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SONIC REIGN: Natürlich ist Black Metal Rebellion!

Satansgeschwafel, Corpsepaint und infernalische Pseudonyme sucht man beim deutschen Duo vergeblich, denn SONIC REIGN beschränken sich auf das Wesentliche …

Mit Raw Dark Pure haben SONIC REIGN ein starkes Debüt am Start, welches schnörkellosen modernen Black Metal zelebriert. Satansgeschwafel, Corpsepaint und infernalische Pseudonyme sucht man beim deutschen Duo vergeblich, stattdessen beschränken sich SONIC REIGN gerne auf das Wesentliche und halten die Zügel fest in eigenen Händen – egal ob sie nun ihr Werk produzieren, es zuerst über ein eigenes kleines Label vertreiben oder sich um ihr Artwork kümmern. Da Live-Auftritte (noch) nicht auf dem Programm stehen, bietet sich der virtuelle Raum dafür an, die Macher hinter der Mucke – Ben und Sebastian – zu kontaktieren. Und festzustellen, dass SONIC REIGN auch bei ihren Antworten ähnlich umschweiffrei auf den Punkt kommen wie in ihrer Musik.

Euer Full-Length-Debüt Raw Dark Pure erschien Anfang April auf METAL BLADE als Re-Release. War von Vertragsabschluss an klar, dass ihr dieses Album ein Jahr nach der ursprünglichen Veröffentlichung nochmals veröffentlichen würdet?

Sebastian: Ja, war es. METAL BLADE wollte dieses Album re-releasen und das war natürlich auch im Sinne der Band.Mit einem besserem Debüt hätte man nicht an den Start gehen können!

Das hat auf jeden Fall etwas. Jetzt ist es ja so, dass Re-Releases immer wieder zu Diskussionen in der Metal-Szene reizen. Manche sprechen von Abzocke, andere sind froh, dass sie ein Album mit kleiner Auflage nicht teuer bei Ebay ersteigern müssen. Oft kommen Re-Releases mit alternativem Artwork und zusätzlichen Demoaufnahmen. Warum habt ihr eure 2007-Variante von Raw Dark Pure so schlicht belassen, wie es war? Oder hat sich doch etwas daran verändert?

Sebastian: Nicht viel. Das Layout ist farblich ein bisschen verändert worden um es noch ein wenig düsterer wirken zu lassen. Zusätzlich ist die CD in einem edlen Pappschuber verpackt. Prinzipiell finde ich es unangepasst, eine Debüt-CD mit Bonustracks auszustatten. Das kann man beim vierten oder fünften Album machen.

Ben: Für die meisten Black Metal Fans wird das Re-release ohnehin die erste Begegnung mit SONIC REIGN sein. Das erste Release über SOVEREIGNITY dürfte nicht sehr vielen bekannt sein. Von daher ist es auch kein Re-release im üblichen Sinne.

Ende 2006 war auf eurer Homepage zu lesen, dass sich Besitzer des Raw Dark Pure-Albums mit ins Artwork integrierten Informationen Zugang zu exklusivem Material verschaffen können auf eurer Website. Mittlerweile machen ja auch NINE INCH NAILS bei der Promotion ihres aktuellen Albums von solchen codierten Extras Gebrauch. Was war die Motivation dahinter, so ein Gimmick auf Raw Dark Pure einzubauen? Und ist diese Geheiminformation auch auf der neuen Version des Albums drauf?

Sebastian: Ja, ist sie. Das ist ein kleiner Bonus an diejenigen,die unsere CD kaufen und mehr über die Band erfahren wollen. Im Moment kann man dort unser Demo A Journey downloaden, und ein Studiovideo gibt es, das den Aufnahmeprozess zu Raw Dark Pure zeigt. Natürlich wird dieser Bereich ständig erweitert!

SONIC
SONIC REIGN sehen der Realität ins Auge: So sehr man den Gedanken hasst, ist doch alles dem Untergang geweiht. Aber gerade das macht das Leben so wertvoll.

Mit dieser Aktion habt ihr ja ganz bewusst auch die Möglichkeiten des Internets genutzt, auch auf Myspace seid ihr inzwischen vertreten. Da ihr sozusagen den Weg von der Undergroundband mit eigenem Label zur Band mit einem grossen Label im Rücken vollzogen habt: Ist das Internet Segen oder Fluch für eine Black Metal Band wie euch? Was wiegt schwerer, dass man solche Extra-Aktionen durchziehen kann oder dass die Musik an Magie verlieren kann, wenn die Band omnipräsent wird durch das Netz?

Ben: Um einen ersten, schnellen Eindruck von einer Band zu bekommen ist das Internet sicherlich ein sehr unkomplizierter Weg.
Unter den Downloads ganzer Alben leider aber sowohl Fans als auch Musiker teilweise erheblich. Um ein Album in seiner ganzen Fülle zu begreifen finde ich das Artwork unabdingbar. Außerdem gehört der Support der Bands einfach dazu. Egoistische Arschlöcher die nur auf ihren eigenen Vorteil schauen gibt es schon außerhalb der Szene genug. Wahre Fans unterstützen Bands.

Für mich ist diese ganzheitliche Albumserfahrung auch wichtig. Anno 2006 habt ihr Raw Dark Pure über euer eigenes Label SOVEREIGNITY PRODUCTIONS veröffentlicht. Gibt es das Label noch, jetzt wo ihr bei METAL BLADE unter Vertrag seid?

Sebastian: Nein, SOVEREIGNITY liegt auf Eis. Es nimmt sehr viel Zeit in Anspruch, die wir in Moment nicht haben. Wir müssen uns 100%ig auf die Band konzentrieren! SONIC REIGN hat oberste Priorität.

Ben: Wir hoffen SOVEREIGNITY irgendwann wieder zu starten, aber derzeit könnten wir anderen Bands ohnehin nicht die Stütze bieten, die wir bieten wollen.

Soweit ich weiss, habt ihr das Label damals auch gegründet, um eine Alternative zu den Business is rotten-Labels bieten. Mittlerweile seid ihr selber bei einem grossen Label untergekommen. Wie habt ihr das für euch vereinbart und wie ist der Kontakt mit METAL BLADE ursprünglich zustande gekommen?

Sebastian: METAL BLADE kontaktierte uns letzten Herbst und wir waren sehr überrascht, das ein so grosses Label Interesse an uns zeigt. Wir haben uns bei keiner Plattenfirma beworben und wollten unser Ding mit SOVEREIGNITY durchziehen. Nach einiger Zeit sind wir an unsere Grenzen gestoßen, weil uns die nötigen Kontakte fehlten (zum Beispiel der Vertrieb). Ausserdem frisst dieser Buisnesskram ziemich viel Zeit, darunter leidet die Band. METAL BLADE hat uns einen 1A-Deal gemacht, er kam genau zum richtigen Zeitpunkt!

Ben: Der Versuch, es mit SOVEREIGNITY selbst zu probieren war sehr wichtig für uns. Wir haben es aber seit jeher so gehalten, dass, wenn wir etwas nicht absolut nach unseren Vorstellungen selber schaffen können, wir auf die Hilfe von Profis zurückgreifen. Es ist uns wichtig möglichst viel selbst zu machen, aber in diesem Fall wäre es falscher Stolz gewesen und hätte der Band geschadet.

Ihr habt ja mit SOVEREIGNITY PRODUCTIONS nicht nur ein kleines Label am Start gehabt, ihr habt auch die Produktion von Raw Dark Pure selber in die Hand genommen und nur das Mastering Markus Stock überlassen. Was war für euch der ausschlaggebende Grund, die Aufnahmen selber zu machen? Und da die Produktion meines Erachtens sehr gut ist – hat einer von euch eine tontechnische Ausbildung?

Ben: Nein, keiner von uns hat eine derartige Ausbildung.
Der Grund war der, dass wir, wie eben beschrieben, gerne selbst die Fäden in der Hand behalten. Gerade im Studio ist es ideal, die Fähigkeiten dazu vorausgesetzt, selbständig arbeiten zu können und keinen unnötigen Druck durch Deadlines zu haben.

Das hat auf jeden Fall etwas. Jetzt könnte man natürlich behaupten, dass ihr die soundtechnischen Dinge bei SONIC REIGN einfach nicht aus der Hand geben wolltet. Könntet ihr euch vorstellen, später bei jemand anderem aufzunehmen? Oder fehlt euch in einem fremden Studio die Zeit dazu, die Musik von SONIC REIGN wirklich so zu gestalten, wie ihr es wollt?

Sebastian: Ja, die würde uns fehlen, definitiv. Als 2-Mann Band weiß man, kompositorisch gesehen, im Vorfeld nicht, wie die Lieder letztendlich klingen (ein grobes Konzept steht natürlich). An diesem Punkt unterstützt uns die Technik. Es müssen Probeaufnahmen gemacht werden, spurenweise werden die Songs aufgenommen und es wird alles Mögliche ausprobiert. Das ist ziemlich zeitintensiv und würde in einem anderem Studio nicht zu bezahlen sein!

SONIC
Ohne Glaubwürdigkeit wirkt alles einfach nur lächerlich und Glaubwürdigkeit ist in unseren Augen leider rar gesäht in der Black Metal Szene. SONIC REIGN sind kritische Geister!

Bereits The Decline Portrait zeigte, dass ihr weder musikalisch noch image-technisch die üblichen trve Black Metal-Klischees bedient. Als wie wichtig schätzt ihr das Image einer Black Metal-Band ein und gab es jemals eine
Zeit – vielleicht in euren Anfangstagen – wo ihr noch ein Faible für Corpsepaint hattet?

Ben: Corpsepaint haben wir nie verwendet, ebensowenig Pseudonyme. Das war für uns in unseren Anfangstagen etwas, was den großen, alten Bands vorbehalten war.
Uns ist Glaubwürdigkeit sehr wichtig. Ein Image hat jede Band und ich finde Images insofern wichtig, als dass ich nie eine Band ernstnehmen könnte, wenn ich ihr ihr Image nicht abnehmen könnte. Ohne Glaubwürdigkeit wirkt alles einfach nur lächerlich und Glaubwürdigkeit ist in unseren Augen leider rar gesäht in der Black Metal Szene.

Dieses klischeefreie, kalte Äussere spiegelt sich für mich auch im Cover von Raw Dark Pure wider. Wer zeichnet dafür verantwortlich und was verbindet ihr mit diesem tunnelartigen Bild? Mich erinnert es irgendwie an die Underground-Szenen aus The Third Man…

Ben: Das Bild ist von uns aus vielen Einzelbildern zusammengesetzt worden. Wer das ursprüngliche Foto dieses Ganges gemacht hat, weiß ich nicht. Es hat uns jedoch gleich von seiner Atmosphäre her angesprochen. Sie passt sehr gut zu der des Albums.

Das stimmt. Auch eure Lyrics sind fernab von Satan und den üblichen blasphemischen Bekundungen. Gibt es ein Themenfeld, welches die Texte von Raw Dark Pure übergreifend verbindet? Und um was geht es in dem interessant betitelten fucked up but glorious?

Ben: Religion und Satanismus haben keinen Platz in unserem Leben, darum schreiben wir auch nicht oder nur sehr am Rande darüber. Es geht uns nicht darum Klischees zu erfüllen. Wir tun was wir für richtig halten. Die Texte handeln davon, was hinter den Masken liegt, die wir alle tragen. Davon, was Menschen antreibt so zu handeln, wie sie handeln. Außerdem werden Ideen und Themen aus dem Existentialismus aufgegriffen.
Auf fucked up but glorious werde ich erstaunlich oft angesprochen. Es handelt grob gesagt vom Leben im hier und jetzt. Vom Hunger zu sein. Von der Rückkehr zu sich selbst.

Obschon eure Texte nicht in die religiöse Richtung gehen, hat the martyr urge einen gewissen Touch, der in diese Richtung weist, da man mit Märtyrern gemeinhin religiöse Menschen assoziiert (wenngleich es auch Leute gibt, die für ihre politischen Überzeugungen sterben). Um was genau geht es in diesem Song und was haltet ihr selber von Märtyrern? Gibt es sie heute noch?

Ben: Hier geht es um eine persönliche Revolution. Eine Kartharsis. Nicht in eine Opferrolle zu verfallen, sondern den Kopf hoch zu halten, aufzustehen und zu zerstören was einen zerstört. Souveränität.
Man nennt nur solche Menschen Märtyrer, die sich für eine Sache opfern von der man selbst überzeugt ist – dementsprechend ist die Meinung zu solchen Individuen natürlich sehr hoch. Natürlich gibt es auch heute noch Märtyrer.

Ein weiterer Titel, der Interesse am Text dahinter entflammt, ist to rebel and to fail. Beruhen die Lyrics auf eigenen Erfahrungen? Und habt ihr jemals die Erfahrung gemacht, dass ihr musikalisch rebelliert habt und damit nicht den gewünschten Effekt erzielt habt?

Ben: Sicherlich spielen in den Texten auch persönliche Erfahrungen mit. Oft entstehen sie aber aus zufälligen Gedankengängen heraus. To rebel and to fail handelt von der Endlichkeit auch der größten Macht. So sehr man den Gedanken hasst, ist doch alles dem Untergang geweiht. Aber gerade das macht das Leben so wertvoll. Was wäre das Leben wert, wenn es nicht endlich wäre? Was ist etwas wert, das im Überfluss vorhanden ist? Nichts.

Oft wird ja Black Metal als Möglichkeit zur Rebellion gesehen. War er das jemals für euch? Welche Bands haben euch zum Metal und schliesslich zum Black Metal gebracht?

Ben: Natürlich ist Black Metal Rebellion. Er war es schon immer.
Ich war und bin ein großer Verehrer von IRON MAIDEN, DEEP PURPLE, BLACK SABBATH, PANTERA, AC/DC und MOTÖRHEAD. Meine erste faszinierende Begegnung mit Black Metal waren SATYRICON.

Auf letztere werden wir noch zu sprechen kommen. Ein Sprung zur anderen Seite des Bandspektrums: welche Bands im deutschen Underground müssen eurer Meinung nach noch entdeckt werden?

Ben: FARSOT, SINDECADE und FLUORYNE gehören auf jeden Fall dazu.

Eine Band, die im Zusammenhang mit SONIC REIGN immer wieder genannt wird, ist SATYRICON. Meiner Meinung nach ist der Einfluss der Norweger sowohl auf The Decline Portrait als auch auf Raw Dark Pure ziemlich präsent. Was habt ihr selber für eine Beziehung zu SATYRICON?

Ben: Wie gesagt, SATYRICON hat mich zum Black Metal gebracht und ist eine unserer Lieblingsbands. Ich war stets fasziniert von ihrem Schaffen.

SONIC
Wenn man viele Leute in der Band hat, heißt das, dass man viele Kompromisse machen muss, und das wollen wir nicht. SONIC REIGN sind glücklich zu zweit und ohne Kompromisse!

Die Parallele zu SATYRICON liesse sich auch zu eurem Line Up weiterspinnen. Auch ihr seid zu zweit und instrumentell habt ihr die gleiche Aufteilung wie die Norweger. Wie kommt es, dass SONIC REIGN ein Duo sind und werdet ihr es bleiben?

Sebastian: An dem Line-up von SONIC REIGN wird sich nichts verändern. Wir kennen uns schon von kleinauf und musikalisch gesehen wissen wir ganz genau, was wir wollen. Wenn man viele Leute in der Band hat, heißt das, dass man viele Kompromisse machen muss, und das wollen wir nicht!

Ben: Anfänglich gab es einfach keine fähigen Musiker, die dieselben musikalischen Vorstellungen wie wir hatten. Jetzt wollen und brauchen wir niemand mehr.

Jetzt werdet ihr ja meistens ins Modern Black Metal-Genre eingeordnet. Nach meinem Verständnis gehört zum Modernen auch immer, dass es mit bestehenden Konventionen bricht. Gibt es für euch eine musikalische Konvention des Genres, die ihr nicht brechen wollt / werdet? Oder lasst ihr es auf euch zukommen, so dass man von SONIC REIGN auch mal ein radikal anderes Album erwarten dürfte (ich denke da etwa an den Entwicklungsweg, den ULVER durchgemacht haben)?

Sebastian: Das kann man schwer sagen.Schließlich weiß man nicht, wie die Geschmäcker in fünf oder zehn Jahren sind.

Konventionen und Grenzen…Setzt ihr euch Grenzen bei euren Texten, gibt es Themen oder Themenkreise (beispielsweise Politik) welches ihr nicht textlich bearbeiten würdet? Und warum sind eure Texte auf eurer Website nicht nachzulesen?

Ben: Wer sich für die Band ernsthaft interessiert, kauft das Album. Dort kann er die Texte lesen. Wer sich nicht so sehr für die Band interessiert, dass ihm diese Unterstützung zu kostspielig ist, der kann auch auf die Texte verzichten.

Grenzen setzt man sich zu einem bestimmten Zeitpunkt sicherlich. Zu einem anderen Zeitpunkt denkt man vielleicht wieder ganz anders darüber. Ich lege mich hier jetzt bestimmt nicht fest und sage, dass ich über dies und über jenes sicherlich nie etwas schreiben werde. Das würde ja auch niemandem etwas bringen.

Während ich mir vorstellen kann, dass es einfacher sein kann, beim Songwriting nur zu zweit zu sein, dürfte es bei der Live-Umsetzung schon komplizierter werden. Gibt es SONIC REIGN auch live zu sehen und falls ja, wer amtet bei euch als Gastmusiker?

Sebastian: Vorerst nicht. Das ist bei uns im Moment aus Zeitgründen nicht möglich!

Ben: Die Session-Musiker, die uns bereits ihre Hilfe angeboten haben, geben wir gleichzeitig mit unserem ersten Konzert bekannt. Bevor nicht feststeht ob wir überhaupt jemals live spielen macht das ohnehin keinen Sinn.

Ihr habt ja Raw Dark Pure bereits letztes Jahr veröffentlicht. Habt ihr in der Zwischenzeit bereits Material für euer nächstes Album geschrieben? Und falls ja, gibt es schon ein paar Details, die ihr verraten könnt?

Sebastian: Fertige Songs gibt es noch nicht. Es sind ein paar Ideen da, die sich vielversprechend anhören. Schauen wir mal, wie es weitergeht…

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