Sind wir ehrlich: Das Korsett war eigentlich schon immer zu eng. Konsequenterweise lassen AVRALIZE den Modern Metalcore mit ihrem Zweitwerk hinter sich, um sich gänzlich all jenen Einflüssen zu öffnen, die schon auf „Freaks“ (2024) regelmäßig den Weg in den aufpeitschenden Bandsound gefunden haben. Ein bisschen 80er, ein bisschen Funk, eine wenig Pop-Appeal vermengt schon „Medicine“ zum Auftakt, wobei sich gerade in der Gitarrenarbeit immer eine gewisse Unbeschwertheit durch die Kompositionen des Quartetts zieht.
Im zeitgenössischen Alternative Metal fühlen sich AVRALIZE wie zu Hause, könnte man auch ganz ungeniert feststellen. Das zieht sich durch tanzbare Rhythmik, wie sie „Wanderlust“ auftischt, aber auch das abgezockt groovende „Cyanide“ und das softe „Close To You“ mit seiner dezent angeproggten Gitarre sprengen einstige Genre-Ketten.
Trotz Ideenvielfalt und musikalischer Farbexplosion legen AVRALIZE großen Wert auf eingängige Muster
Ob nun aber im Ersteren der Indie-Einschlag angedeutet wird oder sich „Upside Down“ irgendwo zwischen BRING ME THE HORIZON und Djent-Rock einnistet, scheint nebensächlich. Schließlich legen AVRALIZE trotz Ideenvielfalt und musikalischer Farbexplosion großen Wert auf eingängige Muster. Stillstehen ist angesichts des belebenden Stilmix tatsächlicher leichter gesagt als getan – obwohl uns die eine oder andere Gesangslinie durchaus bekannt vorkommt.
Was dem unbeschwert anmutenden „Liminal“ allerdings abhandenkommt, ist der unbändige Drive des Debütalbums: Abseits vereinzelter härter Breaks ziehen AVRALIZE eigentlich nur mit „Helium“ die Daumenschrauben ein wenig an, wobei selbst hier der Refrain in melodische Muster zurückfällt. Dadurch leidet unweigerlich auch die Spannungskurve, da dem kauzigen bis lebensfrohen Ansatz auf Albumlänge das passende Gegengewicht fehlt.
„Liminal“ genießt die musikalische Freiheit, zeigt aber auch eine Band auf der Suche nach ihrem endgültigen Platz
Mehr als die klug gesetzten Eruptionen in „Like A Boomerang“ sind diesmal nicht drin, was letztendlich zulasten der Langzeit-Faszination geht. Das einstige Korsett schnürt AVRALIZE nun nicht mehr ein, doch die neu gewonnene Freiheit kommt auch mit ihren eigenen Herausforderungen: Wo die Suche nach dem eigenen Sound die Band hinführen wird, ist eine Frage, die das sonst gelungene „Liminal“ noch nicht zufriedenstellend beantworten kann.
Veröffentlichungstermin: 14.11.2025
Spielzeit: 38:02
Line-Up
Severin Sailer | Vocals
Philipp Tenberken | Guitar
Valentin Noack | Bass
Bastian Gölz | Drums
Produziert von Bastian Gölz und Manuel Renner
Label: Arising Empire
Homepage: https://avralize.com/
Facebook: https://www.facebook.com/avralizemusic
Instagram: https://www.instagram.com/avralizemusic
AVRALIZE “Liminal” Tracklist
01. medicine (Video bei YouTube)
02. nothing here feels real
03. wanderlust (Video bei YouTube)
04. open space
05. close to you (Video bei YouTube)
06. cyanide
07. childhood
08. liminal (Video bei YouTube)
09. bite my tongue (Video bei YouTube)
10. helium (Video bei YouTube)
11. spinning round and round
12. upside down (Video bei YouTube)
13. like a boomerang
14. fading faster