Orbit Culture live in München 2025

ORBIT CULTURE, GAEREA, ATLAS: Konzertbericht – Backstage Werk, München – 29.10.2025

Für ORBIT CULTURE könnte es derzeit nicht besser laufen: Nach dem Hansa 39 im Vorjahr ist in München nun sogar das ungleich größere Backstage Werk ausverkauft. Das liegt sicherlich in Teilen auch am angesagten Support GAEREA, angereist ist der überwältigende Teil des Publikums aber dennoch wegen der Schweden, wie wir an diesem Dienstagabend erfahren dürfen.

Ausverkauft. Schon wieder. Der Unterschied: Als ORBIT CULTURE im Frühjahr 2024 zuletzt in der bayerischen Landeshauptstadt haltmachten, traten die Schweden noch in kleinerem Rahmen auf. Schon damals jedoch ging es für das Quartett gerade steil nach oben, weshalb der Sprung vom Hansa 39 ins Backstage Werk trotz mehr als dreifacher Kapazität gar nicht so sehr überrascht. Zumal heute Abend mit GAEREA ein nicht minder angesagter Special Guest im Vorprogramm zu sehen ist. Dass die Portugiesen wiederum auf ein entsprechend vorgewärmtes Publikum treffen dürfen, liegt in den Händen von ATLAS, die zumindest auf dem Papier einen interessanten Stilmix bieten.


ATLAS

Atlas live in München 2025

Gut gefüllt ist es im Backstage Werk allemal, als die Finnen mit „Taivaanranta“ in ihr Set starten. Dabei fällt direkt auf, wie stimmig und durchdacht das Auftreten des Quintetts ausfällt: Aus den dichten Nebelschwaden schälen sich die Silhouetten der Musiker heraus, während tiefe Farbtöne die Atmosphäre untermalen. Eine Menge Kalkül steckt augenscheinlich im Auftreten ATLAS‘, die dadurch aber auch die Natürlichkeit etwas auf der Strecke lassen.

Gerade das Stageacting Patrik Nuortevas wirkt beizeiten etwas überdramatisiert, wobei sich der Sänger grundsätzlich Wohl in seiner Rolle fühlt. Stimmlich zumindest ordentlich, ist es letztlich aber Gitarrist Leevi Luoto (ex-ONE MORNING LEFT), der bleibenden Eindruck hinterlässt, indem er den Stücken durch seinen durchdringenden Klargesang einen grundeigenen Charakter verleiht. Jener ist auch bitter nötig, denn was den selbstbetitelten „Northcore“ ansonsten auszeichnet, geht im Soundwall aus tief gestimmten Gitarren und Djent-Anleihen komplett unter.

Bereits ATLAS dürfen sich zum Abschluss über eine Wall of Death freuen

Atlas live in München 2025

Die atmosphärischen Synthesizer und Ambient-Spuren dringen ebenso wenig zu uns durch wie die Akustikgitarren („Susi“) und gelegentlichen Ethno-Klänge im kurzweiligen „Ukko“. Dass sich ATLAS nach ungewöhnlich langen 40 Minuten mit dem stampfend-groovigen GHOST BRIGADE-Riff von „Uhri“ verabschieden, hat wiederum Methode: Stillstehen kann man hier kaum noch, weshalb sich schon der Anheizer zum Abschluss über eine stattliche Wall of Death freuen darf.

Fotogalerie: ATLAS


GAEREA

Gaerea live in München 2025

Um die Gunst der Zuschauerschaft buhlen müssen GAEREA sicherlich nicht. Das Backstage ist bereits zum Bersten gefüllt, als die portugiesische Extreme-Metal-Band umjubelt empfangen wird. Warum die maskierte Formation derzeit so hoch im Kurs liegt, können wir gut nachvollziehen, schließlich erinnern wir uns selbst gerne noch an den vereinnahmenden Auftritt auf dem diesjährigen SUMMER BREEZE OPEN AIR zurück.

Die gleiche Intensität wie auf der großen Festival-Bühne erreicht das Gespann heute zwar nicht, dafür gibt es mit „Hellbound“ zum Auftakt einen brandneuen Song. Überhaupt konzentrieren sich GAEREA vorwiegend auf ihr jüngeres Material: Neben der Single „Submerged“, bei der Gitarristen Sonja Schuringa sogar operettenhaften Background-Gesang beisteuert, steht vor allem das noch aktuelle Werk „Coma“ (2023) im Zentrum, das unter anderem mit dem packenden „Hope Shatters“ sowie dem gefühlvollen, shoegaze-inspirierten „Wilted Flower“ bedacht wird.

GAEREA übertreiben es heute etwas mit der Publikumsinteraktion

Gaerea live in München 2025

Dass zu Letzterem zahllose Crowdsurfer den Weg nach vorne antreten, ist indes ganz nach dem Geschmack von Frontmann Guilherme Henriques, welcher heute für unseren Geschmack sogar zu viel will. Indem er unablässig den Animateur spielt – man solle u.a. springen, klatschen, für ein paar Sekunden die Smartphonelichter zücken -, nimmt er der sonst so magischen Darbietung etwas von ihrem Zauber.

Das übereifrige Einfordern diverser Konzertspielchen beißt sich nicht nur mit dem mysteriösen Auftreten der maskierten Bandmitglieder und der exzentrischen Körpersprache des Sängers, sie rücken GAEREA im schlimmsten Fall sogar ein wenig in Richtung Kirmes-Metal. Für eine Band, die ihre Wurzeln im Black Metal hat, wie dem mitreißenden Schlusstrack „Laude“ anzuhören ist, ist das eigentlich ein Unding. Kurzweilig ist die Show dennoch, auch weil die Formation natürlich auf rundum starkes Songmaterial zurückgreifen kann – und doch scheint uns trotz der guten Stimmung in mancher Hinsicht weniger am Ende doch mehr zu sein.

GAEREA Setlist – ca. 45 Min.

1. Hellbound
2. Submerged
3. Hope Shatters
4. World Ablaze
5. Salve
6. Unknown
7. Wilted Flower
8. Laude

Fotogalerie: GAEREA


ORBIT CULTURE

Orbit Culture live in München 2025

Ein Motto übrigens, das sich ORBIT CULTURE jedenfalls in einer Hinsicht auf die Fahne geschrieben haben: Denn lichttechnisch geht der Headliner den Weg vieler seiner modernen Zeitgenossen. Beleuchtet wird das Gespann vorwiegend von hinten, so dass wir uns oftmals mit den dunklen Umrissen der Musiker zufriedengeben müssen. Das sieht im Nebel und dank vieler bewegender Lichter natürlich schick aus, wird aufgrund exzessiver Blitz- und gelegentlicher Strobo-Einsätze über die Gesamtlänge des Sets allerdings ganz schön anstrengend.

Die Alternative zum direkten Blick in die Scheinwerfer bietet sich derweil in der Arena: Schon die ersten Takte des Openers „Death Above Life“ stacheln den Moshpit zuverlässig an, der sich sodann bis zum Ende der 75-minütigen Show keine Sekunde Pause gönnen will. Im Gegenteil, springt man in „The Tales Of War“ auch mal begeistert auf und ab, bevor der Hit „North Star Of Nija“ zum ersten Mal die Ausdauer der Fans auf die Probe stellt. Circle Pits gibt es selbstverständlich auch später noch zur Genüge, wenn ORBIT CULTURE etwa mit „The Shadowing“ einen kurzen Ausflug in frühere Schaffensperioden wagen.

Dem kraftvollen wie eingängigen Sound ORBIT CULTUREs kann sich das Backstage nur schwer entziehen

Orbit Culture live in München 2025

Dass im Großen und Ganzen hingegen alles im Zeichen des aktuellen Studioalbums steht, tut der Stimmung im Backstage Werk keinen Abbruch. Die Münchner:innen zeigen sich auch bei neuem Material textsicher sowie hochmotiviert, egal ob „Bloodhound“ nun die Keule auspackt oder „Nerve“ dank Niklas Karlssons rauem Klargesang ein wenig melodischer zu Werke geht.

Entziehen können wir uns dem kraftvollen wie eingängigen Sound der Band ohnehin nur schwer, zumal Gitarrist Richard Hansson und Bassist Fredrik Lennartsson auf der Bühne mit bestem Beispiel voran gehen. Der wirbelnden Haarpracht gönnt das Duo nur in Ausnahmefällen eine Pause, etwa wenn Ersterer zu einem der wenigen Soli ansetzt oder Lennartssons durchaus ordentlicher Begleitgesang gefragt ist.

Dank des hitgespickten Sets halten ORBIT CULTURE die Intensität bis zum Schluss hoch

Orbit Culture live in München 2025

Fragwürdig erscheint uns allein manch seltsam platzierte Snare-Bomb, die hin und wieder die restliche Musik überhallt. Letztlich keine große Sache, aber ein Kuriosum in einer sonst perfekt inszenierten Show, die dank des hitgespickten Sets bis zum Ende nicht ins Stocken gerät. So ziehen ORBIT CULTURE nach der Wall of Death in “While We Serve” nochmals harte Bandagen auf, um mit dem stampfenden „Hydra“ und dem unerbittlichen „Vultures Of North“ sicherzustellen, dass zumindest im tobenden Zentrum niemand ohne blaue Flecken nach Hause gehen muss.

Es mag nur ein temporäres Andenken an diesen Abend sein, aber eine Trophäe, auf die man dennoch stolz sein kann. Denn wenn wir heute schon den Blick in die Zukunft wagen dürfen, dann hat man hier ORBIT CULTURE heute vermutlich zum letzten Mal im – verhältnismäßig – intimen Rahmen live erlebt. 

ORBIT CULTURE Setlist – ca. 75 Min.

1. Death Above Life
2. The Storm
3. The Tales Of War
4. North Star Of Nija
5. I, The Wolf
6. From The Inside
7. The Shadowing
8. Bloodhound
9. Nerve
10. While We Serve
11. Hydra
12. Vultures Of North

Fotogalerie: ORBIT CULTURE

Fotos: Tatjana Braun (https://www.instagram.com/tbraun_photography/)