatte! Wirklich verrückt.

Übrigens war unser Reiseteam ein wild zusammengewürfelter Haufen: Zum einen war da natürlich die Band mit Gastsängerin Liv, unser Roadie Tommy, Zwini vom Metal Merchant, dem wir als Hochzeitsgeschenk einen Teil des US-Trips spendierten, unser Webmaster Stefan (Harry, fahr´ den Wagen vor!) und seine Freundin Katrin, Jan vom Rock Hard, unser Haus- und Hoffotograf Klenky, sowie unsere neue Tänzerin Andrea, die in Milwaukee ihre Premiere hatte!

Zusammen brachen wir zum ersten Konzerttag im Milwaukee Auditorium auf. Das Metalfest ging über zwei Tage, und wir spielten am zweiten Tag. Was uns gleich auffiel, war die Tatsache, dass das Festival einen recht chaotischen Charakter hatte und das Publikum zu 90 Prozent aus Death Metal Fans bestand. Aus allen Ecken dröhnte zumeist ultrabrutaler Death Metal, und die Leute hetzten von einem Venue zum anderen. Außerdem war es verboten, den riesigen Hallenkomplex mit einem Fassungsvermögen von über 10.000 Menschen zu verlassen. Es war sowieso sehr schwierig abzuschätzen, wieviele Zuschauer überhaupt da waren. An die 6.000 waren es aber allemal. Highlight des ersten Abends waren unsere Freunde von In Flames und die witzigen Misfits.

Der nächste Tag begann sehr turbulent: Vor der Konzerthalle krachten unsere beiden Mietfahrzeuge ineinander, und die amerikanische Polizei brauchte mehrere Stunden (!), um am Unfallort aufzukreuen und dann die beiden Übeltäter Tommy und Stefan (Harry) zu vernehmen. Wen wundert´s, dass der Mord an JFK immer noch nicht endgültig geklärt ist. Das nächste Problem war das Equipment, dass man uns stellen wollte. Es war faktisch einfach nicht vorhanden. Ohne unsere Kollegen von In Flames, die uns ihre Gitarren stellten, hätten wir gar nicht spielen können.

Im Backstage und im Foyer trudelten immer wieder Gestalten ein, die es nicht fassen konnten, dass wir wirklich spielen würden. Den Vogel schoss allerdings Danny Lilker von S.O.D. mit seiner reizenden Begleitung ab: Auf Knien (!) flehte sie mich an, doch unbedingt alte Klassiker wie Necroplis zu spielen, und Danny nuschelte immer wieder: Alex, ihr müßt deutschen Death Metal spielen. Klar doch, ist doch Ehrensache.

Uns war klar, dass beim Metalfest viele Fans der ersten Stunde da sein würden. Vor dem Konzert zog uns Jan vom Rock Hard noch an den Stand der Pornoqueen Jasmin St. Claire, die auf Promotion-Tour war, um eine Fotosession zu machen. Die Dame in Lack, die sogar ein paar Brocken deutsch auf der Uni gelernt hat, kündigte dann auch unseren Auftritt an… mit sehr viel Schwung und Elan, sie mag ja bekanntlich härtere Klänge, und da kann es schon mal passieren, dass man im Eifer des Gefechts mal den Namen verschluckt: Please welcome from Deutschland: Hypocrisy… ähh ATROCITY!!!.

Ich habe doch ATROCITY gesagt… habe ich doch, oder?, kam sie mir entgegen. Dann war es endlich soweit: Wir enterten die Bühne und spielten mit Tainted Love, The Great Commandment und Der Mussolini ersteinmal ein paar Songs von Werk 80. Und siehe da, die Leute feierten kräftig mit uns zusammen ein tolles Konzert. Ich hatte an dem Tag Geburtstag, und es schon beinahe wieder vergessen, bis doch tatsächlich Leute aus dem Publikum lauthals Happy Birthday, Alex! brüllten. Wahnsinn!

Unser Programm war kunterbunt gemischt, von Willenskraft bis hin zu älteren Stücken wie Fatal Step war alles dabei. Und Tänzerin Andrea machte an ihrem ersten Abend mit uns eine tolle Figur! Einzigster Wehrmutstropfen war die kurze Spielzeit von 40 Minuten, und dass das Schlagzeug der Veranstaltung, den Namen Schlagzeug eigentlich gar nicht verdient hatte. Martin hatte seine liebe Not mit dem Teil, und während (!!!) er spielte reparierte Drumtech Tommy wechselweise Fussmaschinen und Hihatmaschine!!! Irgendwann krachte das Schlagzeug beinahe auseinander, und wir mußten eine kurze Pause einlegen. Ich sah es eigentlich gelassen, Martin eher weniger, aber ich genoß ehrlich gesagt jeden Moment der Show.

Als Liv bei Shout auf die Bühne kam, übrigens auch ihr erster Auftritt in den USA, war der Abend perfekt! Ein wirklich klasse Konzert, und allen Unkrufen zum Trotz gefiel wirklich allen unsere Mischung aus alt und neu. Nach dem Konzert gaben wir eine spontane Autogrammsession am Merchstand, unsere Shirts und CD´s waren längst ausverkauft. Im Backstage gab es Geburtstagskärtchen (!!!) und Gratulanten für den Auftritt. Selbst Abbadon von Venom ließ es sich nicht nehmen hereinzuschauen und zu gratulieren. Es waren Leute meilenweit angereist, um uns zu sehen, sogar aus Japan, Kanada, Chile und Mexico! Das muß man sich mal vorstellen. Und es gab tatsächlich Fans, die 9 Jahre gewartet haben, uns zu sehen.

Cradle of Filth schlossen einen tollen Abend ab. Am nächsten und letzten Tag unserer Reise machten wir noch einen Kurztrip nach Chicago, um Sehenswürdigkeiten wie die beeindruckende Skyline von Chicago, den Sears Tower, eines der höchsten Gebäude der Welt, den Al Bundy-Brunnen und ähnliches anzuschauen. Auch hier liefen uns Leute über den Weg, die uns erkannten – wirklich irre.

Ein Teil von uns stürtze sich dann noch ins Nachtleben von Chicago, was sich als nicht

unproblematisch herausstellte. Einige Clubs waren geschlossen, ein Christain Death Konzert verlegt worden, und letztendlich strandeten wir dann in einem entlegenem Club in dem man uns auch hineinließ. Im Erdgeschoß lief Metalmusik untermalt mit Horror-Trash-Movies, Pornostreifen und 60er Jahre Biker B-Movies. Der obere Teil des Clubs erinnerte mich ein wenig an die Etage in Bayreuth. Ein kleiner Hauch von Wave und Gothic. Über den Rest des Abend lege ich den Mantel des Schweigens und verabschiede mich mit einem großen Dankeschön an all diejenigen, die uns den US-Trip möglich gemacht haben.

Alexander Krull (ATROCITY)

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