„We only ever love you when you’re seeing red.” Nicht heavy und nicht aggressiv genug? Souverän war der Disstrack gegen die eigene Fangemeinde im Vorfeld nicht, zumal ARCHITECTS bei aller Dünnhäutigkeit mit etwas Abstand selbst einräumten, dass das unausgegorene „The Classic Symptoms Of A Broken Spirit“ (2022) nicht ihren Standards entsprochen hatte. Die Lehre aus dem Fehltritt? Die Briten holen sich mit Jordan Fish (ex-BRING ME THE HORIZON) einen Produzenten ins Boot, der die Spielregeln des modernen Metal(core)s bis ins feinste Detail verinnerlicht hat.
Für das zuletzt etwas ziellos agierende Quartett erweist sich die Kollaboration schnell als Glücksgriff, denn was Fish mitbringt, ist Songwriting-Expertise von Arena-Format. Insbesondere die Gesangslinien und Refrains erfahren auf „The Sky, The Earth & All Between“ eine neue Wertigkeit, gehen endlich gut ins Ohr und runden die zwölf Stücke entsprechend ab. Erkaufen müssen ARCHITECTS diese leichte Kurskorrektur allerdings mit einem gewichtigen, wenn auch kalkulierten Preis.
„The Sky, The Earth & All Between“ bietet stilistische Vielfalt, aber wenig Originalität
Was nach der Trennung von Gitarrist Josh Middleton (SYLOSIS) nun gänzlich auf der Strecke bleibt, ist die eigene Identität: Die Handschrift des neuen Produzenten ist nicht nur in den Synthesizern klar zu vernehmen, auch die Gesangslinien erinnern immer wieder an dessen Arbeit. Besonders deutlich wird das im Alt-Rock-Stück „Everything Ends“, das glatt als B-Seite auf BRING ME THE HORIZONs „That’s The Spirit“ (2015) hätte stehen können. Das Problem an dieser Nähe ist jedoch die Vorhersehbarkeit der Kompositionen: Während die Landsmänner ihre Stücke in der Regel mittels unerwarteter Elemente kreativ halten, folgen ARCHITECTS einem sorgfältig erschlossenen Pfad.
Selbiger bietet immerhin eine große stilistische Vielfalt, wenngleich die Referenzen ARCHITECTS zu oft in den Schatten anderer Künstler drängen. Für das groovende „Whiplash“ bedient sich das Hauptriff zu offensichtlich an Mick Gordons „The Only Thing They Fear Is You“ („DOOM Eternal“-OST), wohingegen sich „Evil Eyes“ in positiver Weise von DEFTONES inspiriert zeigt. In eine ähnliche Kerbe schlägt „Judgement Day“ mit seinem montonen Industrial-Riffing. Frontmann Sam Carter harmoniert hier gut mit Gastsängerin Amira Elfeky, die aber beide kaum gegen die platten Lyrics ankommen.
Zwischendurch finden ARCHITECTS sogar ihre verloren geglaubte Dringlichkeit wieder
Während „The Sky, The Earth & All Between” textlich in jeder Hinsicht ausbaufähig ist, zeigt Carter eine seiner vielseitigsten Leistungen am Mikrofon. Die charakteristischen Pitched Screams der 2010er Jahre hat der Sänger zwar gänzlich ad acta gelegt, dafür sorgen tiefe Growls für neue Facetten im anderen Extrem. Auch den Klargesang gestaltet der Fronter so vielseitig wie nie, obschon selbiger durch die massive Post-Produktion selten natürlich wirkt.
Das ist schade, entspricht aber dem modernen Gesamtsound, den ARCHITECTS ins Auge gefasst haben. Ein Ziel, das sie mit Leichtigkeit erreichen und sogar mit zwei der besten Songs der letzten sechs Jahre krönen: „Blackhole“ ist ein schnörkelloser, doch perfekt inszenierter Genre-Hit, dem der dynamische Opener „Elegy“ mit seinen geschickt platzierten Eruptionen in Nichts nachsteht. Gift und Galle wiederum spuckt das hardcore-punkige „Brain Dead“, wo HOUSE OF PROTECTION als Gastfeature eine Dringlichkeit mitbringen, die wir schon lange nicht mehr mit ARCHITECTS assoziiert hatten.
Generisch, aber trotzdem gelungen: ARCHITECTS machen mit „The Sky, The Earth & All Between“ einen Schritt in die richtige Richtung
Diesen Biss tauscht die Gruppe zwischendurch gegen Gefühl ein, indem etwa „Broken Mirror“ einen Ausflug in den Alternative Rock wagt. Hier und in der seichten Pop-Ballade „Chandelier“ verliert sich die Platte allerdings kurzzeitig in der Beliebigkeit und kehrt so den großen Knackpunkt des elften Studiowerks hervor.
Bei aller Klasse – und „The Sky, The Earth & All Between” ist tatsächlich ein gutes bis sehr gutes Genre-Album – präsentieren sich ARCHITECTS im Jahr 2025 oftmals eher als Modern-Metal-Derivat denn als die Innovatoren, die sie einst waren. Das ist beileibe keine Schande und in der Endqualität mehr als achtbar, verlangt jedoch auch einen souveränen Umgang mit Kritik.
Nicht unbedingt die fehlende Härte beklagte ein lauter Teil der alteingesessenen Fangemeinde, sondern die mangelnde Kreativität, insbesondere im Bereich der Gitarren. Nicht alles davon rückt „The Sky, The Earth & All Between” gerade, ein Schritt in die richtige Richtung dieser neuen Ära ist es in seiner Gesamtheit aber allemal.
Veröffentlichungstermin: 28.02.2025
Spielzeit: 41:50
Line-Up
Sam Carter – Vocals
Adam Christianson – Gitarre
Alex „Ali“ Dean – Bass, Keyboards, Drum Pad
Dan Searle – Drums
Produziert von Jordan Fish und Dan Searle („Seeing Red“); Zakk Cervini (Mix und Mastering)
Label: Epitaph Records
Homepage: https://www.architectsofficial.com/
Facebook: https://www.facebook.com/architectsuk/
Instagram: https://www.instagram.com/architects/
Bandcamp: https://architects.bandcamp.com/
ARCHITECTS “The Sky, The Earth & All Between” Tracklist
1. Elegy
2.Whiplash (Video bei YouTube)
3. Blackhole (Video & Stream)
4. Everything Ends (Audio bei YouTube)
5. Brain Dead (feat. House of Protection) (Video bei YouTube)
6. Evil Eyes
7. Landmines
8. Judgement Day (feat. Amira Elfeky)
9. Broken Mirror
10. Curse (Visualizer bei YouTube)
11. Seeing Red (Video bei YouTube)
12. Chandelier