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PHILM: Harmonic

Dave Lombardos neues Baby – minimalistisch und trotzdem ausufernd, funky und trotzdem brachial.

SLAYER, du kannst nach Hause gehen! Aber lass deinen Schlagzeuger da, den können wir nämlich noch brauchen. Dave Lombardo nur auf SLAYER zu reduzieren ist ein Fehler, den viele machen, denn er kann mehr, er kann auch mehr als FANTOMAS, man denke nur an Vivaldi The Meeting, Drums Of Death mit DJ SPOOKY oder seine Zusammenarbeit mit JOHN ZORN. Einen Schritt zurück geht Lombardo mit seiner neuen Band PHILM, bei denen auch CIVIL DEFIANCE-Gitarrist Gerry Nestler aktiv ist – oder ist es doch einer nach vorne? Reduktion einerseits, Improvisation andererseits. PHILM machen es dem Hörer eine Stunde lang nicht wirklich leicht, aber von IPECAC RECORDINGS hat man schon Zeug gehört, das bekloppter war.

Es schlagen zwei Herzen in der Brust von PHILM, mal rocken sie geradeaus nach vorne los, erzeugen mit Riffs zwischen NOMEANSNO und PRONG spontan wirkende, bisweilen sogar wilde Songs, die manchmal sogar recht schnell ins Ohr gehen, wie Vitriolize, Sex Amp, Amoniac, Dome, Mild und Meditation, andererseits aber auch ein gewisses dramatisches Element enthalten können, wie das tolle Area und Held In Light. Dazwischen gibt es immer wieder viele Experimente und Improvisationen, meistens im ausufernd instrumentalen Bereich, wo Rock, Funk, Jazz und Elektronik so dezent verwoben wird, dass es deutlich unspektakulärer und weniger reißerisch klingt, als es eigentlich ist. Ein wenig ziellos wirken PHILM hier aber dennoch.

Harmonic als reduziert zu bezeichnen kommt durch das Maximalprinzip, das PHILM verwenden. Mit möglich geringen Mitteln erzeugen die drei Musiker konsequent das, was ihnen vorschwebt. Dave Lombardo spielt ein minimalistisches Drumkit, dazu gibt es Gitarre und Bass, sowie ein paar Synthesizer, aber nichts das nicht auch live von den dreien wiedergegeben werden könnte. Spielerisch wird nicht hinterm Berg gehalten, Gerry Nestler präsentiert sich als äußerst variabler Gitarrist, seine Stimme mag etwas eindimensional sein, passt sich aber der Musik gut an. Dave Lombardo genießt es hörbar, sich mit einem kleinen Drumset auszutoben, diese Herausforderung spornt ihn an, was an der malträtierten Snaredrum leicht hörbar ist.

Harmonic ist somit spannend, unberechenbar, aber doch größtenteils zugänglich. Es wurde in Eigenregie, mit geringen Mitteln aufgenommen – Dave Lombardo als Produzent hat hörbar keine Lust auf eine polierte Produktion, sondern auf eine möglich live klingende Aufnahme. So spannend wie PHILM auch ist, so starke Momente das Album hat, so emotionslos ist es als Ganzes. Hier sind Vollblutmusiker am Werk, die beachtliche Diversität an den Tag legen, sehr kreativ sind, mit Dynamik und Spannung umzugehen verstehen, nur das Herz ein wenig zu sehr außen vor lassen. Und das, obwohl es gerade hier seinen Weg hinein finden hätte müssen. Wer Dave Lombardos Backkatalog liebt, wer Experimente schätzt, wer nicht findet, dass Funk und Wut ein Gegensatz sein muss, wer sich NOMEANSNO von PRONG penetriert vorstellen kann soll ruhig reinhören, in PHILM und ihre nicht immer ganz harmonische Welt.

Veröffentlichungstermin: 18. Mai 2012

Spielzeit: 62:20 Min.

Line-Up:
Gerry Nestler – Guitar, Vocals, Piano
Pancho Tomaselli – Bass, Piano
Dave Lombardo – Drums, Percussion

Produziert von Dave Lombardo
Label: Ipecac Recordings

Homepage: http://www.facebook.com/PHILMOfficial

Tracklist:
1. Vitriolize
2. Mitch
3. Hun
4. Area
5. Way Down
6. Harmonic
7. Exuberance
8. Sex Amp
9. Amoniac
10. Held In Light
11. Dome
12. Killion
13. Mezzanine
14. Mild
15. Meditation

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