CALLEJON: Retrospektive: Willkommen im Beerdigungscafé / Fauler Zauber Dunkelherz

Zum 20-Jährigen wagen CALLEJON den Blick zurück: Das Debütalbum “Willkommen im Beerdigungscafé” und die EP “Fauler Zauber Dunkelherz” werden als Paket neu aufgelegt – eine gute Gelegenheit für Sammler, die vergriffenen Scheiben endlich ins Regal zu stellen.

Der Blick zurück ist oft wie eine kleine Belohnung. Nach langem Aufstieg einmal tief durchatmen und die Früchte der zurückliegenden Anstrengung genießen. Natürlich, von oben sieht das Meiste recht einfach aus, doch der Weg war lang und nicht selten schweißtreibend. Was für die alpine Wochenendwanderung zutrifft, gilt erst recht für das knallharte Musikgeschäft – und genau aus diesem Grund gönnen sich CALLEJON angesichts des bevorstehenden 20-jährigen Jubiläums diese wohlverdiente Auszeit.

Der angenehme Nebeneffekt: „Retrospektive“ vereint das Debütalbum „Willkommen im Beerdigungscafé“ (2006) sowie die EP „Fauler Zauber Dunkelherz“ (2007) in einem Paket – neu gemastert und erstmalig digital sowie auf Vinyl erhältlich. Eine schöne Sache für Sammler und langjährige Fans, die sich die beiden lange vergriffenen Scheiben nun endlich ins Regal stellen können. Das Drumherum jedenfalls stimmt, nicht zuletzt dank erneuertem Artwork und dezentem Sound-Update.

Auf ihrem Debüt “Willkommen im Beerdigungscafé” stürmen CALLEJON auf ungezügelte Art nach vorne

Interessant wird die Rückschau derweil in musikalischer Hinsicht, denn im direkten Vergleich zum aktuellen Werk „Metropolis“ (2020) zeichnet sich deutlich ab, wie sehr  in den vergangenen anderthalb Dekaden als Künstler gewachsen sind. Weniger die übergreifende Atmosphäre wie heute ist es, die „Willkommen im Beerdigungscafé“ (2006) sein Profil verleiht, sondern die stürmische und ungezügelte Art und Weise, wie die Band mit dem Kopf durch die Wand nach vorne prescht.

Das stand der Formation damals durchaus gut zu Gesicht, wenngleich sich gerade die Gitarren und das Drumming anno 2006 noch stark am Metalcore der frühen 2000er Jahre orientierten. Der Melodic Death Metal-Einfluss und die Thrash-Anleihen sind wichtige Stützpfeiler in Tracks à la „Bitter macht lustig“ oder „Es regnet“, das man irgendwo zwischen frühen AS I LAY DYING und AT THE GATES bzw. IN FLAMES (s. auch „Love Sucks“) verordnen könnte. Dank zahlreicher Breaks und Straßenattitüde vermengen sich die verschiedenen Genre-Elemente zu einem recht intensiven Soundmix, der uns auch heute noch gut auf die Zwölf gibt.

Die EP “Fauler Zauber Dunkelherz” ist etwas experimentierfreudiger ausgefallen

Sein eigentliches Alter merkt man „Retrospektive“ bzw. den beiden Neuauflagen indes beim Gesang an, der zwischen hochaggressiven, bisweilen gar wahnsinnig anmutenden Screams („Bitter macht lustig“, „Snake Mountain“) und emotionalem Klargesang rangiert. Während Erstere uns auch heute noch umgehend mitreißen können, ist die Singstimme auf dem Frühwerk CALLEJONs manchmal noch etwas dünn ausgefallen. Keine große Sache und im starken Abschluss „Teile“ atmosphärisch sogar ein Pluspunkt, aber sicherlich ein Faktor, der aus heutiger Sicht die Weiterentwicklung BastiBastis am Mikro relativ spürbar hervorhebt.

Die EP „Fauler Zauber Dunkelherz“ bewegt sich zunächst in stilistisch ähnlichen Gefilden, indem es mit dem aufpeitschenden „In dunklen Wassern brennt ein Licht“ die unmittelbare Flucht nach vorne antritt. Auf die omnipräsenten Melodic Death Metal-Strukturen baut auch „Loreley“ auf, das mit Tempowechseln, etwas Rock-Attitüde und verspielter Gitarrenarbeit besticht, bevor es in einem leisen Outro voller Resignation das Handtuch wirft. Tatsächlich sind die fünf Songs der EP etwas experimentierfreudiger ausgefallen, was uns rückblickend betrachtet aber gar nicht so sehr überrascht.

Der Drang zum Neuen ist fest in der DNA CALLEJONs verankert

In nahezu zwei Dekaden Bandgeschichte haben CALLEJON ja immerhin von Hip-Hop-Cover bis Industrial in nahezu jedes erdenkliche Genre reingeschnuppert; der Drang zum Neuen ist augenscheinlich fest in der DNA der Gruppe verankert. Diese Veranlagung machte sich seinerzeit eher schleichend bemerkbar, wenn sich beispielsweise „Spiel mir das Lied vom Leben“ kurzzeitig auf leise Töne und Synth-Beat besinnt. Dass uns vieles davon in der „Retrospektive“ nun wie Schuppen von den Augen fällt, liegt gleichsam in der Natur der Sache: Der Blick zurück eröffnet uns ja in der Regel auch neue Perspektiven sowie die Möglichkeit, die zurückliegenden Etappen in einem anderen Licht zu sehen – und im Fall von CALLEJON gerade deshalb neu schätzen zu lernen.

Veröffentlichungstermin: 19.11.2021

Spielzeit: 28:45 / 21:25

Line-Up 2021

Bastian Sobtzick – Vocals
Bernhard Horn – Gitarre
Christoph Koterzina – Gitarre
Thorsten Becker – Bass
Maximilian Kotzmann – Drums

Line-Up „Willkommen im Beerdingungscafé“ (2006):

Bastian „BastiBasti“ Sobtzick – Gesang
Bernhard Horn – Gitarre
Stefan Vohberger – Gitarre
Frank Walther – Bass
Sven Wasel – Schlagzeug

Label: Warner Music

Homepage: https://www.callejon.de/
Facebook: https://www.facebook.com/callejon

CALLEJON “Retrospektive” Tracklist

CD1 – “Willkommen im Beerdigungscafé”

1. Eingang
2. Es Regnet
3. Erkenntnis
4. Bitter Macht Lustig
5. 1000 Winter Fauler Tau
6. Love Sucks
7. Snake Mountain (Audio bei YouTube)
8. Astronaut
9. Mirage
10. Und Die Sterne Sagen: Es Werde Licht
11. 22 Teile

CD2 – “Fauler Zauber Dunkelherz”

1. Intro
2. In Dunklen Wasser Brennt Ein Licht
3. Loreley
4. Mein Kopf So Leer, Die Welt So Voll
5. Spiel Mir Das Lied Vom Leben
6. Wo Ist Die Erde, Die Mich Trägt?!

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