Deafheaven - Lonely People With Power Cover

DEAFHEAVEN: Lonely People With Power

Fine Dining für die Ohren: „Lonely People With Power“ wandelt zwischen Schönheit und galligem Trotz.

Als wir Anfang des Jahres der Neugier wegen zum ersten Mal ein „Fine Dining“-Menü buchten, setzte man uns als dritten Gang einen sogenannten Gaumenreiniger vor. Geschmacklich war hier keine Explosion zu holen, er sollte uns aber für jene Köstlichkeiten empfänglich machen, die noch folgen sollten. Rückblickend betrachtet könnten wir „Infinite Granite“ (2021) eine ähnliche Rolle attestieren. Der überraschende Shoegaze-Exkurs DEAFHEAVENs steuerte in ruhigere Gefilde und überraschte mit angenehm losgelöster Atmosphäre, wohingegen das gewisse Etwas letztlich auf der Strecke blieb.

Der positive Nebeneffekt vier Jahre später: Wir sind nun umso empfänglicher für die vom Post Rock inspirierten Spitzen, die „Lonely People With Power“ punktuell setzt. Eine Art Rückbesinnung auf den garstigen Blackgaze, aber eben mit erweitertem Horizont. Jener macht sich in „Heathen“ bemerkbar, wo cleane Gitarren um den zurückgenommenen Klargesang tänzeln. Entrückt und melodisch zeigen sich DEAFHEAVEN in diesen Augenblicken, flirten atmosphärisch mit Dreampop-Passagen, welche sie mit kratzigem Black Metal vermählen.

„Lonely People With Power“ wandelt zwischen Schönheit und galligem Trotz

Das Spannungsfeld, welches sich durch diesen Mix der Gegensätze ergibt, ist vielleicht nicht unmittelbar vereinnahmend, entfaltet jedoch schon bald einen nahezu unwiderstehlichen Sog. „Amethyst“ wühlt beispielsweise das getragene Post-Rock-Fundament mit rohen Black-Metal-Eruptionen auf, die über das ganze Album hinweg herrlich rau erklingen.

Ob nun Blastbeats, Screams oder die klirrenden Gitarren einen Weg durch das dichte Soundbett suchen, einen ungeschliffenen Charakter bewahrt sich die Produktion ganz bewusst, wodurch „Lonely People With Power“ in einem kuriosen Vakuum zwischen Schönheit und galligem Trotz existiert. Daraus machen DEAFHEAVEN auch gar keinen Hehl, wie schon der ruppige Auftakt „Doberman“ erkennen lässt, das sich nur zeitweise öffnet. Interessant bleibt das Schlagzeugspiel Daniel Tracys allerdings zu jeder Zeit, selbst wenn „Magnolia“ oder „Revelator“ recht unverblümt in angeschwärzte Gefilde vorpreschen.

DEAFHEAVEN halten auf „Lonely People With Power“ die Spannung bis zum Finale aufrecht

Zäsuren setzen hingegen die drei „Incidental“-Zwischenspiele, wo Ambient-Soundscapes und bedeutungsschwangere Gastbeiträge von Jae Matthews (BOY HARSHER) und Paul Banks (INTERPOL) die Stille füllen und uns empfänglich machen für den massiven Soundwall, den „Winona“ nach behutsamem Aufbau heraufbeschwört. Das Post-Black-Finale des Songs schließlich fühlt sich trotz der zornerfüllten Lyrics fast schon kathartisch an. Insofern ist die Wahl des Schlusstracks durchaus konsequent: „The Marvelous Orange Tree“ wagt zum Ende hin nochmals das Blackgaze-Experiment, das in seiner emotional aufgeladenen neuen Rolle eher die Kirsche auf der Sahnetorte als bloßer Gaumenreiniger ist: Fine Dining für die Ohren.

Veröffentlichungstermin: 28.03.2025

Spielzeit: 62:08

Line-Up

George Clarke – Vocals
Kerry McCoy – Gitarre
Shiv Mehra – Gitarre
Chris Johnson – Bass
Daniel Tracy – Drums

Produziert von Justin Meldal-Johnsen

Label: Roadrunner Records

Homepage: https://www.deafheavenuk.com/
Facebook: https://www.facebook.com/deafheaven
Instagram: https://www.instagram.com/deafheavenband/
Bandcamp: https://deafheavens.bandcamp.com

DEAFHEAVEN “Lonely People With Power” Tracklist

  1. Incidental I
  2. Doberman
  3. Magnolia (Video bei YouTube)
  4. The Garden Route
  5. Heathen (Video bei YouTube)
  6. Amethyst
  7. Incidental II (feat. Jae Matthews)
  8. Revelator
  9. Body Behavior
  10. Incidental III (feat. Paul Banks)
  11. Winona
  12. The Marvelous Orange Tree