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SIGH: Drogen geben dir kein Talent, das du nicht hast. Nie.

SIGH waren das japanische Flaggschiff des Black Metals. Seit einigen Jahren überzeugen sie mit progressiven, avantgardistischen Klängen und lassen mit "In Somnophobia" ein wahrlich meisterhaftes Musikchamäleon auf die Hörer los. Zeit, in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dieser Band herumzustochern…
 
Die ehemalige DEATHLIKE SILENCE-Band SIGH steht nach ihrer Black Metal-Ära seit Jahren für abgedrehte, progressive Musik. Ihr neues Album In Somnophobia ist wiederum ein verrücktes, wunderbares Metalwerk, das von der ersten bis zur letzten Minute überrascht und begeistert. Höchste Zeit, SIGH-Mastermind Mirai per E-Mail zu kontaktieren.

Erst mal danke für euer neues Album In Somnophobia, das ich absolut toll finde. Wieso habt ihr diesen Titel gewählt und was hat euch primär zu den Songs auf In Somnophobia inspiriert?
 
Somnophobia steht für die Angst vor dem Schlaf.
Ich habe immer Albträume und ich realisiere oftmals, dass der Traum nicht real ist, noch während ich träume. Also gibt es viele Dinge, bei denen ich nicht mehr sagen kann, ob sie real sind oder ob sie nur in meinen Träumen geschehen sind. Das Albumkonzept handelt davon, die Grenze zwischen Realität und Traum zu verlieren, oder Leben und Tod. Ich liebe Filme, die sich mit diesem Konzept beschäftigen, zum Beispiel Carnival of Souls, Dead and Buried, Jacob´s Ladder, Others und so weiter. 
 
Es geht um Phantasie. Phantasie steht für etwas zwischen Realität und Imagination. Nicht Realität, aber auch nicht nur reine Vorstellung. Mindestens bis zu den 70ern hatten die Leute etwas Angst vor dem Exotischen. H.P. Lovecraft hat sich oft mit diesem Thema befasst, z.B. mit dem Mad Arab in seinen Erzählungen. Das Gleiche tat E.A. Poe. Alte fantastische Literatur handelt oft von diesem Thema wie wenn man auf einem Schiff reist.
 
The Exorcist beginnt mit einer Szene im Irak. Das Symbol des Teufels wird in einem sehr exotischen Ort ausgegraben. Cannibal Holocaust ist vermutlich das ultimative Beispiel, um die Angst vor dem Exotischen, dem Fremden zu zeigen – und die Menschen dachten, es sei real. Ich dachte es auf jeden Fall! Es gab mal maskierte Pro-Westler, deren Nationalitäten unbekannt waren. Aber irgendwie kamen sie nach Japan, ohne Probleme an der Grenze zu haben. Es gab den Fluch des Pharaos. Es gab den Yeti. Wir haben definitiv exotische Plätze, die irgendwo zwischen Realität und Imagination situiert sind, mit einer gewissen Angst wahrgenommen. Leider sind all diese Fantasien im 21. Jahrhundert verloren gegangen. Das sind die Konzepte und Ideen, die hinter In Somnophobia stecken.
 
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Was ist das letzte, was du vor dem Einschlafen machst? Oder schläfst du gar nicht, wie es der Albumtitel vermuten ließe?
 
Nun, ich schlafe eigentlich sehr viel. Ich habe allerdings auch immer Schlafprobleme und kann nicht wirklich gut schlafen. Und aus diesem Grund träume ich vermutlich sehr viel. Bevor ich ins Bett gehe, lese ich meistens Bücher, höre Musik und versuche mich so gut es geht zu entspannen. Früher habe ich jeweils bis zur letzten Minute an neuer Musik gearbeitet, aber wenn ich das machte, konnte ich jeweils einige Stunden danach nicht schlafen.
 
Das Cover von In Somnophobia zeigt seine morbide Seite nur, wenn man genau hinschaut. Wieso habt ihr euch für dieses Cover entschieden, und welchen Bezug hat es zur Musik auf dem Album?
 
Das Cover wurde von Eliran Kantor gemalt, der auch das Cover für Scenes from Hell gemacht hatte. Echt jetzt – er ist ein Genie. Ich habe ihm vom Albumkonzept erzählt und gab ihm einige Demotracks, und dann hat er dieses Bild gemalt. In der Tat sieht es auf den ersten Blick wie ein schönes Bild aus, aber wenn du genauer hinschaust, dann sieht man viele merkwürdige Dinge. Das sollte die perfekte Realisation von Elirans eigenem Albtraum sein. Dies reflektiert das Konzept von etwas zwischen Realität und Fantasie perfekt.
Wir kriegten ein E-Mail von Eliran, als wir Scenes from Hell aufnahmen. Und zu dieser Zeit suchte ich nach einem komplett surrealistischen Artwork für das Album – also habe ich mich sofort in seine Werke verliebt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass seine Werke zu den besten der Geschichte der Metalcovers gehören.
 
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In eurer Musik kombiniert ihr oft verschiedene musikalische Elemente – mal kommt ein Saxofon mit rein oder ihr habt symphonische Parts. Wie integriert ihr diese experimentelleren Elemente in eure Musik, wenn ihr am Aufnehmen seid? Braucht ihr elektronische Samples oder spielst du als Multiinstrumentalist vieles selbst ein?
 
Es kommt auf die Alben drauf an. Scenes from Hell hatte viele echte Orchesterinstrumente, wie zum Beispiel Trompete, Posaune, Tuba, Waldhorn, Streichquartett und so weiter. Hangman´s Hymn wurde größenteils mit MIDI programmiert. Bei In Somnophobia ist es gemischt. Saxofon, Sitar, Sarangi, Trompete und so weiter sind echt – die Streicher und die Holzbläser sind programmiert. In der Zwischenzeit bin ich zum Schluss gekommen, dass es am besten ist, echte und gesamplete Instrumente zu mischen. Wenn man nur Samples benutzt, klingt es zu digital. Wenn man nur echte Instrumente nimmt, dann ist der Arbeitsaufwand schlicht zu gross, schon nur wegen Stimmproblemen etc.
 
Gallows Gallery, Hangman´s Hymn und In Somnophobia zeigen alle eine sehr variantenreiche Interpretation von Metal. Welche anderen Musikstile magst du? Gibt es spezifische Bands und Komponisten, die dich inspiriert haben?
 
Meine Einflüsse, die auf In Somnophobia zum Tragen kommen, sind vielfältig: traditioneller Heavy Metal, Free Jazz, traditionelle indische Musik, afrikanische Musik. Einige Künstler, die mich inspirieren sind Sun Ra, John Zorn, Stockhausen, Xenakis, John Cage, Zakir Hussain, Albert Ayler, Debussy, Messiaen, FRANK ZAPPA, THE BEACH BOYS, Serge Gainsbourg, Technova, Jam and Spoon, BT, ALICE COOPER… die Liste ginge natürlich noch weiter…
 
Angesichts des Varianten- und Elementereichtums von SIGH-Songs frage ich mich, wie denn der Songwritingprozess ausschaut…
 
Ich habe immer ein Musiknotebook dabei, damit ich alle Ideen niederschreiben kann, sobald ich sie habe. Wenn ein Song fertig ist, programmiere ich ihn auf MIDI und höre ihn mir dann immer wieder an, um zu hören, ob er gut genug ist. Meistens programmiere ich alle Instrumente von Gitarre bis Sitar, Orchester oder was auch immer. Wenn das gemacht ist, gebe ich es den anderen Mitgliedern inklusive Noten, damit sie ihre Parts lernen können. Schließlich gehen wir ins Studio und üben. Wir sind also keine Band, die im Studio zusammen jammt und so Songs kreiert.
 
Allerdings muss ich sagen, dass ich die gesamten Rhythm-Parts unserem Drummer überlasse, das Gitarrensolo macht der Gitarrist und das Saxofonsolo komponiert Dr. Mikannibal. Und wenn ich kreativ nicht weiter weiß während dem Komponieren, dann kläre ich mit dem Gitarristen ab, wie es weiter gehen soll und ob er eine Idee hat. So ist am Ende trotzdem jeder involviert im Songwritingprozess.
 
Es gibt einige merkwürdige Lacher auf Hangman´s Hymn, dann den Tranquilizer Song und das verschwommene Bandfoto  – ich nehme mal an, dass SIGH eine positive Einstellung zum Thema Drogen hat. Inwiefern beeinflussen Drogen deine Kreativität? Und sind Drogen wie Cannabis in Japan problematisch?
 
Man kann die Verbindung von Drogen und Musik nicht verleugnen – sogar schon vor einem Jahrhundert war das aktuell. Symphonie Fantastique von BERLIOZ wurde von ihm mit der Hilfe eines Opiumrausches komponiert. Und bezüglich Rockmusik muss man die Rolle von Drogen nun wirklich nicht erklären. 
Es ist wahr, dass Drogen einen kreativer machen. Aber das heißt nur, dass Drogen lediglich eine bereits kreative Person noch kreativer machen! Wenn ich also Drogen nehme, um ein großartiger Maler zu werden, wird das nicht funktionieren, da ich überhaupt kein Talent zum Malen habe. Drogen geben dir nicht das Talent, das du nicht hast. Nie!
 
Bezüglich Drogen ist die Situation in Japan eher bizarr. Cannabis ist natürlich 100% illegal und wer damit erwischt wird, der kriegt definitiv zwei bis drei Jahre – nur für den Besitz an sich. Gleichzeitig sind überall legale Drogen auf dem Markt, und diese sind viel stärker als Gras und sehr gefährlich. Und wegen diesen legalen Drogen sind schon Leute gestorben.
 
Als Musiker bei SIGH passt du nicht ganz in diese Klischeevorstellung vom Business-Japaner, der ein absoluter Workaholic ist. Ich nehme an, du hast auch noch einen normalen Job neben SIGH?
 
Nun, ich denke, die Zeiten ändern sich. Die Menschen werden aktuell fauler und fauler. Zwar arbeiten wir hier in Japan vermutlich mehr als die Menschen in Frankreich, die jedes Jahr einen Monat Urlaub haben. Trotzdem sind die Japaner nicht die Workaholics, als die man sie sich vorstellt. 
 
Ich bin natürlich ein ziemlicher Außenseiter meiner Generation. Ich bin 1970 geboren, das war grad mal 25 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Da merkte man natürlich schon noch einen gewissen Militarismus, Eltern und Lehrer waren während des Krieges aufgewachsen und waren es sich gewöhnt, blind zu gehorchen…
Einen normalen Job habe ich natürlich, ja. Ich arbeite für ein Telekommunikationsunternehmen, ein sehr einfacher Job.
 
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Für viele Europäer wirkt Japan strikt und traditionell (etwa wenn man an die Tradition der Teezeremonie oder an Schuluniformen denkt). Inwiefern beeinflussen japanische Traditionen deine kreative Arbeit? Finden sich japanische Themen in deinen Lyrics wider?
 
In unseren frühen Tagen haben wir uns in unseren Texten und im Artwork oft mit japanischem und orientalischem Okkultismus beschäftigt. Allerdings haben wir die japanischen Elemente nie in unsere Musik aufgenommen. Aber ich bin ziemlich sicher, dass Fans in Europa und den USA etwas sehr Japanisches an unserer Musik finden, auch wenn wir keine traditionellen japanischen Instrumente verwenden und nicht versuchen, japanisch zu klingen.
 
Da wir auf einer Insel leben und eine komplett andere Sprache als Englisch oder andere europäische Sprachen sprechen, haben wir auch eine Art, Melodien und Rhythmen wahrzunehmen. Das heißt, dass wenn wir spontan komponieren, das Resultat natürlich anders klingt, als wenn westliche Bands etwas kreieren. Es ist allerdings merkwürdig, dass 99% der japanischen Bands so unoriginell klingen. Wahrscheinlich ist das deswegen, weil sie so extrem versuchen, nach westlichen Bands zu klingen. Sie arbeiten viel härter als wir, nur um im Endeffekt unoriginell zu klingen.
 
SIGH benutzen normalerweise die englische Sprache für die Lyrics. Warum habt ihr englische Lyrics und nicht welche auf Japanisch, wie das z.B. die Visual Kei-Band MUCC macht?
 
Ich bin halt einfach mit Metalalben aufgewachsen, bei denen alle Texte auf Englisch waren. Also ist es für mich nur natürlich, auf Englisch zu singen. Und es ist offensichtlich, dass Musik wie Extreme Metal nun mal durch das Englische möglich wurde, denn es ist eine sehr rhythmische Sprache. Das Gleiche gilt auch für Hip Hop.
 
Im Japanischen haben sämtliche Buchstaben einen Vokal, der zu ihnen gehört – somit ist die Sprache überhaupt nicht rhythmisch und passt nicht zum Heavy Metal. Außerdem ist Englisch eine internationale Sprache, die viele Leute sprechen und verstehen. Ich liebe es, bei Songs mitzusingen, die ich mag. Und ich möchte gerne, dass unsere Fans bei unserer Musik auch mitsingen können und verstehen, was ich singe. Wenn ich auf Japanisch singen würde, könnten dies nur japanische Fans tun.
 
Gibt es Bands aus dem japanischen Underground, die du empfehlen kannst? Und welche Orte sollte ein reisender Metalhead in Japan aufsuchen?
 
Nun, es gibt einige großartige Bands, die ich empfehlen kann: ABIGAILSABBAT, ETERNAL ELYSIUM, GENOCIDE NIPPON. Es gibt auch coole junge Bands, aber in letzter Zeit werde ich etwas zu alt, um mich über die aktuelle Szene auf dem Laufenden zu halten. Die von mir empfohlenen Bands sind eher älter, aber definitiv ein Anchecken wert!
 
In Japan gibts keinen Abhängort für Metalheads, aber wenn man hierher kommt, sollte man auf jeden Fall mal bei Disk Union vorbei schauen. Sie haben viele CDs – neue und gebrauchte. Ausserdem gibt es viele Zweigstellen dieses Ladens hier in Tokyo, und eine davon hat ganze vier Stockwerke und natürlich viele CDs und LPs aus dem Heavy Metal-Bereich.
 
1993 war SIGH noch eine reine Black Metal-Band und ihr veröffentlichtet Scorn Defeat via DSP. Wie lerntest du Euronymous damals kennen, und wie kam der Plattendeal zustande? Schliesslich gab es damals noch nicht die gleichen Kontaktmöglichkeiten wie heute…
 
In den frühen Neunzigern schickten wir unsere Demotapes an viele Labels auf der Welt, weil wir unbedingt einen Deal wollten. Damals schrieb ich an Dead von MAYHEM, aber es war Euronymous, der mir zurückschrieb. Er sagte mir, dass Dead sich umgebracht hätte und er Fotos davon gemacht hätte etc. Und er war daran interessiert, mit SIGH zusammenzuarbeiten und uns für DEATHLIKE SILENCE zu signen. Wir sagten sofort ja!
 
Es mag heute schwer zu glauben sein, aber damals waren praktisch alle völlig enthusiastisch bezüglich Death Metal aus Florida und Grindcore. Bands, die vom 80er-Jahre Thrash Metal beeinflusst waren, wurden als völlig unzeitgemäß wahrgenommen. Deswegen war Euronymous der einzige, der daran interessiert war, uns unter Vertrag zu nehmen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir als Demotapeband geendet hätten, wenn Euronymous uns nicht unter Vertrag genommen hätte.
 
Und ja, die Kommunikation ohne Internet war natürlich ziemlich anders als heute. Man schreibt einen Brief, man geht damit zum Postamt und dann muss man mindestens zwei Wochen auf eine Antwort warten. Da ich eine ungeduldige Person bin, rief ich Euronymous oft einfach an. Und ich erinnere mich lebhaft daran, dass sich meine Mutter darum dauernd über die Telefonrechnung beschwerte!
 
Hat Euronymous´ tragischer Tod deine Meinung über die Black Metal-Szene oder den Black Metal an sich negativ beeinflusst?
 
Es ist wahr, dass ich das Interesse am Black Metal nach seinem Tod rasch verlor, aber ich bin nicht sicher, ob ich einfach so das Interesse verlor oder ob es mit seinem Tod zu tun hatte. Weisst du, Black Metal war zu Beginn etwas Spezielles und sehr Kreatives. Doch dann kamen alle Nachläufer, und vor allem hier in Japan war es diesbezüglich schlimm. Ich wollte einfach all diesen Kids, die plötzlich auf den Trendzug aufsprangen, aus dem Weg gehen.
 
Es ist auf jeden Fall so, dass Euronymous´ Tod ein großer Schock war. Ich hatte mit ihm gerade mal drei Tage vor seinem Tod telefoniert. Und damals gab es ja kein Internet, also erfuhr ich erst eine Woche später von Euronymous  Tod – durch einen Brief von Samoth. Er schrieb mir, was passiert war.
 
Das ist schlimm. Was war denn dein erster Kontakt mit Black Metal? Welche Band hat dich dazu gebracht? Und gibt es Bands aus diesem Genre, die du noch immer magst?
 
Wenn du vom Black Metal der 90er sprichst, dann war es ganz klar Euronymous, der mein erster Kontakt damit war. Damals hatte ich die Schnauze voll vom Death Metal und Grindcore-Trend und vermisste den Thrash Metal der 80er Jahre. Ich war komplett überrascht, als ich erfuhr, dass es in Norwegen Menschen gab, die dasselbe Gefühl hatten wie ich. Durch Euronymous lernte ich Bands kennen wie EMPEROR, BURZUM, ENSLAVED und so weiter und wir tauschten Demos aus. 
 
Um ehrlich zu sein muss ich zugeben, dass ich mir sogenannten Black Metal nicht mehr groß anhöre. Meine Liebe zum Metal kommt von den 80ern, als ich ein Teenager war. Ich höre mir noch immer Bands an wie VENOMCELTIC FROSTVOIVODDEATHROWKREATORIRON MAIDENMERCYFUL FATE, AT WAR, NME, POSSESSEDEXUMER, MACE und so weiter…
 
Bleiben wir noch kurz in der Vergangenheit. Scorn Defeat wurde mit drei verschiedenen Covern veröffentlicht – was ist die Story dahinter? Mir gefällt das mit dem Samuraischwert am besten…
 
Ursprünglich sollte das Artwork von Snorre (THORNS) gemacht werden. Und ich glaube, er war auch schon fast fertig damit, aber dann ging es leider verloren in der Hektik, die mit Euronymous´ Tod einherging. Dann schickte ich eine Fotokopie einer Zeichnung der japanischen Hölle an VOICES OF WONDER, die DSP übernommen hatten. Eigentlich schickte ich es ihnen nur als Anhaltspunkt, da sie ein neues Artwork brauchten. Dummerweise gestalteten sie daraus ein absolut grässliches Artwork. Sie orientierten sich quasi eins zu eins am Referenzbild, das ich ihnen geschickt hatte. Ich teilte ihnen also mit, dass das so überhaupt nicht gehe und sie stimmten mir nicht zu, weil sie nur wenig Zeit bis zum Release-Date hatten. 
Als das Album dann rauskam, hassten alle das Artwork. Zum Glück hat VOICES OF WONDER das auch eingesehen, und sie machten ein anderes Cover für die Zweitpressung – das mit dem Samuraischwert. Wir hatten einen Fototermin an einem Platz namens Blood Wash Pond, wo Henker nach getaner Arbeit das Blut von ihren Schwertern wuschen – also nachdem sie Sünder geköpft hatten. Einige Leute sagen, dass sie im Foto einen Geist sehen können, aber ich weiß nicht…
 
Um es genau zu nehmen, gibt es mehr als drei Artwork-Versionen von Scorn Defeat. Die beiden bereits genannten Originalversionen, dann eine holländische LP-Version, eine CD-Version aus Singapur, eine polnische Kassettenvariante sowie eine Version für den amerikanischen Re-Release. Heutzutage bewahren die Leute alles digital auf, aber damals in den 90ern war das anders. Die Leute hatten kaum je einen eigenen PC, und ich konnte das Artwork jeweils nicht einfach abspeichern. Deswegen mussten wir auch jedes Mal ein neues Artwork machen, wenn das Album wiederveröffentlicht wurde.
 
Wer oder was sind Gundali und Kundalini, die in den Lyrics von Scorn Defeat auftauchen?
 
Kundalini ist einer der Shaktis, die Wahrheit zu erreichen. Es soll im Bereich deines Steissbeins wohnen, und wenn du es schaffst, es aufzuwecken, dass sollst du unendliche Vorstellungskraft bekommen. Gundali ist eine symbolische Verkörperung von Kundalini.
 
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Wenn Bands ihre stilistische Ausrichtung ändern, verändern sie meistens auch ihr Logo. SIGH bleibt jedoch SIGH – visuell auf jeden Fall. Warum?
 
Wenn wir bei jeder Stiländerung unser Logo ändern würden, dann müssten wir für jedes Album ein neues Logo haben! Nun, auch wenn wir uns stets weiterentwickeln, so gibt es doch etwas Gemeinsames, das alle Alben verbindet. Allerdings muss ich anmerken, dass wir auf dem zweiten Demo anno 1991 ein anderes Logo hatten. Und dieses andere Logo war absolut grauenhaft!
 
Also haben wir sofort wieder zum alten zurückgewechselt. Das alte, ursprüngliche Logo wurde damals von unserem ersten Drummer (Kazuki Ozeki) gestaltet. Er spielte auf dem ersten Demo Drums und hat uns gleich danach verlassen. Das Logo aber ist geblieben und lebt weiter. Wir lieben es.
 
Du bist oder warst ja auch noch aktiv bei CUTTHROAT und NECROPHAGIA. Was magst du an Sideprojekten? Gibt es noch mehr Sideprojekte in deinem Leben?
 
CUTTHROAT sind schon eine Weile inaktiv und ich bin kein Mitglied von NECROPHAGIA mehr. Als ich bei NECROPHAGIA dabei war, war SIGH nicht produktiv genug, also werde ich in Zukunft kein permanentes Mitglied einer anderen Band sein. Natürlich habe ich immer Interesse an Sideprojekten, und dieses Jahr werde ich wieder was Neues machen, über das ich aber noch nichts sagen kann. Mit anderen Musikern zu arbeiten ist immer großartig. Man lernt viel, wenn man mit so vielen anderen Musikern zusammenarbeitet wie möglich.
 
Wenn du auch nicht in einer anderen Band mehr dabei bist, so bist du wohl noch immer aktiv in Shane Emburys (NAPALM DEATH) Sideprojekt BLOOD FROM THE SOUL. Gibt es dieses Projekt überhaupt noch? 
 
Ja, wir arbeiten noch immer zusammen daran! Und ich kann sagen, dass die Musik für das zweite Album fast fertig ist und wir jetzt nur noch ein paar Female Vocals brauchen, um die Arbeiten daran abzuschliessen. Stilistisch steht BLOOD FROM THE SOUL eher COIL oder Horrorfilmmusik nahe. Ich bin aber nicht sicher, ob Shane es unter dem Namen BLOOD FROM THE SOUL veröffentlichen will. Vielleicht veröffentlichen wir es also unter einem anderen Namen.
 
Zurück zu SIGH: Gibt es Pläne für Live-Auftritte außerhalb Japans, um In Somnophobia zu promoten?
 
Wir würden das wirklich gerne tun, aber leider sieht die wirtschaftliche Situation ganz schlecht aus. Momentan ist der japanische Yen viel zu stark. Früher war ein Euro ca. 200 Yen wert, aber jetzt kriegt man für einen Euro nur 100 Yen, also hat sich der Wert des Euros hier halbiert – nur wegen dem Wechselkurs. Das ist komplett verrückt! Ausserdem ist In Somnophobia eher ein Album, das man alleine anhören sollte, voll drauf und mit Kopfhörern. Trotzdem, wir tun unser Bestes, dass wir wieder mal nach Europa zurückkommen können. Wir möchten so rasch als möglich zu euch kommen!
 
Hoffen wir, dass es klappt. Wie sehen denn die sonstigen Zukunftspläne von SIGH aus?
 
Um ehrlich zu sein, nichts steht fest. Es sind einige Gigs geplant dieses Jahr, aber das war es dann. Ich fühle mich total leer nach dem Fertigstellen von In Somnophobia, denn ich habe alles, was ich hatte, in dieses Album gesteckt. Ich brauche etwas Zeit, um mich wieder aufzuladen. 
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Interview und Layout: Arlette Huguenin Dumittan
Titelbildfoto: Arlette Huguenin Dumittan
Fotos: Plattenfirma / Band