Leicht haben es die Leipziger ihren Hörern noch nie gemacht. Hohes Niveau, dabei immer ein Hang zur elegischen Langeweile – die Gratwanderung von DARK SUNS gelingt leider nicht immer. Das vor drei Jahren erschienene Existence litt schwer unter der konzeptionellen Vorgehensweise. Grave Human Genuine hingegen weiß besser zwischen den Extremen zu balancieren. Erneut hoher Anspruch, dabei jedoch deutlich mehr Abwechslung.
Über weite Strecken ist das dritte Album der Band enorm spannend und wirklich gut. Dabei reichen die eingesetzten Mittel von überraschend brutal und heavy bis hin zu leise und einfühlsam, wobei der Härtegrad von Song zu Song abnimmt. Das Intro Stampede und das folgende Flies in Amber sind teilweise erdrückend schwer, was durch die mächtige Produktion nur noch verstärkt wird. Auch in Sachen Geschwindigkeit hat sich einiges getan – dass hier Andy Schmitt für heftigen Brüllgesang zur Verfügung stand, tut dem Song gut. Denn der große Schwachpunkt von Grave Human Genuine ist der Gesang von Nico Knappe, der an manchen Stellen viel zu sehr gesäuselt wirkt. Hier fehlen einfach die Eier. Das passt stellenweise sehr gut, wie zum wunderbar-schönen Thornchild, bei Amphibian Halo beispielsweise wirkt es eher wie ein Störfaktor.
Dennoch, Rapid Eyes Movement, Amphibian Halo und das bizarr-heftige Instrumental The Chameleon Defect sind großartige Stücke, die viel für Hirn und Herz bieten. Dem gegenüber stehen am Ende die leicht kitschige Songs Free of You und Papillon, die durch den Gesang etwas schwülstig wirken. Davon abgesehen ist die Scheibe gut in Szene gesetzt, sämtliche Instrumente kommen sehr gut zur Geltung. Hierbei fallen die Gitarrenarbeit und die schön eingesetzten Keyboards besonders positiv auf. Die rhythmischen Verrenkungen lassen zeigen, dass Nico Knappe auch am Schlagzeug einen eigenen Weg geht. Session-Bassist und PR-Prominenz Kristoffer Gildenlöw hingegen hätte gerne öfter mit einem Fretless Bass spielen dürfen, diese Stellen gehören zu den Besten auf dem ganzen Album.
Grave Human Genuine ist ein forderndes Album, das irgendwo sehr vage zwischen TOOL und PORCUPINE TREE liegt und den Hörer lange zu fesseln vermag. Zwar sind DARK SUNS nichts für jede Gelegenheit und haben auch mit ein paar Stellen zu kämpfen, die nicht zünden wollen, aber im Vergleich zu Existence ist dies ein großer Schritt vorwärts. Wer es abwechslungsreich, düster und anspruchsvoll mag, darf auf jeden Fall gerne ein Ohr riskieren.
Veröffentlichungstermin: 22. Februar 2008
Spielzeit: 58:04 Min.
Line-Up:
Nico Knappe – Vocals, Drums
Mike Knappe – Guitar
Torsten Wenzel – Guitar
Kristoffer Gildenlow – Session Bass
Label: Prophecy Productions
Homepage: http://www.darksuns.de
Tracklist:
1. Stampede
2. Flies in Amber
3. Thornchild
4. Rapid Eyes Movement
5. Amphibian Halo
6. The Chameleon Defect
7. Free of You
8. Papillon