"Swallow The Sun - Shining" Artwork

SWALLOW THE SUN: Shining

SWALLOW THE SUN üben mit „Shining“ den Neuanfang und finden nach anfänglichem Kulturschock letztendlich doch die Balance aus Schwermut und Hoffnungsschimmer.

„Wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.“ Nicht nur dank Nietzsche war es absehbar, dass selbst im Hause SWALLOW THE SUN irgendwann etwas passieren muss. Deprimierend und trostlos klangen die Finnen zuletzt aus gutem Grund. Doch um nach einem Trauerfall nicht von der alles umfassenden Leere verschlungen zu werden, ist eine neue Perspektive, ein neuer Ausblick vonnöten.

Einen solchen Gefunden hat die Doom-Death-Band in „Shining“, dessen strahlendes Artwork bereits vermuten lässt, dass vielleicht sogar etwas Optimismus in die neue Szenerie Einzug erhält. Ein Kulturschock, den auch wir erstmal verdauen müssend, handelt es sich doch gelinde gesagt um einen Stilbruch auf der Gefühlsebene. Denn während die zehn Tracks zweifellos die Handschrift SWALLOW THE SUNs tragen, kommt dem neunten Album der Formation die emotionale Schwere zunächst abhanden.

SWALLOW THE SUN üben mit „Shining“ den Neuanfang

Easy Listening ist nicht unbedingt die erste Assoziation, die wie normalerweise mit dem Gespann assoziieren. Den niederschmetternden Charakter des Meisterstücks „When A Shadow Is Forced Into The Light“ (2019) etwa tauscht das Quintett durch latente Zuversicht, die stets hinter dem melancholischen Grundgerüst hindurchschimmert. Die Erkenntnis müssen wir erstmal sacken lassen, um uns nach der anfänglichen Enttäuschung an den Beginn dieser Ära langsam heranzutasten.

Glücklicherweise gestalten SWALLOW THE SUN diesen Neuanfang mit dem an KATATONIA erinnernden „Innocence Was Long Forgotten“ so angenehm wie möglich. Zuckrige Melodiebögen und die berührende Singstimme Mikko Kotamäkis reichen uns die Hand, ziehen im walzenden Doom-Death von „What I Have Become“ auch mal etwas heftiger an unserer, nur um dann mittels Streicher und sanft gesungener Zeilen doch für einen versöhnlichen Abschluss zu sorgen.

Die Balance aus Schwermut und Hoffnungsschimmer gelingt „Shining“ letztlich besser als erwartet

Dieser neu gefundene Drang zur Harmonie prägt weite Strecken des Albums, driftet in „Under The Moon & Sun“ oder „MelancHoly“ durchaus ins Kitschige ab und lädt doch zum Dahinschwelgen ein. Schöne Augenblicke hält „Shining“ somit zuhauf bereit, die mal durch Akustikgitarren, mal durch Piano-Arrangements angereichert werden, nur eben in letzter Konsequenz nicht immer unter die Haut gehen. Gerade das aufwühlende Element kommt dem gestriegelten Ansatz zu oft abhanden, insbesondere wenn Mikko Kotamäkis Gesang in den genannten Stücken hörbar durch die Postproduktion poliert wurde.

Im Allgemeinen aber gelingt die Balance aus Schwermut und Hoffnungsschimmer besser als anfangs erwartet: Dem getragenen „November Dust“ verhilft unter anderem das klagende Solo zu seiner bedrückenden Atmosphäre, das groovende „Kold“ beschränkt sich ausschließlich auf die ansonsten rar gesäten Death-Growls und auch in „Charcoal Sky“ findet zwischendurch das härtere Vokabular SWALLOW THE SUNs Verwendung.

SWALLOW THE SUN lernen auf „Shining“ das Loslassen

Im Gesamtkontext ist das natürlich nur ein kleines Korrektiv, das den stilistischen Umschwung letztendlich wenig abfedern kann. Den nun eingeschlagenen Pfad mitzugehen, bedeutet also auch, die Vergangenheit loslassen zu können. So wie es SWALLOW THE SUN ihrerseits getan haben, um nicht am Ende selbst von Bitterkeit verzehrt zu werden. Blickt man zu lange in diesen Abgrund, droht schließlich genau das – weshalb es wohl Segen und Fluch zugleich ist, dass „Shining“ selbigen bis zum Rand mit Wattebällchen füllt.

Veröffentlichungstermin: 18.10.2024

Spielzeit: 49:34

Line-Up

Juha Raivio – Guitar, Keys
Juho Räihä – Guitar
Mikko Kotamäki – Vocals
Matti Honkonen – Bass
Juuso Raatikainen – Drums

Produziert von Dan Lancaster und Tony Lindgren (Mastering)

Label: Century Media

Homepage: http://swallowthesun.net/
Facebook: https://www.facebook.com/swallowthesun
Instagram: https://www.instagram.com/swallowthesunofficial
Bandcamp: https://centurymedia.bandcamp.com/album/shining-24-bit-hd-audio

SWALLOW THE SUN “Shining” Tracklist

1. Innocence Was Long Forgotten (Video bei YouTube)
2. What I Have Become (Video bei YouTube)
3. MelancHoly (Stream & Video)
4. Under The Moon & Sun
5. Kold
6. November Dust
7. Velvet Chains
8. Tonight Pain Believes
9. Charcoal Sky (Video bei YouTube)
10. Shining