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HELTEKVAD: Morgenrødens Helvedesherre

Das Mittelalter war eine ganz schön dreckige, von Krieg und Verzweiflung geplagte Angelegenheit. Woher ich’s weiß? Ich habe „Morgenrødens Helvedesherre“, das Debüt der Dänen von HELTEKVAD, gehört, und meine Güte, geht es da zur Sache: Pest, Ratten, Tod, Schlacht, Gemetzel und, huch, fröhliche Schalmeien? Ja, auch die, die leiten nämlich „Ærbødig er den som sejrer“ ein, und ach, wie schade ist’s, dass das nicht der Beginn auch des Albums ist. Das nämlich fängt ganz anders an, irgendwie krank und chaotisch, aber auch das war ja Mittelalter, insofern stimmig. Trotzdem keine gute Wahl, das sperrigste und chaotischste Stück an den Anfang zu setzen.

Schwamm drüber, es hat auch was Gutes, denn das Album wird anschließend immer besser: Nach den erwähnten Schalmeien geht es ohne Umschweife in Richtung episch-hymnisches Mittelalter, und mit dem dritten Stück, „Ved sværdets klinge skal du forgå“, entführen uns HELTEKVAD ganz tief hinein in die erhabenen Untiefen des depressiven Black Metals.

Gevatter auf dem Knochengaul

Erstaunlicherweise fühlt sich die Band auf diesem Terrain dann am wohlsten und betotenackert es zum Glück auch ausgiebig: Nicht nur der kranke Kreisch- und Krächz-Gesang entspringt dem DSBM-Genre, auch die sehr kalt klingenden, aber traumhaft warme Harmonien spielenden Gitarren könnten glatt aus dem BETHLEHEM der 90er-Jahre stammen. Ja, das angesprochene Stück ist ein Meisterwerk der verzweifelten Melancholie und gibt den Ton vor für die restlichen 20 Minuten, in denen das Mittelalter-Gimmick, mit dem die Band sich umgibt, immer wieder nebensächlich wird bzw. höchstens mal durch kleine musikalische Einlagen und Samples hervorgeholt wird, um nicht ganz vergessen zu lassen, womit man aus der Masse hervorstechen will.

Wer nämlich hier ähnlich dramatische und vor Euphorie geradezu strotzende Musik wie bei anderen extremen Mittelalter-Kapellen (VEHEMENCE oder AORLHAC fallen mir da ein) erwartet, wird nur teilweise glücklich. Klar, auch diese Passagen gibt es, aber sagen wir mal so: Wenn – Achtung, Spoiler – in der Mitte von „Du skæbnesvangre stund“ plötzlich allen Ernstes ein Pferd verzerrt wiehert, sehe ich keinen strahlenden Ritter vor mir, sondern Gevatter auf dem Knochengaul. Das macht „Morgenrødens Helvedesherre“ zwar zu einem etwas gewöhnungsbedürftigen, aber durchaus eigenständigen und gelungenen Album, und seien wir mal ehrlich, nicht erst seit dem neuesten Krieg wissen wir, dass das mit den strahlenden Rittern und so eh immer schon ziemlicher Bullshit war, auch und gerade im Mittelalter.

Übrigens: niemand Geringeres als u.a. Ole von AFSKY und Simon von SUNKEN zeichnen für dieses neue Projekt verantwortlich, und die stehen für Qualität. Deshalb: Wer aus seinem komfortablen Zivilisationszimmer heraus mal gepflegt in Pest, Tod und Verzweiflung eintauchen will und – wie ich – einfach nicht genug von krankem Geschrei zu melodischem Moll-Geschraddel bekommen kann, der braucht dieses Album, und zwar dringend.

Spielzeit: 35:29 Min.

Veröffentlichung am 25.3.2022 auf Eisenwald

HELTEKVAD “Morgenrødens Helvedesherre” Tracklist

1. Morgenrødens åbenbaring
2. Ærbødig er den so m sejrer (Audio bei YouTube)
3. Ved sværdets klinge skal du forgå
4. Eder og hæder (Video bei YouTube)
5. Fornægter din æt
6. Du skæbnesvangre stund
7. Døden står ved himmelens port

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