Es gibt wohl nicht viele Bands, die es sich erlauben können, schon nach nur einem Album eine Live-DVD auf den Markt zu werfen, ohne dafür massive Kritik einstecken zu müssen. Nicht so STREAM OF PASSION: Das Konzert, welches für diese DVD aufgezeichnet wurde, war Teil einer Tour, die bereits im Vorfeld als STREAM OF PASSION featuring AYREON angekündigt wurde – dies alleine sollte Legitimation genug sein für eine Live-DVD der Band, so wie es ja auch schon vor drei Jahren mit dem STAR ONE–Live-Album der Fall war.
Der Konzertmitschnitt, aufgenommen im niederländischen Rijssen, macht selbstverständlich den größten Teil dieser DVD aus. Er liegt im 16:9-Bildformat vor und kann wahlweise im 2.0-Stereosound oder im 5.1-Surroundsound genossen werden, wobei es natürlich auch möglich ist, einzelne Songs anzusteuern. Dazu besteht allerdings keinerlei Notwendigkeit, denn die internationale Truppe um Arjen Lucassen weiß von der ersten bis zur letzten Sekunde zu begeistern mit einer hochkarätigen Setlist und einer technisch perfekten Darbietung. Besonders die Gesangsleistung von Marcela Bovio ist lobend zu erwähnen, denn die Mexikanerin schafft es, nicht nur die eigenen Songs makellos rüberzubringen, sondern meistert auch die schwierige Aufgabe, die in der Setlist befindlichen, teils auf andere Sängerinnen oder gar Sänger zugeschnittenen AYREON-Songs zu interpretieren, sehr souverän. Unterstützt wird sie dabei von ihrer kleinen Schwester, die als Backgroundsängerin fungiert, neben den zweiten Stimmen aber auch hin und wieder in den AYREON-Songs eine eigene Rolle übernimmt. Etwas verwunderlich ist es dennoch, dass man beim STAR ONE-Stück Songs Of The Ocean auf den anwesenden und später noch zum Einsatz kommenden Damian Wilson verzichtet, der schließlich einer der Originalsänger dieses Songs ist. Sein Auftritt bei The Castle Hall gehört in jedem Fall zu den Highlights der DVD – nicht etwa, weil Marcela Bovio eine schlechte Sängerin wäre, sondern einfach deshalb, weil es doch seinen Reiz hat, diesen Klassiker wenigstens mit einem der Sänger live dargeboten zu bekommen, die man wohl für immer mit dem Into The Electric Castle-Album verbinden wird, wenn ihre Namen fallen.
So musikalisch perfekt die Show ist, so sympathisch wirken die Musiker auch: Marcela etwa versucht sich zu Beginn des Konzerts nicht nur an niederländischen Ansagen – diese sind übrigens vorbildlich mit englischen Untertiteln versehen -, sondern mosht auch, wenn sie nicht gerade singt oder Geige spielt, mit dem überaus agilen Bassisten Johan van Stratum um die Wette. Es ist also viel Bewegung auf der Bühne – einzig Arjen Lucassen, der ja bei den STREAM OF PASSION-Songs nur die Rhythmusgitarren spielt, hält sich größtenteils im Hintergrund und bildet somit den Ruhepol der Band.
Seinen Reiz erhält eine Live-DVD natürlich auch durch Bildqualität. Die Lichtshow ist im vorliegenden Fall zwar stimmungsvoll, die Ausleuchtung der Bühne ist dabei allerdings manchmal etwas schwach, so dass die Musiker etwas zu oft im Dunkeln stehen. Da hat man von anderen Bands schon bessere und auch kontrastreichere Konzertaufnahmen gesehen. Auch in Sachen Kameraführung und Schnitt ist Live In The Real World nur gut, aber nicht exzellent: Wirklich nah an die Musiker heran gehen die Kameras etwas zu selten, und teilweise gibt es zu schnelle Schnitte. Das sind aber Kritikpunkte, die den Genuss der DVD nur marginal schmälern und deshalb nicht zu stark gewichtet werden sollten. Außerdem wird man im Gegenzug mit einer hervorragenden Soundqualität entschädigt. Der Klang ist enorm druckvoll und transparent – würde man nicht die Besucher hören, die sich zwischen den Songs lautstark bemerkbar machen, würde man kaum merken, dass es sich um eine Live-Aufnahme handelt.
Wer nicht allein wegen des tollen Konzertmitschnitts gewillt ist, die DVD zu erwerben, wird wohl auch durch das Bonusmaterial keine weiteren Anreize erhalten. Die Fotogallerie besteht größtenteils aus Schnappschüssen, die backstage gemacht wurden. Das ist zwar ganz nett und hat auch einen gewissen Charme, ist aber fototechnisch nicht unbedingt überzeugend. Das Ganze erinnert an ein privates Fotoalbum mit Erinnerungen an die Tour, professionelle Porträts oder Konzertfotos gibt es hier so gut wie nicht zu bestaunen. Der ungefähr fünfzehnminütige Behind the Scenes-Beitrag ist auch eher unspektakulär. Eine Nightliner-Führung haben fleißige Live-DVD-Käufer wohl schon oft genug mitgemacht, und so groß unterscheiden sich die Tourbusse nun einmal nicht voneinander, dass auch beim x-ten Mal noch Spannung aufkäme. Wie wäre es stattdessen mal mit einem ausführlichen und tiefgründigen Interview mit den Musikern? Der Videoclip zu Out In The Real World und das dazugehörige Making-Of sind leider auch nur nett, aber nicht essenziell.
Auch wenn das Bonusmaterial wenig attraktiv erscheint, ist Live In The Real World immer noch eine DVD, die man als Fan von STREAM OF PASSION und AYREON ruhigen Gewissens kaufen kann, insbesondere dann, wenn man die Auftritte der Tour verpasst hat.
Veröffentlichungstermin: 16.06.2006
Spielzeit: 140 Min.
Line-Up:
Marcela Bovio – lead vocals and violin
Alejandro Millán – piano, strings and vocals
Lori Linstruth – guitar
Arjen Lucassen – guitar and vocals
Johan van Stratum – bass guitar
Davy Mickers – drums
Gäste:
Diana Bovio – backing vocals
Damian Wilson – vocals
Produziert von Arjen Lucassen
Label: InsideOut Music
Homepage: http://www.streamofpassion.com
Tracklist:
1. Intro
2. Spellbound
3. Passion
4. Waracle
5. Wherever You Are
6. Computer Eyes
7. Calliopeia
8. Valley Of The Queens
9. Haunted
10. The Charm Of The Seer
11. Deceiver/Songs Of The Ocean
12. Day One: Vigil
13. Day Three: Pain
14. Nostalgia
15. Out In The Real World
16. Castle Hall
17. Into The Black Hole
18. When The Levee Breaks
19. Day Eleven: Love
Extras:
Behind The Scenes
Photo Gallery
Video Clip: Out In The Real World
Making of the Video Clip
Tour Diary