blank

THE NEPTUNE POWER FEDERATION: Goodnight My Children

Gute-Nacht-Musik von THE NEPTUNE POWER FEDERATION: „Goodnight My Children“ lässt alle süß träumen, denen maximalistischer Rock And Roll nicht groß genug ist.

Gute Nacht, Kinder*! Träumt schön von der unheiligen Priesterin Screaming Loz Sutch und ihrem marodierenden Gefolge. Von eurer ersten Begegnung, die vielleicht sogar euer Leben verändert hat. Alle Anhänger des bizarren Kultes von THE NEPTUNE POWER FEDERATION können sich vermutlich an das erste Mal erinnern, als deren Musik ins Leben trat. Zwar bleibt dieser Aha-Effekt aus, wenn einfach „nur“ ein neues Album bevorsteht, aber hey: So dermaßen drüber wie diese australische Formation ist, treten sie auch weiterhin mit Anlauf dort hin, wo es am meisten wehtut. „Goodnight My Children“ hat einen bunten Strauß irrer Songs parat, die mal die Simplizität feiern und mal den Größenwahn der Siebziger und Achtziger atmen.

Zugegeben, Frontfrau Screaming Loz Sutch ist auch hier wieder der Grund, der THE NEPTUNE POWER FEDERATION zu etwas Besonderem werden lässt. Zwar sind die Instrumentalisten eine absolut tighte Einheit, „Goodnight My Children“ wäre mit einer anderen Frontfrau nur mehr besserer Genredurchschnitt. Screaming Loz Sutch und ihre zahlreichen Gesangsspuren, die wie kaum eine andere zwischen dreckigem Rock And Roll und Megalomanie pendelt, verleiht auch dem fünften Album ihrer Band diese einmalige Aura, die Schweiß und Schmutz und überbordende Epik verschmelzen lässt.

Musicals aus der Hölle und die Kunst der Verknappung: THE NEPTUNE POWER FEDERATION beherrschen auf „Goodnight My Children“ eigentlich alles.

Und weil dieses Rezept in der Vergangenheit so gut funktionierte, wird es fortgeführt und kaum variiert. „Goodnight My Children“ ist dabei rabiater als „Le Demon De L’Amour“ und geht mit dem knappen, wilden „Let Us Begin“ gleich in medias res. Und ja, die Hälfte des Albums besteht aus breitbeinigen Songs wie diesen, mit Riffs die einerseits so plakativ wie effektvoll sind und die vor Rock And Roll-Kitsch triefen, bei denen sich das Publikum andererseits aber kopfkratzend fragen darf, ob sie tatsächlich noch nicht tausendfach gespielt wurden, so frisch klingen sie. Dazu gibt es simple und wuchtige Grooves, pumpenden Bass und wilde Soli, mit der Prämisse: Maximalismus auf allen Ebenen.

Passend dazu ist der Jim Steinman-Bombast noch immer in der Musik verwurzelt, dieses Mal jedoch weniger vordergründig als zuvor. Und gerade die langen Songs sind es wieder, die die Band glänzen lassen: „Woe Be Your Fathers Troubled Mind“ lässt sich anfangs Zeit mit einem Synthesizer Intro und gipfelt in einer epischen Rock And Roll-Großtat mit dem Charakter eines Musicals aus der Hölle. Einen ähnlichen Weg geht das sechsminütige „Harriet Mae“, das sich ganz im Sinne großer Epen entfaltet und alle Facetten des Albums in sich vereint. „Evermore“ schafft das als vierminütiger Hit sogar sehr komprimiert – ein geheimer Favorit auf „Goodnight My Children“.

„Goodnight My Children“ ist Maximalismus auf allen Ebenen: THE NEPTUNE POWER FEDERATION fahren in 35 Minuten den ganz großen Rock and Roll auf.

Aber auch die locker aus der Hüfte geschossenen Rocksongs funktionieren, selbst wenn sie nicht denselben Eindruck hinterlassen. „Lock And Key“ präsentiert THE NEPTUNE POWER FEDERATION voller Furor, „Twas A Lie“ und „Betrothed To The Serpent“ könnten auch entspannte Rocksongs mit nettem Chorus sein, würde Screaming Loz Sutch mit ihrem unwahrscheinlichen Organ nicht alles in Grund und Boden singen. Doch am Ende zwingen THE NEPTUNE POWER FEDERATION dann alle endgültig in die Knie: Der düstere Titelsong spielt mit Dynamik, hat einen morbiden Chorus, baut Spannung auf und endet dann im Chaos. Verflucht nochmal, wie irre kann man sein?

Ja, ich kenne Leute, die THE NEPTUNE POWER FEDERATION nicht mögen, aber hey: Toxische Menschen muss man aus seinem Umfeld entfernen, richtig? Die australische Formation mag polarisieren und damit vielleicht sogar Freundschaften beenden, aber eins kann man ihnen nicht vorwerfen: Schlampige Songwriter und Instrumentalisten, die mit ihrem Image Schwäche kaschieren zu versuchen, sind sie nicht. Und sie haben auch einen ausgezeichneten Geschmack in Sachen Gitarrensound – poliert ist der nämlich nicht. „Goodnight My Children“ ist erneut ganz großes Kino, vom Cover in bizarrer Kinderbuch-Ästhetik bis zum letzten Ton. Einzig „Le Demon De L’Amour“ war noch eine Spur epischer und hat daher noch die Nase ein wenig vorn. Aber ganz egal: THE NEPTUNE POWER FEDERATION sind ein Phänomen, eine der Bands, die es verdient haben, hart angebetet und kultisch verehrt zu werden. Na denn: Süße Träume!

Wertung: 9 von 10 Gute-Nacht-Geschichten

VÖ: 8. März 2024

Spielzeit: 34: 52

Line-Up:
Screaming Loz Sutch – Vocals
Search and DesTroy – Guitar
Inverted CruciFox – Guitar
Jaytanic Ritual – Bass
River Sticks – Drums

Label: Cruz Del Sur Music

THE NEPTUNE POWER FEDERATION „Goodnight My Children“ Tracklist:

1. Let Us Begin (Official Video bei Youtube)
2. Lock & Key (Official Video bei Youtube)
3. Twas A Lie
4. Woe Be Father’s Troubled Mind
5. Betrothed To The Serpent (Official Video bei Youtube)
6. Evermore
7. Harriette Mae
8. Goodnight My Children

Mehr im Netz:

http://www.theneptunepowerfederation.com/
https://theneptunepowerfederation.bandcamp.com/
https://www.facebook.com/theneptunepowerfederation

 

*Der Vollständigkeit halber sei drauf hingewiesen, dass die Kinder des Verfassers THE NEPTUNE POWER FEDERATION nur auf dem Weg in den Kindergarten, bzw. die Kita hören (müssen) und ansonsten eher Simone Sommerland zugeneigt sind. Der konservative Teil in der Persönlichkeit des Verfassers möchte nicht, dass die Band die Kinder in deren Träumen besucht, da ansonsten die Schlafqualität aller leidet.

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner