MECHANIX – live in Gsteinach, 6.12.03

Des gnadiators Lieblings-Lokalband in seiner alten Heimatgemeinde am Arsch der Welt(!) – geniale Sache!

MECHANIX, 6. Dezember 2003, Gustav-Adolf-Höhle, Gsteinach

Quizfrage: Woran erkennt man einen guten Heavy Metal-Konzertabend? Dass es um Mitternacht kein Bier mehr gibt! In der Gustav-Adolf-Höhle ist in dieser Nacht bereits um halb zehn Schicht hinterm Tresen – die Pächter hatten sich auf zwanzig Gäste eingestellt, hundertzwanzig kamen, um in der kleinen Musikkneipe am Ende der Welt die Live-Auftritte von Mechanix, Deliah’s Prophecy und Cenotaph zu erleben. Ausgerechnet in Gsteinach, meiner alten Heimatgemeinde, wo ich einst aufwuchs und das letzte nennenswerte Ereignis daher mit der Bestimmtheit des Eingeborenen auf 1632 datieren kann (als die schwedischen Truppen im Zuge des 30jährigen Krieges hier mal eben für eine Nacht ihr Lager aufschlugen). Keine Frage: Dieser Samstag war schon seit Wochen ganz dick im Terminkalender angestrichen…

Glücklicherweise hat die nahegelegene Tankstelle zu dieser späten Stunde noch geöffnet, so dass der Gerstensaft eine halbe Stunde später wieder fließt. Es ist schön, dass sie nicht ausgestorben sind, die kleinen kuscheligen Underground-Konzerte mit Wohnzimmerflair – sicher nicht zuletzt auch deshalb, weil die großen Festivals vor allem für junge Rockfans oft viel zu teuer sind. „Für jede Band ’nen Euro“ heißt das inoffizielle Motto auch an diesem Abend, an dem für jeden Hardrock-Geschmack etwas dabei ist.



Cenotaph aus Lauf eröffnen den Reigen. Das Quartett um Sänger und Bassist Simon zockt Death Metal, klingt jedoch erstaunlich old-school und rifft munter geradewegs voran. Da die Band derzeit überall dort spielt, wo es eine Steckdose gibt, ist es kein Wunder, dass sich die zunehmende Live-Erfahrung bemerkbar macht: Was bei der NN-Rockbühne vor zwei Jahren noch ein wenig rumpelig klang, gewinnt zunehmend an Profil und Schärfe.

Ruhiger gehen Deliah’s Prophecy die Sache an: Epischer, auf Abwechslung getrimmter Power-Metal ohne Angst vor Ausflügen in den klassischen Hardrock. In runderneuerter Besetzung präsentieren sich die ehemaligen Arise-Musiker an diesem Abend mit mächtig viel Tatendrang und machen klar, dass sie sich für die Zukunft einiges vorgenommen haben. Eine erste EP mit sechs Stücken aus eigener Feder liegt vor und wird für gegen Unkostenbeitrag am Eingang verkauft. Mal sehen, was da noch alles kommt.

Dann Mechanix: Kurze Songs, kraftvolles Riffing, knackige Gitarrensoli und vor allem stimmige Arrangements. Das Nürnberger Quartett – seit Mitte der 90er Jahre am Start und jüngst beim deutschlandweiten Musikwettbewerb einer namhaften Tabakfirma mal wieder zu einer der hoffnungsvollsten Nachwuchsbands ohne Plattenvertrag erkoren – hat es raus, erdigen mitreißenden Metal irgendwo zwischen Speed und Thrash zu spielen. Auf ihrer neuen CD „History Re-Rotten“ – dem bereits dritten in Eigenregie veröffentlichten Silberling – haben Mechanix die Quintessenz ihres rauhen Sounds komprimiert. Natürlich drängt sich nach wie vor der Vergleich zu den alten Megadeth auf – eine Parallele, an der die Band dank des nasalen Gesangs von Gitarrist, Sänger und Chefmechaniker Wolfi Reinish wohl nie vorbeikommen wird, die die Band andererseits aber auch ehrt.

Dass es der Vierer schlicht und einfach raus hat, zeigt allein das Titelstück der neuen CD, eine Ballade (bis heute bekanntlich Königsdisziplin für alle Hardrocker), die auch live in der Gustav-Adolf-Höhle in Gsteinach prima ankommt. Dort fällt pünktlich zum Zugabenteil kurz der Strom aus, was die Fans mit Humor nehmen. Lautstark stimmen die feiernden Besucher den alten Iron Maiden-Klassiker „Fear Of The Dark“ an, bis das Licht wieder angeht und Mechanix mit ausgewählten Coverversionen von G.G. Allen, Nine Inch Nails, Megadeth (logo!) und den Sex Pistols munter nachlegen. Ein fulminanter Konzertabend!

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