Das Artwork von "Allt - From The New World"

ALLT: From The New World

ALLT verleihen „From The New World“ einen schwer zu fassenden, weitläufigen Charakter: wodurch das vielschichtige Progressive Metalcore-Debüt Spannung schürt.

In Hideo Kojimas eigenwilligem Videospiel-Blockbuster „Death Stranding“ (2019) versucht der wortkarge Paketträger Sam Port Bridges (Norman Reedus) die Zivilisation nach dem titelgebenden apokalyptischen Ereignis Stück für Stück wieder aufzubauen. Neben Botengängen ist es die zwischenmenschliche Bindung, die im Zentrum des Unterfangens steht: Durch digitale Vernetzung, aber auch durch Kooperation und gegenseitige Hilfe entdeckt eine zersplitterte Nation den Wert des Miteinanders neu.

Eine ähnliche Überlegung stellen ALLT auf ihrem Full-Length-Debüt „From The New World“ an, wo eine aus den Fugen geratene Welt ähnliche philosophische Fragen aufwirft. Gibt es nach dem Untergang unserer Gesellschaft noch Raum für Sentimentalitäten? Wie, falls überhaupt, können zwischenmenschliche Bande in dieser unwirtlichen Umgebung gedeihen?

Die Kulisse, die ALLT zeichnen, ist zuvorderst lebensfeindlich, doch auch vielschichtig

Die Antworten suchen die Schweden in kompakten 35 Minuten, die jedoch reicher an Atmosphäre kaum sein könnten. Modern und progressiv ist der Ansatz des Quintetts fraglos, profitiert dabei auch von der transparenten Produktion Buster Odeholms (HUMANITY’S LAST BREATH), welche die zahlreichen Ebenen aus Synthesizern und klassischem Rock-Instrumentarium greifbar macht. Kalt und unnahbar wirkt das Fundament aus Schlagzeug und Bass indes nicht ohne Grund: Die Kulisse, welche ALLT zeichnen, ist nunmal zuvorderst karg und lebensfeindlich.

Darüber wabern, donnern und kriechen mal unheilvolle, mal ätherische Synth-Spuren, zu denen sich oft akzentuierte Gitarrenleads gesellen. Reflektiert, erhaben und nicht selten bedrückend klingt diese Umsetzung der Postapokalypse, welcher Sänger Robin Malmgren die menschliche Komponente zur Seite stellt. Variabel und stimmgewaltig balanciert der Frontmann bitterböses Growling mit verzweifelten Screams, streut zwischendurch sogar einfühlsamen Klargesang ein. Hierin spiegelt sich die harsche Realität, doch auch das Verlangen nach Bindung, wenn man so will – eine Hoffnung, die so einige Rückschläge verkraften muss, wie die oft massiven Breakdowns in Stücken wie „The Orphan Breed“ nahelegen.

ALLT verleihen „From The New World“ einen schwer zu fassenden, weitläufigen Charakter

„Remnant“ entfaltet dieses Klangbild in ähnlicher Weise, wie es SILENT PLANET in den atmosphärischen Augenblicken von „SUPERBLOOM“ (2023) tun, während stimmlich in den hohen Passagen gar CURRENTS oder ARCHITECTS zu „Lost Forever // Lost Together“-Zeiten (2014) ihre Duftmarken hinterlassen haben. Die progressive Natur ihres Songwritings untermauern ALLT sodann mit Djent-Einsprengseln in „Memory Of Light“ sowie „Aquila“, erlauben den einzelnen Instrumentalspuren allerdings selbst hier, sich in aller Regelmäßigkeit zurückzuziehen. Dadurch erhält „From The New World“ seinen schwer zu fassenden, weitläufigen Charakter: Von zermalmender Zerstörungswut bis hin zu melancholischem Alternative Rock in „Echoes“ reicht das Spektrum, wobei natürlich selbst jenes nicht ohne härtere Eruptionen auskommt.

Dass nach dem starken Final-Doppel „Ephemeral“ und „Cycles“ die Höhepunkte der Platte schwer mittels konkreter Tracks zu benennen sind, ist eigentlich nur folgerichtig. Es geht schließlich um die Verbindung, um ein Gefühl der Zugehörigkeit. So wie die einzelnen Stücke ineinanderfließen, gestaltet sich auch das Sehnen nach Wiedervereinigung in der „neuen Welt“. So wie Sam Porter Bridges in „Death Stranding“ gemeinsam mit Millionen anderer Boten die zersplitterte Gesellschaft durch Brücken, Leitern und restaurierte Straßennetze schrittweise zueinander führen sucht, knüpfen ALLT diese Bindungen mithilfe ihrer lückenlosen Soundscapes. Nur einen nagenden Zweifel lassen die Skandinavier bis zuletzt bestehen: Wie viel von dieser ersehnten Zukunft tatsächlich greifbar ist, erfahren wir nicht mehr. Lediglich diese leise Ahnung beschleicht uns mit den letzten Klängen, dass es für den Wiederaufbau möglicherweise doch zu spät sein könnte.

Veröffentlichungstermin: 04.10.2024

Spielzeit: 34:52

Line-Up

Robin Malmgren – Vocals
Olle Nordström – Guitar
Adam Björk – Drums
Viktor Florman – Guitar
Samuel Mills – Bass

Produziert von ALLT, Buster Odeholm und James Carey

Label: Century Media

Homepage: https://alltband.com
Facebook: https://www.facebook.com/alltofficial/
Instagram: https://www.instagram.com/alltband
Bandcamp: https://allt.bandcamp.com

ALLT “From The New World” Tracklist

1. A Flash of Light
2. Remnant (Video bei YouTube)
3. Aquila (Video bei YouTube)
4. Memory of Light
5. Echoes (Video bei YouTube)
6. The Orphan Breed (Video bei YouTube)
7. Dissect Yourself
8. Emanate (Video bei YouTube)
9. Ephemeral
10. Cycles