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HIDDEN PATH: Before Your Eyes [Eigenproduktion]

Progressive Metal an der Grenze des Machbaren und des Hörbaren.

Es gibt anspruchsvolle Musik, progressive Musik und dann gibt es da auch noch die Hardcore-Frickel-Ecke. Genau in diese gehört der Kolumbianer Daniel Realphe mit seinem Projekt HIDDEN PATH, gemeinsam mit solch illustren Namen wie SPIRAL ARCHITECT oder WATCHTOWER. Before Your Eyes ist das Debütalbum des 2002 gegründeten Projekts. Die Zielsetzung für dieses Album kann nur gewesen sein, den Wahnsinn hörbar zu machen. Denn von diesem wird man erfasst, wenn man versucht den unglaublich komplexen Arrangements zu folgen. Ich würde diese Musik grundsätzlich nicht als seelenlos beschreiben. Im Gegenteil, man hat das Gefühl, dass Daniel Realphe wirklich mit viel Herzblut bei der Sache ist. Die Frage ist nur, ob die Kommunikation zwischen Sender und Empfänger störungsfrei funktioniert. Sicherlich ist es eine Frage des persönlichen Geschmacks, wieviel Instrumenten-Akrobatik jeder einzelne verträgt, aber im Falle der Kolumbianer würde ich soweit gehen und von asymmetrischen Kompositionen sprechen. Die vielen Themen- und Tempiwechsel lassen nur ganz schwer einen genussvollen Flow aufkommen. Da tut der etwas kantige Sound sein Übriges. Auch vom spärlich eingesetzten Gesang sollte man hinsichtlich der thematischen Vermittlung keine Wunderdinge erwarten. Und so hört sich sowohl Beschreibung als auch Musik eigentlich ganz furchtbar an.

Nur sind da diese, einzeln genommen, fantastischen Arrangements, die beim Hören wirklich die Spucke auf die Tastatur tropfen lassen. Man höre die Akustik-Passage in Unfolded Will, die verträumten Bass-Klänge von Forbidden Joy und das mit Gewitter, Gitarre und Bass ausklingende Intro Surreal Future. Das sind drei markante Punkte, die vielen inspirationslosen Prog-Metal Alben sehr gut stehen würden. Daneben gibt es natürlich viele High-Speed Licks, die wie im fantastischen Ende von Timeless Existence auch mal eine gute Melodie besitzen und von HIDDEN PATH geradezu euphorisch vorgetragen werden. Dazu kommen Soli in exotischen Skalen, Breaks und Interludes in kryptischen Metren sowie Odd-Times noch und nöcher. Als Beispiel seien die anfänglichen Parts – man könnte es als Strophe bezeichnen – von Winds Of Destiny genannt, die alleine dadurch faszinieren, dass kaum ein Fluss aufkommt. Aber gerade das mit vielen überzeugenden Einzel-Arrangements gespickte Organic Control macht den vorhandenen Zwiespalt überdeutlich: Die einzelnen Ideen sind fantastisch, der Zusammenhang fehlt über weite Strecken jedoch völlig. Wenn überhaupt eine Stimmung aufkommt, dann ist es eine düster bedrohliche, die natürlich durch die ruppigen Arrangements der Shredding-Guitar unterstützt werden.

Als Einflüsse nennt Daniel Realphe unter anderem STEVE VAI, JOHN PETRUCCI, Alexi Laiho (CHILDREN OF BODOM) und SYMPHONY X. Das Resultat im instrumentalen Sinne darf man sich jetzt nicht als Querschnitt, sondern als Summe der Inpirationsquellen vorstellen.

Es gibt für dieses Album kein Fazit. Die Wahrnehmung von Before Your Eyes wechselt fast so häufig wie seine Arrangements. Je länger man darüber nachdenkt, besteht genau darin der Reiz des Debüts von HIDDEN PATH. Es ist interessant, sich in diesen Flickenteppich aus genialen Ideen reinzuhören, zu verzweifeln, es erneut zu versuchen, immer wieder neue, geniale Fragmente zu entdecken, den roten Faden erfolglos zu suchen, den Kopf darüber zu schütteln und doch wieder von vorne zu beginnen.

Veröffentlichungstermin: 2005

Spielzeit: 58:48 Min.

Line-Up:
Daniel Realphe – Guitars, Bass, Drums, Vocals

Produziert von Daniel Realphe

Homepage: http://www.beforeoureyes.com/

Tracklist:
1 See For Yourself (Intro)

2 Before Our Eyes

3 Unfolded Will

4 Winds Of Destiny

5 Forbidden Joy

6 I Lost You

7 Timeless Existence

8 Meine Freude (J.S. Bach)

9 Mere Obsessions

10 Organic Control

11 Towards Our Inminent Ending

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