CORNIX MALEDICTUM: …verdammt in alle Ewigkeit

…und noch ein Mittelalter-Dudelsack-Overkill. Wem´s gefällt, der greife zu. Alle anderen: lieber nicht.

Seit Jahren kursiert eine penetrante Seuche in unseren Breitengeraden: die sog. „Faszination Mittelalter“. Märkte boomen, in denen Menschen ungestraft in Fellhosen rumlaufen, Bier wird plötzlich aus Kuhhörnern getrunken, und überall hört man nur noch Dudelsäcke, am besten noch in Verbindung mit E-Gitarren; das klingt dann modern. Und plötzlich versuchen all die zahllosen Bands, die normalerweise auf Mittelaltermärkten aufspielen, auch auf dem Musikmarkt des dritten Jahrtausends Fuß zu fassen. Die Gruppe CORVUS CORAX war dabei eine der ersten, die authentische Volkslieder des Mittelalters auf Dudelsäcken und eben auch auf CD darbot, und ihr folgten so einige. Warum diese nun aber meinen, ihre Version der schon häufig gehörten Lieder klänge irgendwie besser oder interessanter als die der vorherigen Band, verschließt sich meiner Erkenntnis. Auch CORNIX MALEDICTUM aus „an der Grenze zum polnischen Reich“ (Labelinfo) meinen, die alten Lieder noch einmal neu aufnehmen zu müssen, als da wären solche Gassenhauer wie „Tourdion“, „Zweiter Merseburger Zauberspruch“ oder „Ai vis lolop“. Gelandet sind sie damit auf Ars Metalli, obwohl die Band keinen Metal spielt, sondern ausschließlich akustische Musik, bestehend aus Dudelsack, Laute, Trommel und ganz wenig Gesang. Für Dudelsack-Verehrer und nimmersatte Mittelalter-Fetischisten ist das Debütalbum der drei Recken auch sicherlich gut gelungen – gespielt wird mit viel Enthusiasmus und Fertigkeit, die Auswahl der Stücke ist ansprechend, und auch der Sound (Studio E) läßt keine Wünsche offen.

Jedoch, die einleitenden Sätze deuteten es bereits an, mir erschließt sich nicht der Sinn einer solchen Veröffentlichung. Nicht nur, dass nach zwanzig Minuten durchgängigen Dudelsackspiels langsam die Ohren zu klingeln anfangen und man jedem Dudelsackspieler die Pest an den mittelalterlichen Hals wünscht, nein, es gab einfach schon zuviel Mittelalter in der Musiklandschaft; wenn man da noch was herausstechendes machen will, muß man die Lieder entweder originell interpretieren (so wie es IN EXTREMO früher einmal gemacht haben), oder man spielt abwechslungsreich, womit Abwechslung in der Liedauswahl genauso gemeint ist wie die Abwechslung der Instrumentierung. Erstere ist auf „…verdammt in alle Ewigkeit“ auch in der Tat gut gelungen – es finden sich sowohl schnelle Tänze als auch langsamere Lieder, wenngleich das Augenmerk doch auf ersterem liegt. Das große Manko des Albums ist deshalb die fehlende Abwechslung in der Instrumentierung; diese beschränkt sich nämlich auf Dudelsack, Dudelsack, Dudelsack und hin und wieder Laute. Gesang tritt nur bei der (ausgezeichneten) „Rabenballade“ mal in den Vordergrund, ansonsten dominieren die auf die Dauer schlichtweg nervenden Klänge des Dudelsacks. Insbesondere der unglaublich in die Länge gezogene „Zweite Merseburger Zauberspruch“ penetriert die Nerven aufs Äußerste. Hier wären einige Mitmusiker sicherlich hilfreich gewesen, denn so kann die Platte nicht durchgehend gefallen – sie ist schlicht zu eintönig auf den Dudelsack fixiert, ein Problem, das mich auch schon bei CORVUS CORAX gestört hat. Wen dies indes nicht stört, der kann sich „…verdammt in alle Ewigkeit“ ruhigen Gewissens zulegen, sofern er denn immer noch neue Interpretationen der immer gleichen alten Lieder benötigt. Alle anderen sollten lieber, so wie ich, auf eine Band warten, die mittelalterliche folkloristische Musik endlich mal vielseitig, spannend und neuartig darbietet. Fragt sich nur, wie lange das noch dauert.

VÖ: Frühjahr 2002

Spielzeit: 42:29 Min.

Line-Up:
Ardor der Pfeyffer

Steffen der Lautenschläger

Abraxas der Unflammbare

Produziert von Markus Stock
Label: Ars Metalli

Tracklist:
1. Ingang

2. Sex achtel

3. Totentanz

4. Zweiter Merseburger Zauberspruch

5. Tourdion

6. Rabenballade

7. Heyduckentanz

8. Confusio maledicta

9. Devildance

10. Ai vis lolop

11. Utgang

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner