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HERMAN BROOD & HIS WILD ROMANCE: Live At Rockpalast [DVD]

Beide Konzerte sind absolut sehenswert, beim ersten macht die Musik mehr Spaß, bei der zweiten das Zuschauen.

Viele wirkliche Rockstars gab es bisher in den Niederlanden ja nicht, und der wohl bekannteste ist unangefochten HERMAN BROOD. Nicht das man da drüben in den 70ern nichts zu bieten hatte, sehr viele Pop/Disco-Hits bei uns kamen von dort, die auch international angesagten Rocker GOLDEN EARRING, und ab den 80ern ja auch reichlich metallische Acts. Aber der extravagante Rock`n´ Roller steht als Sinnbild für niederländische Rockmusik, der Spruch Sex & Drugs & Rock`n´ Roll war bei HERMAN BROOD & HIS WILD ROMANCE und beim Bandkopf selber besonders passend. Seine musikalischen Erfolge waren nicht von langer Dauer, sein Missbrauch von Drogen und Alkohol umso mehr. Neben kurzen Auftritten auf Theaterbühnen und in Filmen stand er doch mehr für den Maler und Künstler, hauptsächlich in seiner Heimat. Bekannte in Holland haben Bilder von ihm an der Wand, nun ja, wenn man es grell mag… Wie auch immer, der Vater von zwei Töchtern versuchte es irgendwann ohne Drogen, was ihn auch nicht glücklicher machte. Am 11. Juli 2001 sprang er vom Dach des Amsterdamer Hilton Hotel in den Freitod. I don´t feel like it anymore. Maybe I´ll see you around, niemand sollte ihm nachtrauern und lieber eine fette Party feiern, selbst im Abschiedsbrief blieb er sich treu. Nun also gibt es im Rahmen der MIG-Rockpalast-Serie die beiden Konzerte vom 9. September 1978 in der Dortmunder Westfalenhalle und vom 11. Dezember 1990 in der Live Music Hall in Köln.

Die Show 1978 zeigt HERMAN BROOD zu seiner erfolgreichsten Zeit, das zweite Album Shpritsz mit dem größten Hit Saturday Night war groß angesagt. Dem Chef sieht man bereits das heftige Leben an, aber dieser schräge Charme ist es, der ihn ausmacht. Eine große Stimme? Braucht er nicht, mit viel Selbstironie und knackigem Rock`n´Roll weiß er das Publikum zu unterhalten. Coole Rocker wie Doreen, natürlich Saturday Night (selbst jahrelang in einer Bikerrock-Band gespielt) oder das wütende Dope Sucks machen Spaß und Lust, die alten Platten auszugraben. Seine Begleitband zeigt ebenfalls Musiker, die man so auch in dunklen Straßen Amsterdams erwarten würde. Die Kollegen spielen knackig auf, das Konzert versprüht Energie und reichlich Charme Made in Holland, der Bandkopf spielt Keyboards und erzählt seine Geschichten, die eigentlich immer von den dunklen Seiten seines Lebens erzählen. Wird es mal etwas lockerer, dann zwinkert überall pure Selbstironie durch. Ein damals schon ziemlich fertiger Rockstar aus den Niederlanden, der uns an seinem Dilemma, wie er sein Leben gerne nannte, teilhaben lässt. Der Duft von holländischen Rauchkräutern zieht hier aus den Boxen, die Band THE WILD ROMANCE bleibt trotz guter Leistung Beiwerk, da man eh immer auf HERMAN BROOD schaut. Für Fans ist die DVD somit schon ein Pflichtkauf.

Beim Mitschnitt von 1990 ist der Niederländer schon mehr als deutlich gezeichnet von seinem exzessiven Lebenswandel, optisch und auch stimmlich. Auch seine Begleitband lässt erst mal schmunzeln, der Asi-Faktor ist doch recht groß. Wirklich herausragend ist nur Roy Bakker, der mit seinem straighten Drumming den Songs den nötigen Kick gibt. Die Songs sind etwas rock`n´rolliger, weniger Energievoll als in frühen Jahren, haben aber auf andere Art ebenso viel Charme wie die der ersten Show, wobei auch hier natürlich die alten Hits zu finden sind. Dope Sucks, Saturday Night oder Rock`n´Roll Junkie gehörten halt unabwendbar ins HERMAN BROOD & HIS WILD ROMANCE-Programm. Man grüßt mal IGGY POP mit Home, bringt einen Slowblues (The Talkin´), der nach vernebelten Kneipen irgendwo im Rotlichtbezirk von Amsterdam klingt, neben dem ´63er THE CHRISTALS-Hit Da Do Run Run. Beim Frontmann packt man beim Zuschauen immer etwas Mitleid für diesen fertigen Mann mit rein, das alberne sexy Posing des Bassers ist echt krass. Ein weiterer Blickfang sind die beiden Trällerelsen, die man rein optisch auch eher in irgendwelchen niederländischen Schmuddelbars vermuten würde als auf einer Rockbühne. Aber das zieht sich durch die ganze Show: anfangs findet man die Band eher doof, zum Ende hin mag man sie eben genau so, weil sie einfach zu HERMAN BROOD passt. Wenn Blondie zum 60ties-Song It´s You in den Vordergrund tritt, hätte der Boss statt einem kleinen Keyboard einen Flügel, dann würde sie sich sicher darauf räkeln, dann ist das doch irgendwie nett. Brownie hat ihren Soloauftritt dann beim souligen Rock`n´Roller Heatwave, ihre Stimme kommt hier wirklich cool, auch oder eben weil sie einen leichten Schmuddelfaktor mitbringt. So bringt der Song reichlich THE COMMITMENTS-Stimmung mit.

Beide Konzerte sind absolut sehenswert, beim ersten macht die Musik mehr Spaß, bei der zweiten das Zuschauen, weiteres Bonusmaterial gibt es nicht. Das Package gibt es auch als Doppel-CD, aber vor allem für Leute, die HERMAN BROOD & HIS WILD ROMANCE kennen, ist die DVD ein Pflichtkauf. Hier kommt der schmuddelige Touch des Mannes und seiner Begleitband weitaus besser rüber. Aber auch wer auf schlichte, gradlinige Rockmusik mit reichlich Rock`n´Roll drin mag, der sollte auf diesen Weg die Niederländer für sich entdecken können. Schließlich hat der wohl einzige niederländische Rockstar auch ein kleines Stück Rockgeschichte geschrieben, nicht nur in seiner Heimat.

Veröffentlichungstermin: 27.01.2012

Spielzeit: 1:56:34 Min.

Line-Up:
Dortmund 1978:
Herman Brood – Vocals, Keyboard
Danny Lademacher – Guitar
Freddi Cavalli – Bass
Ani Meerman – Drums

Köln 1990:
Herman Brood – Vocals, Keyboard
David Hollestelle jr. – Guitar
Ivo Severijns – Bass
Roy Bakker – Drums
The Bombitas:
Lies Schilp – Backing Vocals
Inge Bothond  – Backing Vocals

Label: MIG Made in Germany Music

Homepage: http://www.hermanbrood.nl

Tracklist:
Westfalenhalle, Dortmund, 1978
1. Hit
2. Pullin´ It All Out
3. Too Slow
4. Street
5. Still Believe
6. Rock `n´ Roll Junkie
7. Lost
8. Waiting For My Man
9. Back In Your Love
10. Saturday Night
11. Doreen
12. Doin´ It
13. Dope Sucks/Hot Talk
14. Turn It On
15. One More Dose
16. Speedo
17. Phony
18. Pop
19. True Fine Mama
20. Prisoners
21. Skid Row
22. Never Enough
23. Last Mile
24. Can´t Stand It

Live Music Hall, Köln 1990
1. Blue Ice Moon
2. Will You Still Love Me Tomorrow
3. It Ain´t The Gun
4. Crackin´ Up
5. It´s You
6. Home
7. Beefin´ It Up
8. Dope Sucks
9. The Talkin´
10. Da Do Run Run
11. Cripple Without You
12. Rock `N´ Roll Junkie
13. What Becomes Of The Broken Hearted
14. Heatwave
15. Cut Me Loose
16. Something Else
17. Legal In Amsterdam
18. Hit

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