Erinnert sich noch jemand an Heinz Sielmann und seine Expeditionen ins Tierreich? Ein wenig fühlt man sich beim Hörgenuß des neuen Albums der FLOWER KINGS in diese Sendung zurückversetzt. Wo der Tierforscher die Kalahari beständig nach possierlichen, kleinen Tierchen durchforstete, präsentieren sich die Songs der schwedischen Progrocker in einer ähnlichen Artenvielfalt, wie sie die Savanne zu bieten hat. Und so beginnt die CD auch gleich mit einem an afrikanische Urvölker gemahnenden Gesang. Mal übertrumpfen sich in der Folge die Instrumentalisten gazellengleich mit Taktwechselsprüngen, dann jagt man sich wieder gegenseitig mit Gepardengeschwindigkeit alle möglichen und unmöglichen Tonleiterskalen rauf und runter. Das Titelstück wiederum stellt das perfekte akustische Gegenstück zur Stille vor einem hereinbrechenden Unwetter dar mit seiner fast schon an Brucknersche Symphonien erinnernden trügerischen Ruhe, während gelegentlich – wenn auch sehr selten – mit der Heaviness eines eifersüchtigen Elefantenbullen vorangeprescht wird. Und mit dem in seiner Schlichtheit begeisternden Elaine zeigt sich sogar ein possierliches, kleines Liedchen, dessen Text jedoch umso eindringlicher die Botschaft der Toleranz rüberbringt.
Besondere Schmuckstücke sind die drei überlangen Stücke Last Minute On Earth, Road To Sanctuary und City Of Angels. Da werden die unterschiedlichsten Elemente aus Jazz, Rock und Prog fachmännisch zusammengesetzt, wobei stets genügend Platz für Improvisationen bleibt. Und anders als die stilverwandten SPOCK´S BEARD finden die Blumenkönige doch immer wieder zum eigentlichen Song zurück, was das Material in all seiner Komplexität für Progverhältnisse äußerst straight wirken läßt. Man merkt: Den Jungs geht es nicht um die Befriedigung plumper Frickeltriebe, sondern darum, große Emotionen in ein vielschichtiges musikalisches Gewand zu kleiden. Dadurch kommen die Lieder nie verzwungen daher, THE FLOWER KINGS nehmen sich soviel Zeit, wie sie eben zur Entwicklung eines Themas brauchen, das kann mal 14 Minuten in Anspruch nehmen oder auch nur viereinhalb Minuten wie bei Thru The Walls – ebenfalls ein mit einem nahegehenden Text ausgestatteter Song.
Und so kann man The Rainmaker getrost neben Dark Side Of The Moon und A Pleasant Shade Of Gray in den Plattenschrank stellen, auch wenn hier und da der Anschein nicht ganz vermieden werden kann, daß die sechs Musiker in der Weitläufigkeit des von ihnen abgedeckten musikalischen Terrains manchmal ein wenig die Orientierung verlieren. Das sollte ihnen jedoch angesichts der vielen Stärken von The Rainmaker verziehen sein. Eine wundervolle Expedition ins Progland!
Spielzeit: 77:07 Min.
Line-Up:
Roine Stolt – Gesang, Gitarre, Keyboards, Percussions
Jonas Reingold – Bass
Hasse Fröberg – Gesang, Gitarre
Tomas Bodin – Keyboards
Hasse Bruniusson – Percussions
Jaime Salazar – Schlagzeug
Produziert von Don Azzaro
Label: Inside Out
Tracklist:
Last Minute On Earth
World Without A Heart
Road To Sanctuary
The Rainmaker
City Of Angels
Elaine
Thru The Walls
Sword Of God
Blessing Of A Smile
Red Alert
Serious Dreamers