Slow burn: Fast wirkt es so, als mache es uns Jonas Renkse absichtlich schwer, sich in seinen neuesten Spross zu verlieben. „Nightmares As Extensions Of The Waking State“ entstand abermals fast ausschließlich aus der Feder des KATATONIA-Sängers und setzt – der Titel lässt es durchblitzen – auf eine düstere, bedrückende und nicht selten in sich gekehrte Atmosphäre. Nach der Trennung von Gitarrisst Anders Nyström lenkt der Frontmann die schwedische Dark Metal-Band allerdings in keine komplett neue Richtung. Schließlich zeichnete Renkse ja auch schon für „Sky Void Of Stars“ (2023) sowie „City Burials“ (2020) verantwortlich.
Was „Nightmares As Extensions Of The Waking State“ jedoch auf Anhieb fehlt, ist die Leichtigkeit, die sich sonst mittels süßlicher Hooks zumindest punktuell bemerkbar machte. Zur Entwarnung: Packende Gesangslinien und Augenblicke dunkler Schönheit finden sich weiterhin, nur müssen wir diesmal dafür arbeiten.
KATATONIA pflegen auf „Nightmares As Extensions Of The Waking State“ progressive Strukturen
Als Leuchtfeuer fungiert dabei der einerseits warme und doch in Schwermut getränkte Gesang des Masterminds, welcher meist unaufgeregt durch die Kompositionen führt. Fordernd wird es dagegen instrumental, wo KATATONIA progressive Strukturen pflegen und gerne den einen oder anderen Haken schlagen. Schon im Opener „Thrice“ erinnern Schlagzeugspiel und Riffarbeit phasenweise an OPETH, bevor „The Liquid Eye“ sein Augenmerk auf eine prominente Leadgitarre legt.
Erwähnenswert sind schon in den ersten Minuten die zusätzlichen Percussions, welche den Hintergrund mit vielen, teils subtilen Details ausschmücken. Grundsätzlich aber agieren KATATONIA über Albumlänge hinweg eher unaufgeregt, so dass „Wind Of No Change“ trotz seiner okkulten Lyrik und der passenden Chorgesänge geradezu leichtfüßig auftritt. Das hat Charme, doch nicht den unmittelbaren Hitcharakter, dem die Schweden in der Vergangenheit keineswegs fremd waren.
Mit „Nightmares As Extensions Of The Waking State“ wollen KATATONIA ihre Hörerschaft herausfordern
Dass „Nightmares As Extensions Of The Waking State” in der Folge die Gemüter spalten wird, ist mehr oder minder logische Konsequenz. Dieses Understatement, das KATATONIA über weite Strecken pflegen, muss man lieben lernen. Ähnlich verhält es sich mit dem Songwriting an sich, das irgendwo zwischen kongenial durchdacht und zu verkopft angesiedelt werden kann. Griffige Tracks wie „Temporal“ können nicht darüber hinwegtäuschen, dass uns das Quintett diesmal durchaus herausfordern möchte: sich auf die beklemmende und in ihrer eigenen Weise faszinierende Grundstimmung des Werks einzulassen.
Es ist in mancherlei Hinsicht ein ähnlich verhangener Kosmos wie seinerzeit auf „Night Is The New Day“ (2009), dem KATATONIA aber die harten Gitarren entzogen haben, um dem atmosphärischen Kern einem proggy Make-Over zu unterziehen. Davon sprechen jedenfalls Keyboards, Drumming und Leadgitarren in „Departure Trails“. Dass es das sonst schön reduzierte „Efter Solen“ in schwedischer Sprache mit den Effekten auf Renkses Stimme übertreibt, ist umso ärgerlicher, da die Band ansonsten eben durchweg behutsam und überlegt agiert.
„Nightmares As Extensions Of The Waking State“ offenbart seine Qualitäten nicht auf Anhieb
Dieser Ansatz ist zugleich die große Herausforderung in Bezug auf „Nightmares As Extensions Of The Waking State“: Liebe auf den ersten Blick dürfte bei diesem Album wohl die Ausnahme sein. Mit seinen Qualitäten hält es zunächst lieber hinter dem Berg und hat auch keine Angst, ungeduldigen Naturen die kalte Schulter zu zeigen. Noch mehr als in der Vergangenheit haben KATATONIA folglich ein Album für gewisse Stunden geschrieben. Eines, das wohl nicht universell packend ist, aber eine ganz bestimmte Gemütslage voller Weltschmerz nahezu perfekt zu verkörpern weiß.
Veröffentlichungstermin: 06.06.2025
Spielzeit: 46:25
Line-Up
Jonas Renkse – Vocals
Niklas Sandin – Bass
Daniel Moilanen – Drums
Nico Elgstrand – Guitar
Sebastian Svalland – Guitar
Produziert von Jonas Renkse, Lawrence Mackrory, Adam Noble (Mix) und Robin Schmidt (Mastering)
Label: Napalm Records
Homepage: https://www.katatonia.com/
Facebook: https://www.facebook.com/katatonia
Instagram: https://www.instagram.com/katatoniaband/
Bandcamp: https://katatonia.bandcamp.com/
KATATONIA “Nightmares As Extensions Of The Waking State” Tracklist
1. Thrice
2. The Liquid Eye
3. Wind of no Change (Video bei YouTube)
4. Lilac (Video bei YouTube)
5. Temporal (Video bei YouTube)
6. Departure Trails
7. Warden
8. The Light Which I Bleed
9. Efter Solen
10. In the Event of