blank

HELLOWEEN: Giants & Monsters

Der Titel täuscht: Statt Riesen und Monstern bekommt man den melodischen Rock gepaart mit speedigen Epen, den man von HELLOWEEN gewohnt ist. Auch wenn die Höhepunkte rar gesät sind, bleibt das Album nicht zuletzt wegen der ungebrochen großartigen Stimme Michael Kiskes hörenswert.

Die Herren Weikath, Hansen und Kiske halten aktuell deutlich länger miteinander aus als damals in den 80ern. Ihr zweites Album seit der Reunion und Vergrößerung zum Septett knüpft stilistisch nahtlos am selbstbetitelten Vorgänger an. Melodischer Metal, mal speedig, mal rockig – dazu die charismatischen Stimmen der drei Frontmänner. Beim Blick auf die Songlängen kommt der Verdacht auf, man habe sich anno 2025 auf das Wesentliche konzentrieren wollen. Die Mehrheit der Lieder kommt innerhalb von viereinhalb Minuten ins Ziel. Nur das flott-melodische „Universe (Gravity for Hearts)“ und der Rausschmeißer „Majestic“ knacken die 8-Minuten-Marke. Insgesamt gibt es dadurch etwas weniger von allem.

Klassische Speed-Metal-Hymnen muss man mit der Lupe suchen. Klar, zu Beginn drücken „Giants on the Run“ und „Savior of the World“ auf das Gaspedal. Doch das Tempo wird immer wieder gezügelt. Gesanglich kann der Opener noch Eingängigkeit bieten, die durch die raue Stimme von Andi Deris freilich eher an die Kiske-freie Phase der Band erinnert als an „I’m Alive“ oder „March of Time“. Und wo ich schon beim Herummäkeln bin: Die flache Rock-Nummer „A Little Is a Little Too Much“ und die softe Ballade „Into the Sun“ hätten sich HELLOWEEN auch sparen können.

Das Beste sind die beiden Vorabsongs – eingängig-rockig bzw. melodisch-flott

Faszinierenderweise konnte mich „This Is Tokyo“ beim ersten Hördurchgang gar nicht packen. Doch mit der Zeit wuchs die Nummer. Natürlich ist es eine typische Deris-Nummer wie „I Can“ oder „Mrs. God„. Als bester Uptempo-Song stellt „Universe (Gravity for Hearts)“ die immer noch sensationelle Stimme von Michael Kiske in den Vordergrund. Mir drängen sich dabei Parallelen zu „Pink Bubbles Go Ape“ auf. Damals lieferte Roland Grapow die typischen HELLOWEEN-Songs wie „Someone’s Crying“. Nach eher sperrigen Beiträgen auf „Helloween“ ist es auf „Giants & Monsters“ Sascha Gerstner, der die traditionelle Fahne hochhält – zumindest bei diesem einen, epischen Song. Kai Hansen liefert beim abschließenden „Majestic“ dann noch den überzeugendsten Refrain, wobei der restliche Song etwas blass bleibt.

Der Rest vom Fest schmeckt nicht schlecht, wobei das Kiske-Salz in der Suppe spärlich ist.

Das restliche Material bietet Licht und Schatten. Die kompakte Performance mit den oft im Wechsel bzw. sogar gemeinsam agierenden Sängern verbreitet eine typische HELLOWEEN-Stimmung. Die ausgewogene, druckvolle Produktion trägt ebenfalls ihren Teil dazu bei, dass man beim Anhören des Albums ein gutes Gefühl bekommt. Nichtsdestrotz bleibt das Songwriting zwischendurch häufiger gesichtslos – oder zumindest im Mittelmaß, in dem im laufenden Jahrtausend des öfteren neben HELLOWEEN eben auch GAMMA RAY und UNISONIC unterwegs waren.

So viel zum Besten und zum Restlichen. Bleibt noch das Rare, konkret der Bonustrack „Out of Control“ aus der Feder von Bassist Markus Grosskopf. Der Song wäre auch auf den letzten GAMMA RAY-Alben nicht groß aufgefallen. Der flott-stampfende Rhythmus passt nur bedingt zur recht aggressiven Gesangsdarbietung. Die Refrain-Melodie dümpelt eher vor sich hin. „Lass mir meinen Rock’n’Roll“, verlangt da die Stimme, die einst noch die „Metal Invaders“ besang und verkündete, Heavy Metal sei das Gesetz.

HELLOWEEN zeigen auf „Giants & Monsters“ Höhen und Tiefen.

Als alter HELLOWEEN-Fan kennt man das Auf und das Ab, the rise and fall. „Giants & Monsters“ ist ein solides Album, das je nach Mentalität sehr gelungen ausfällt (deutlich besser als zum Beispiel „Gambling With the Devil“) oder irgendwie enttäuschend bleibt, weil Referenzen zu früheren Großtaten rar sind. Statt diverser Spoken-Words-Einsprengsel wären drei kräftigte Kracher mit Ohrwurm-Refrains und durchgehender Melodie-Dynamik schon wünschenswert gewesen. Jedenfalls können HELLOWEEN in der jetzigen Form sich nicht von Konkurrenten wie AVANTASIA oder BLIND GUARDIAN abheben. Und so beruhigt es mich ungeachtet meiner Haderei, dass viele Fans hier keine Konkurrenz-Situation sehen. Das ist gut so. Hier geht es um Musik, nicht um sportliche Wettkämpfe. Somit vergebe ich wie bei Vampster üblich auch keine Noten, sondern die Empfehlung für alle Fans, die den Vorgänger sensationell toll fanden.

Veröffentlichungsdatum: 29.08.2025

Spielzeit: 55:15

Line-Up:
Andi Deris: Gesang
Michael Kiske: Gesang
Kai Hansen: Gitarre, Gesang
Michael Weikath: Gitarre
Sascha Gerstner: Gitarre
Markus Grosskopf: Bass
Dani Löble: Schlagzeug

Produziert von: Charlie Bauerfeind & Dennis Ward

Label: Reigning Phoenix Music

Homepage: https://www.helloween.org

HELLOWEEN „Giants & Monsters“ Tracklist:

  1. Giants on the Run (6:20)
  2. Savior of the World (4:14)
  3. A Little Is a Little Too Much (3:30) (Video bei YouTube)
  4. We Can Be Gods (5:10)
  5. Into the Sun (3:39)
  6. This Is Tokyo (4:13) (Video bei YouTube)
  7. Universe (Gravity for Hearts) (8:24) (Video bei YouTube)
  8. Hand of God (3:44)
  9. Under the Moonlight (3:07)
  10. Majestic (8:08)
  11. Out of Control (Bonus Track) (4:41)