Wo ist Desmond Child, wenn man ihn braucht? Die Kanadier THREE DAYS GRACE spielen harten, zeitgemäßen Rock. Grunge war gestern und Emo war zu hektisch. THREE DAYS GRACE gehen lieber in die Tiefe, meiden Dur-Klänge und singen über aufwühlende Gefühle, wie sie wohl jeder Jugendliche irgendwann mal hat. Frontmann Adam Gontier ist kantig genug, um Eltern zu erschrecken, aber gesanglich durchaus in der Lage, bittersüße Melodien zu trällern. Die Stücke wurden kompakt arrangiert, die Produktion druckvoll inszeniert und die Balance aus kraftvollen Hymnen, groovenden Riffs und melancholischen Melodien perfekt getroffen. Wozu also Desmond Child? Um die Band aus der Grauzone oberhalb des Durchschnitts hinauf in die Chefetage strombetriebener Musik zu katapultieren. Dass THREE DAYS GRACE das nötige Potenzial haben, zeigt sich bei Animal I Have Become und Gone Forever. Die ruhigeren Nummern Get Out Alive und Never Too Late sind ebenfalls erdenklich nahe dran, penetrante Ohrwürmer zu sein. Eine Band wie etwa NICKELBACK würde mit Never Too Late mühelos ihre Fans begeistern. Vom Prinzip her unterscheiden sich diese Stücke nicht vom Rest des Albums. Und doch ist da der klitzekleine Unterschied zwischen einem sehr guten Song und einem Hit. Die Aufdringlichkeit der Hooklines hat auf One-X noch nicht ganz die Qualität der Rocksongs, die sporadisch den Weg ins Mainstream-Radio schaffen. Der Erfolg über Nacht wird somit frühestens mit dem nächsten Album kommen. Ungeachtet dessen wächst die Fanschar von THREE DAYS GRACE kontinuierlich. Entsprechend sollte es genügend Neueinsteiger geben, die diese Veröffentlichung zu schätzen wissen. Denn das zweite – und immer noch aktuelle – Album One-X, das ursprünglich im Sommer 2006 erschienen war, wurde um einen Bonustrack (Running Away – solide) und eine Bonus-DVD ergänzt.
Die Live-DVD wurde im März 2008 bei einem Konzert in Michigan aufgenommen. Das Publikum (gut und gerne im fünfstelligen Bereich!) feiert die Band aus dem benachbarten Ontario nach allen Regeln der Kunst ab. Gut eine Stunde lang spielen THREE DAYS GRACE die Highlights ihrer beiden Alben, wobei Songs wie Riot erst so richtig die nötige Dynamik entwickeln und dadurch noch besser zur Geltung kommen als auf CD. Zwischendurch greift Adam Gontier zur Akustik-Gitarre und setzt mit dem ALICE IN CHAINS-Cover Rooster einen Kontrastpunkt zu der ansonsten sehr bombastischen Soundwand aus purer Riffgewalt und Mitsing-Refrains. Klanglich gibt es – wie schon beim Album – nichts zu meckern. Auf der DVD gibt es zudem zwischen den einzelnen Songs kurze Doku-Einschübe, die den Fluss des Konzerts zwar unterbrechen, aber für Fans sicherlich interessant sind. So bekommt man einen Blick hinter die Kulissen des Konzerts, Infos über die Instrumente, Segmente über die Persönlichkeiten der einzelnen Bandmitglieder sowie einen Überblick über die Bandgeschichte. Dass dabei auch Phrasen wie Wir haben die besten Fans der Welt! gedroschen werden, ist verschmerzbar. Man könnte auch kritisieren, dass man das Medium bzw. die Speicherkapazität nicht voll ausgenutzt hat. Doch dafür hat die Band die angenehme Eigenschaft, die Aufmerksamkeit des Publikums nicht mit überflüssigem Brimborium zu strapazieren, sondern auf den Punkt zu kommen.
Sehr angenehm!
Wer das Album bereits hat, aber nur Gelegenheitshörer ist, muss die Wiederveröffentlichung wegen der DVD nicht zwingend haben. Neueinsteiger wie auch Fans bekommen dagegen Qualitätsware für ihr Geld. Daumen hoch für THREE DAYS GRACE.
Veröffentlichungstermin: 29.08.2008
Spielzeit: 47:41 Min.
Line-Up:
Adam Gontier: Gesang, Gitarre
Barry Stock: Gitarre
Brad Walst: Bass
Neil Sanderson: Schlagzeug, Gesang
Produziert von Howard Benson
Label: GUN Records / SonyBMG
Homepage: http://www.threedaysgrace.com
MySpace: http://www.myspace.com/threedaysgrace
Tracklist:
CD:
1. It`s All Over
2. Pain
3. Animal I Have Become
4. Never Too Late
5. On My Own
6. Riot
7. Get Out Alive
8. Let It Die
9. Over And Over
10. Time Of Dying
11. Gone Forever
12. One X
13. Running Away
DVD:
1. Animal I Have Become
2. Pain
3. Just Like You
4. Let It Die
5. Wake Up
6. I Hate Everything
7. About You
8. Rooster
9. Riot
10. Get Out Alive
11. Never Too Late
12. Scared
13. Gone Forever
14. Home