Die gleiche alte Leier: Ein Blick auf den Hidden Track der physischen Editionen verrät schon das grundlegende Problem. Mit „Play The Old Shit“ wollen THE DEVIL WEARS PRADA den Klagen der Fans zuvorkommen. Ungleich härter als das eigentliche Album veranlagt, rechnet die Band auf eher kindische Weise mit der ach so verbohrten Anhängerschaft ab. Was die US-Amerikaner dabei allerdings völlig verkennen, ist der eigentliche Stein des Anstoßes. Nicht die Entwicklung hin zu einem softeren Sound, sondern die Art und Weise sorgt für Unmut.
Nach dem reifen und durchweg starken „Color Decay“ (2022) gerät die Balance aus Härte und Melodie nun vollkommen aus den Fugen. Statt sich weiter auf die gesunde Evolution des eigenen Sounds zu verlassen, greifen THE DEVIL WEARS PRADA für „Flowers“ zur Brechstange. Lead-Gitarrist Kyle Sipress wurde vom Songwriting ausgeschlossen, um Platz zu machen für einen ganzen Schwarm externer Schreiber, deren Hauptanliegen unüberhörbar ist.
THE DEVIL WEARS PRADA tauschen auf „Flowers“ Authentizität gegen Plastikcharme
„Flowers“ ist kein Metalcore-Album mehr, sondern der klägliche Versuch, die Band im Radio-Rock zu etablieren – zu hören u.a. in „Eyes“, das jenseits der LINKIN PARK-Anleihen keine eigene Identität entwickelt. Der Stolperstein dieses Unterfangens ist folglich die Methode: Mit dem Kalkül und den eiskalt berechneten Pop-Strukturen kommt dem Album auch die Seele abhanden. THE DEVIL WEARS PRADA tauschen interessante Lyrik gegen Plattitüden, Authentizität gegen Plastikcharme.
Dabei beginnt die Platte mit dem Doppel „That Same Place“ / „Where The Flowers Never Grow” noch vielversprechend, indem sich Piano- und Streicherklänge mit melancholischer Grundhaltung vermischen, während die Synthesizer doch ein wenig Zuversicht streuen können. Generell hat Keyboarder Jonathan Gering ein gutes Gespür für eingängige Melodien, was nicht zuletzt dem aufrüttelnden „Ritual“ zugutekommt.
Shouter Mike Hranica verkommt auf „Flowers“ zum Statisten
Abseits solcher Lichtblicke fehlt es dem Material jedoch an Substanz. Ultra catchy, doch wenig nachhaltig zeigen sich das auf tanzbar getrimmte „The Silence“, „So Low“ oder das öde „For You“, sodass wir gelegentlich schon während der zweiten Rotation mit der Skip-Taste liebäugeln. Dieses Gefühl kann auch Jeremy DePoyster nicht lindern, denn trotz seiner angenehmen Stimmfarbe ist der Gitarrist und Sänger gesanglich zu limitiert, um jenseits der eigenen Komfortzone Akzente zu setzen.
Insofern schmerzt es besonders stark, dass die forcierte Abkehr von der härteren Seite der Band auch Mike Hranica ins Abseits drängt. Zum Background-Shouter degradiert gibt es für den Frontmann eigentlich kaum etwas zu tun, wenn nicht gerade wie in „Where The Flowers Never Grow“ krampfhaft noch ein unnötiger Breakdown in die Songstruktur geschustert wird. Immerhin: Wenn wir uns in Zukunft einmal nutzlos fühlen, denken wir einfach daran, dass THE DEVIL WEARS PRADA nach wie vor einen dezidierten Mann für harsche Vocals in ihren Reihen haben und schon dürfte sich unsere Gemütslage relativieren.
THE DEVIL WEARS PRADA lassen sich von Songwritern ein Radiokostüm schneidern
Über weite Strecken ist es gar erschreckend, wie seelenlos „Flowers“ vor sich hin mäandert, immer in der Hoffnung, dabei maximale Airplay-Zeit zu erzielen. Würde Taylor Swift ein moderne Rock-Album aufnehmen, „Cure Me“ hätte seinen Platz wohl sicher. Gerade weil „Color Decay“ mit den ruhigen Stücken glänzen konnte, hinterlässt die muntere Songwriter-Parade von „Flowers“ einen so bitteren Beigeschmack.
Zumal mit „All Out“ ausgerechnet das härteste Stück eben nicht auf externen Output angewiesen war und nun doch mehr als Quoten-Song für die Checkliste denn aufrichtige Komposition in Erscheinung tritt. Dass wir hier dennoch den frühen Höhepunkt des Albums vorfinden, ist nur eines der vielen Anzeichen, dass der uns hier überreichte Strauß bereits welk war, bevor ihn THE DEVIL WEARS PRADA gebunden haben.
Veröffentlichungstermin: 14.11.2025
Spielzeit: 42:20
Album Line-Up
Mike Hranica – Vocals, Gitarre
Jeremy DePoyster – Gitarre, Vocals
Jonathan Gering – Keyboards, Programming, Backing Vocals
Giuseppe Capolupo – Drums
Produziert von Jonathan Gering und Zakk Cervini (Mix und Mastering)
Label: Solid State Records
Homepage: https://tdwpband.com/
Facebook: https://www.facebook.com/tdwp/
Instagram: https://www.instagram.com/tdwpband
THE DEVIL WEARS PRADA “Flowers” Tracklist
- That Same Place
- Where The Flowers Never Grow (Video bei YouTube)
- Everybody Knows (Video bei YouTube)
- So Low (Video bei YouTube)
- For You (Video bei YouTube)
- All Out
- Ritual (Video bei YouTube)
- When You’re Gone
- The Sky Behind The Rain
- The Silence
- Eyes (Video bei YouTube)
- Cure Me
- Wave
- My Paradise