MATRIOSHKI: Staffel 1 [3 DVD]

 Belgische Mädchennepper, -schlepper, -fänger bei der Arbeit in zehn Episoden.

Die eine oder andere Matrioshka hat bestimmt auch deine Mutter in einer Vitrine stehen, und sogar ich habe eine, mit Sponge Bob-Motiv, ein Mitbringsel eines Freundes aus St. Petersburg. Das einzige, was der Titel dieser belgischen Serie mit den kleinen Holzfiguren zu tun hat, ist dass die Hauptpersonen eben das in der Rübe haben. Okay, und die Verbindung mit Russland eventuell. Eigentlich sollte ich nach der letzten Episode von MATRIOSHKI bestürzt und verbittert sein, aber ich bin so sehr auf Schmerzmittel dank einer kürzlichen Operation, dass mir diese Krimiserie dann doch nichts ausmacht, sogar ein bisschen kalt lässt. Dabei erröten die Wangen schon, wenn man nur die Inhaltsangabe des 3-DVD-Sets liest. Prostitution! Zum Sex gezwungene Mädchen aus Osteuropa in der Hölle Antwerpens! But you promised only strip! Ganz so lächerlich ist diese Serie, bei der Unterhaltung größer geschrieben wird, als Aufklärung, dann doch nicht. Anhand der Schicksale von zehn jungen Frauen zeigt die Serie, welch langer und schrecklicher Leidensweg die Opfer erwartet, verspricht die DVD vollmundig.

Raymond van Mechelen und Mark Camps heuern in Litauen, Weißrussland und Russland einen Typen namens Arnas an, der ihnen Mädchen als Tänzerinnen für ihre Diskotheken besorgen soll. Es folgt ein Casting, sowie ein Knebelvertrag auf griechisch, den niemand übersetzen oder verstehen kann, natürlich nur, weil die Tanztour der Horde naiver Dummerchens auf Zypern beginnt. Noch bevor es aus Vilnius, wo das ganze Jahr lang Winter herrscht, und wo es nur Slums gibt, in Richtung Süden geht, verschwindet ein Mädchen, das unangenehme Fragen gestellt hat, spurlos. In einen Müllcontainer. Auf Zypern merken auch die restlichen Mädchen, dass nicht alles eitel Sonnenschein ist, da der dortige Nachtclubbesitzer ein irrer Verbrecher ist und das einzige mollige Mädchen gleich demonstrativ halbtot schlägt. Pariert wird! Schließlich in Belgien angekommen, macht Ray gleich klar, wo es lang geht. Es wird nicht nur getanzt, es wird gestrippt, und wenn sich die Kunden an ihnen erleichtern wollen, darf es auch so sein. You want to make money? Well, then you´ll fuck!

Der Clan der Mädchenhändler, der den Club Studio 69 (hihihi) unter sich hat, wird mit den üblichen Verstrickungen und Intrigen betrieben. Da kann es schon passieren, dass eine Russin mal mehr wird als nur eine Tänzerin und bei Ray, der teilweise erschreckend menschliche Züge aufweist, in die Wohnung einzieht. Der Big Boss, John Dockx will sich aus dem Geschäft zurück ziehen und seinem Neffen Ray die Verantwortung übergeben, was den Sohn Vincent Dockx, der sich als rechtmäßigen Erben ansieht, gar nicht passt. Warum John seinem Sohn die Verantwortung nicht übergeben will? Dieser ist ein irrer Psychopath und Sadist und hat weder sein Gemächt, noch seine Fäuste und Waffen unter Kontrolle. Im Studio 69 halten sich noch der schmierige, korrupte Geschäftsführer Eddy, sowie der gutmütige Türsteher Danny auf, der aber doch ein weiches Herz unter der brutalen Verbrechervisage hat und versucht, den Mädchen auch mal was durchgehen zu lassen, zum Beispiel mal auf die Straße gehen ohne Begleitschutz. Dann gibt es noch Mini-Zuhälter Jan Verplancke, der eine Werkstatt leitet, die John Dockx gehört und mit seinem gehörigen Arschlochverhalten derart opportunistisch agiert, dass keiner ihn leiden kann, aber jeder ihn braucht. Zur Verbrecherbande gehört auch der Polizeibeamte Clem, der knietief in dieser Scheiße mit drin steckt. Der einzige, der in diesem Wespennest aus Korruption und Prostitution stochert ist der Journalist Nico Maes, dem seine Neugier aber bald zum Verhängnis wird. 

Die osteuropäischen Girls lassen den Zickenkrieg aber auch ordentlich krachen. Keine von ihnen reißt sich von Anfang an darum, prostituiert zu werden, der einen gelingt es besser sich dem Schicksal der Käuflichkeit abzufinden, die andere übergibt sich schon mal auf einem Freier, oder fällt in ein Wachkoma. Untereinander gibt es viele Verstrickungen, Charakterwechsel, da aber die freundlichen Herren in ihren Nadelstreifensakkos deutlich im Vordergrund stehen, und nicht die Mädchen, bleiben die meisten Charaktere recht blass. Dafür haben einige der Mädchen auch Schlüsselrollen und können mehr als nur ihre blanken Brüste zeigen und sich um ihre Stangen drehen. Von Kalinka wird behauptet, sie sei intrigant; sie wird daher ausgegrenzt und versucht somit besonders ihren Schwestern im Geiste zu helfen, um das Gegenteil zu beweisen. Die erst siebzehnjährige Luna wird brutal von einem Freier vergewaltigt und zerbricht völlig daran. Daria und Inesa aus Vilnius sind Freundinnen, die eine bleibt jedoch ein anständiges Mädchen, die andere wird fügt sich ihrem Schicksal und die rothaarige Deborah kommt sogar richtig auf den Geschmack der Kundenzufriedenheit.

Dass MATRIOSHKI den Preis als bestes TV-Programm 2005 von den flämischen Radio- und TV-Kritikern eingeheimst hat, lässt vermuten, dass es nicht besonders viele Serien in Belgien pro Jahr gibt. Zwar ist den Machern Guy Goossens und Marc Punt eine relativ gut durchdachte und spannende Geschichte gelungen, aber mit der Realität hat das wohl nichts zu tun. Zu viel zuschauerwirksame Dramatik und Gewalt fließt in MATRIOSHKI ein, zu viel Serienschnickschnack. Außerdem gibt es in der Story ein paar grobe Fehler. Beispiel gefällig? Sechs der Mädchen sollen an ein Bordell in Holland verkauft werden. Der Deal platzt, dem dortigen Boss wird ins Gemächt geschossen, Story vorbei. Hat das kein Nachspiel? Vielleicht weil zwischen Belgien und Holland eine Grenze verläuft? Ich bitte euch! Immerhin, Peter van den Begin als Ray van Mechelen, Tom van Dyck als psychotischer Vincent Dockx, Evgenia Hirivskaya als aufbrausender Kalinka und Axel Daeseleire als falscher Fünfziger Jan Verplancke liefern gute, glaubhafte Darstellungen ihrer Rollen ab. Kamera, Schnitt und Regie sind recht unspektakulär, ebenso der Soundtrack von David Julyan, der dank seiner Nolan-Erfahrung eigentlich mehr drauf hat. Immerhin, der Titelsong von den SNEAKER PIMPS passt gut zur Serie.

Wenn ich über das bestürzende Schicksal zwangsprosituierter Russinnen informiert werden will, schaue ich selbstverständlich keine UNTERHALTUNGS-Serie, das gilt auch für MATRIOSHKI. Ob das Etikett der Aufklärung nun ein schlechter Scherz ist oder nur von mangelhafter Selbsteinschätzung der Macher zeugt, sei dahin gestellt. Die Freigabe FSK 18 ist hier übrigens nicht nachvollziehbar, zumindest für Leute, die belgische Produktionen wie Ex-Drummer mit seiner Freigabe ab 16 Jahren gesehen haben. Gut, hier wackeln Brüste, es gibt angedeuteten Geschlechtsverkehr, aber keine Hardcore-Szenen. Und gerade hier muss den Machern zugute gehalten werden, dass der Sex in der Serie nie voyeuristisch eingesetzt wird. Nur die erste DVD mit vier Episoden hat übrigens die Freigabe FSK 18, die beiden anderen DVDs mit den restlichen Folgen hat die Freigabe FSK 16, wobei hier groteskerweise deutlich mehr Blut fließt und mehr Haut und Körperkontakt gezeigt wird.

Gelandet ist das 2004 gedrehte MATRIOSHKI schließlich auf dem Spartensender RTL Crime, wo allerhand verzichtbarer Kram läuft. Dieses Prädikat erlangt MATRIOSHKI allerdings nicht. Wenigstens semirealistisch und spannend, wenn auch teilweise recht hölzern ist diese Serie, die in der DVD-Version, dank recht matten Bild und ohne Extras, geschweige denn Originaltonspur, recht lieblos ausgefallen ist. Die zweite Staffel wurde übrigens drei Jahre später produziert und ist bisher noch nicht erschienen. Wer sich gerne schockieren lassen mag und von den ganzen belanglosen Feierabendkrimiserien den Hut gestrichen voll hat, darf also reinzappen. Nicht vergessen, Authenzität wird hier aber nicht geboten. Viel mehr lautet die Quintessenz: Ob Antwerpen oder Vilnius, überall ist´s gleich scheiße.

Veröffentlichungstermin: 11. Juni 2010

Spielzeit: ca. 450 Min.

Line-Up:

Darsteller: Peter van den Begin – Raymond van Mechelen
Axel Daeselerie – Jan Verplancke
Tom van Dyck – Vincent Dockx
Manou Kersting – Danny Bols
Mark van Eeghem – Mark Camps
Evgenia Hirivskaya – Kalinka
Zemyna Asmontaité – Daria
Indré Jaraité – Inesa
…und viele andere

Marc Punt, Robertas Urbonas – Produzent
Guy Goossens, Marc Punt – Regie
Marc Punt – Drehbuch

 

Bildformat: 16:9
Tonformat: Dolby Digital 2.0 Stereo
Sprache: Deutsch
Format: 2 x DVD 9 / 1 x DVD 5
Ländercode: 0

Label: Edel Motion
MySpace: http://www.matroejskas.be

Tracklist:

Episode 1: Straße der Illusionen
Episode 2: Böses Erwachen
Episode 3: Gefangen im Paradies
Episode 4: Gegen jede Regel
Episode 5: Ausgeflogen
Episode 6: Falsches Spiel
Episode 7: Unter Beobachtung
Episode 8: Machtkämpfe
Episode 9: Nichts geht mehr
Episode 10: Wer erntet den Sturm?

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner