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TIDAL: Abraxas

Was mit einem Filmzitat und ein paar Tappingetüden beginnt, wächst sich flott zu einem Postrock-meets-NEUROSIS-Gemisch aus, das durchaus chemische Ähnlichkeiten zu Nitro-meets-Glyzerin besitzt.

Was mit einem Filmzitat und ein paar Tappingetüden beginnt, wächst sich flott zu einem Postrock-meets-NEUROSIS-Gemisch aus, das durchaus chemische Ähnlichkeiten zu Nitro-meets-Glyzerin besitzt. Voller Verzweiflung schreit sich Sänger Boris den Frust vom Leibe, um dann mit der Band kurz darauf gemäß dem Bandnamen in ruhigere Gewässer zu schippern. Doch prompt kommt eine wüste Bö heran und lenkt das Bandschiff wieder in aggressivere, psychotischere Richtungen. Jawohl, Richtungen im Plural, denn zu fast schon Seventies-lastigen Gitarren und rockigen Drums gesellen sich Gebrüll und plötzliche schräge Soloeinlagen, die jedoch schon wieder in ihrem Wechselspiel eine Beziehung zu den Siebziger-Einflüssen aufbauen. Man merkt, TIDAL darf man sich nicht nur halbherzig widmen, sonst entgehen einem die unter dem Lärm verborgenen Strukturen, zumal hier auch das von NEUROSIS her bekannte destruktive Schema beim Umgang mit verschiedenen Konventionen im Songwriting nicht greift. TIDAL verlassen sich auf ihr eigenes Händchen beim Spannungsaufbau und müssen nicht ausgiebig die Dynamik von einem Extrem ins andere übergehen lassen, sondern favorisieren eher die plötzlichen Stimmungsumschwünge. Bei „Seifenblasen“ beispielsweise zerplatzt die aufgebaute Aggressivität der ersten Takte, um Platz zu machen für eine Perversion osteuropäischer Folklore, wie man es in etwa von SYSTEM OF A DOWN her kennt, nur dass bei denen nie ein ernster Fusionpart und ein hypnotisch-kaputter Hymnenrefrainversatzstück auf dem Fuße folgen. In Sicherheit wiegen darf man sich zu keinem Moment von „Abraxas“. Stets lauert der nächste Stollentroll hinter jeder Ecke, der den Song in eine komplett andere Richtung gehen lässt und sich dabei diebisch freut. Selbst so ungewöhnliche Einflüsse wie GOETHES ERBEN scheinen in Parts wie dem von Cello untermalten Beginn von „Apocalypse Now!“ durch. Soweit also alles im giftgrünen Bereich für alle Freunde gepflegten Lärms, und auch die zur Hälfte in Deutsch gehaltenen Texte erweisen sich nach anfänglicher Irritation als durchaus eigenständig und lesens- bzw. hörenswert. Einzig der hohe Suchtfaktor und die brachiale, bannende Intensität von NEUROSIS werden nicht erreicht, dazu mangelt es der Band noch an dem Gespür für die letzten Arrangementfeinheiten, die aus einem geilen Song einen dauerhaft geilen Song machen.

Bandkontakt:

Christian Späth

Justus-Liebig-Weg 7

72108 Rottenburg

Veröffentlichungstermin: 05.04.2004

Spielzeit: 46:56 Min.

Line-Up:
Boris Mauch – Gesang

Patrick Hespelt – Bass

Fabian Schaller – Gitarre

Christian Späth – Gitarre

Julian Breuling – Schlagzeug

Produziert von Ebse Brändle
Label: Incendiary Records

Homepage: http://www.tidal.de

Email: elcol@tidal.de

Tracklist:
Timeout Deluxe

Seifenblasen

Apocalypse Now!

Actor´s Cut

Cada Mono En Su Gira

Some Time, Our Time

Peacemaker

Das Sein und das Nichts Teil 2

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