PASCOW waren unter dem Titel „Königreiche im Winter“ auf Tour durch Clubs und alternative Zentren, wo die Band bislang noch nie gespielt hatte. Es ging also nicht alleine darum, das aktuelle Album „Sieben“ zu promoten. Zum Abschluss gastierte das Quartett im Kaiserslauterer Kammgarn ganz in der Nähe ihrer Heimat.
WAUMIAU kamen schnell auf den Punk(t).
Der Laden war so gut wie ausverkauft und die Schlange bei den Getränken zog sich durch den gesamten Vorraum. Die Vorband WAUMIAU legte Punkt 20 Uhr los. Das punkige Grundgerüst wurde mit kräftigem, klarem und doch beinahe gebrülltem Gesang ausgeschmückt, der sich über alle möglichen Alltagsaufreger beschwerte. So ging es um lästige Bonus-Karten-Nachfragen an der Supermarktkasse, Sanifair-Bon-Anhäufungen und Nazis. Die meisten Songs kamen nach etwas einer Minute auf den Punkt und waren dann auch bald schon zu Ende. Die Band war erfreulich aktiv auf der Bühne. Der prägnante Sound erntete soliden Applaus, auch wenn sich der Bewegungsradius des Publikums in Grenzen hielt.

Zwischendurch gab es dennoch die etwas zweifelnde Nachfrage, ob man denn schon bereit sei für die Hauptband. Ich hatte da auch so meine Zweifel. War die Mehrheit gekommen, um einfach nur Bier zu trinken und mit dem Fuß etwas mitzuwippen? Nach 18 Songs in einer halben Stunde strömten jedenfalls viele abermals zum Getränkestand, bis als Intro für die Hauptband der Song „Blueprint“ von den RAINBIRDS erklang.
PASCOW verwandeln das Kammgarn in ein Tollhaus.
PASCOW stiegen dann mit „Monde“ vom aktuellen Album ein – und es war, als hätte jemand beim Publikum einen Schalter umgelegt. Es dauerte keine vier Takte, bis der Innenraum zur Hälfte ein Moshpit wurde. Bei der Strophe sang die Hälfte lauthals mit. Und beim Refrain rief dann gefühlt wirklich jeder mit: „Wenn die Städte alle gleich sind, gehen wir nicht mehr hin.“ Es war eine doppelte Überraschung. Die Band drückte mit voller Energie nach vorne und aus dem gemütlichen Beieinanderstehen wurde ein Tollhaus. Sänger Alex bekam Unterstützung von Jennifer (COLLETTI), doch auch zusammen drangen ihre Stimmen kaum durch den geballten Publikumschor.
Es folgte eine musikalische Reise durch die letzten vier Alben. Für die Mehrheit der Anwesenden war es eine Selbstverständlichkeit, jeden Song abzufeiern. Die Band wirkte positiv überrascht, dass die Kammgarn-Premiere sich nicht wie ein vorsichtiges Aneinander-Herantasten anfühlte, sondern wie ein Wiedersehen mit guten Freunden. In den Ansagen klang zwar durch, dass PASCOW auf der laufenden Tour bereits viele neue Eindrücke gesammelt hatten, aber Kaiserslautern liefert nochmals reichlich Gänsehautmomente. Insbesondere „Mailand“ war ein sensationelles Beispiel dafür, dass Punk nicht tot ist und dass PASCOW aktuell zu den besten Vertretern dieser Musikrichtung gehören.

Deutschlands eindringlichste Punkband feierte eine gelungene Kaiserslautern-Premmiere
Ich genoss den Abend in vollen Zügen. Schließlich hatte ich die Band erst vor wenigen Monaten für mich entdeckt, kannte nur ein paar ihrer Alben und erlebte die Musik in ihrer direktesten, pursten Form. Somit waren nicht nur PASCOW das erste Mal im Kammgarn, sondern ich auch das erste Mal bei PASCOW. Die blanken Emotionen, die kauzigen Texte und die unbändige Spielfreude packten mich genau wie den Rest des Publikums. Es war ein rauschendes Fest. Wie schön, dass so etwas auch Jahrzehnte nach dem Erstkontakt mit diesem Musikstil weiterhin möglich ist. Praktisch jeder Song wurde lautstark mitgesungen, während der Fleiß in Strömen floss. Schlagzeuger Ollo und Basser Flo lieferten das energische Fundament für die teils wütenden, teils zornigen, teils sehnsüchtigen Texte, die Alex ins Mikro brüllte. Immer wieder sprang Jennifer auf die Bühne und verlieh den Melodien eine etwas harmonischere Klangfarbe. Einer von vielen Höhepunkten war so „Silberblick & Scherenhände“ vom „Jade„-Album. Freilich agieren PASCOW anno 2025 strukturierter und weniger schrammelig als in der Anfangszeit.
Zwischen den Liedern blieb das Publikum weiter schweigsam. Nur als in einer Ansage beiläufig das Saarland erwähnte wurde, erklangen aus hunderten Kehlen Schmähgesänge über Deutschlands kleinstes Flächenbundesland. Und gegen Ende des Sets stimmten einige Zuschauer „Hamburg“ an. Das nahm die Band zum Anlass, den Song ungeprobt zum Besten zu geben. Auch hier sangen alle mit, selbst ich, der den Song noch gar nicht kannte. Kurz darauf gab es mit „Wunderkind“ eine Verschnaufpause. Jennifer sang den Song alleine und begleitete sich auf der Akustikgitarre. Natürlich war auch hier auf den Pfälzer PAS-Chor Verlass.

Als Zugabe gab es ein weiteres ungeprobtes Stück in Form von „Lauf Forrest, lauf!“. Die Stimmung blieb nahe des Siedepunkts. „Daniel & Hermes“ folgte und besaß einmal mehr eine fesselnde Eindringlichkeit, die nur ganz wenige Bands heraufbeschwören können. „Trampen nach Norden“ war dann der obligatorische, umjubelte Abschluss. Ich kann nur erahnen, wie schwer es der Band fiel, danach die Bühne zu verlassen. In dieser Form würde ich eine Fortsetzung der Tour sofort besuchen. Nur sind PASCOW keine Vollzeit-Band – und wer weiß, wie hoch das Risiko bei solch intensiven Auftritten ist, entweder daran auszubrennen oder irgendwann in eine laue Routine zu verfallen.
Setlist WAUMIAU:
- Bier + Kippen
- Kralall
- Good Vibes Only
- Bullshit Bingo
- Frau Mahlzahn
- Spießrutenlauf
- Düsseldorf kotzt
- Halt die Fresse
- Danke David
- Menstruieren
- Lindner Jugend
- Sterne und Tarot
- Null Komma drei Cent
- Serways To Heaven
- Survival Of The Richest
- Einen Schritt Vorm Abgrund
- Schlachtruf
- Nazis aufs Maul
Setlist PASCOW:
- Monde
- Jade
- Königreiche im Winter
- Die Realität ist schuld, dass ich so bin
- Diene der Party
- Äthiopien die Bombe
- Wenn Mila schläft
- Himmelhunde
- Castle Rock
- Merkel-Jugend
- Tom Blankenship
- 14 Colakracher
- An die Maulwürfe
- Sturm, der durch Erlen zieht
- Mailand
- Spraypaint the Walls
- Hamburg
- Kriegerin
- Wunderkind
- Silberblick & Scherenhände
- Gottes Werk und Teufels Beitrag
- Mond über Moskau
- Too doof too fuck
- Lauf Forrest, lauf! (Zugabe)
- Daniel & Hermes (Zugabe)
- Trampen nach Norden (Zugabe)