Das dreizehnte KEEP IT TRUE stand ganz im Zeichen der Aschewolke aus Island. Bis kurz vor Schluss stand nicht so wirklich fest, wer denn jetzt kommt und wer nicht. Nachdem HADES krankheitsbedingt absagen mussten und die Kanadier THOR und STRIKER nicht rüber kamen, schafften es wenigstens ANACRUSIS und in letzter Sekunde auch WATCHTOWER-Frontmann Alan Tecchio. Der Rest der Band war schon früher eingetroffen. Das galt auch für CANDLEMASS-Frontmann Rob Lowe der es problemlos aus den USA nach Lauda Königshofen schaffte. Da sollte es für den Rest der Band ja wohl kein Problem sein, aus Schweden runter zu kommen. Die Kollegen von STEELWING haben es ja auch geschafft. Tja, da hatten wir die Rechnung leider ohne die Doom-Institution gemacht. Auto ging nicht, weil einer der Musiker hat Rücken… Und fliegen wollte man dann auch nicht, denn man war nicht sicher ob man nach dem Auftritt am Freitag pünktlich wieder in Schweden zurück gewesen wäre, um montags arbeiten gehen zu können. Sensationell. Kein Wunder, dass die Band für den Rest des Wochenendes nur noch als CANCELMASS bekannt war.
Ansonsten alles wie gehabt am KIT. Wie jedes Jahr gab es hier Outfits zu sehen, für die man in einer gerechten Welt sofort erschossen werden würde. Aber nicht hier, oh nein. Ich selbst konnte mich bei meinem internen Wettbewerb Die hässlichste Hose des Festivals nicht so recht entscheiden. Sollte es die lila Jeans sein, die Spandex mit den gelb/schwarzen Langstreifen, die mit dem gelb/schwarzen Zebramuster oder doch vielleicht lieber das Modell in babyblau/pink? Nein, hier einen Sieger zu küren fiel nicht leicht. Manch einer musste sich die Klamotten seiner Nebenleute dann eben schön saufen und dass das nicht gut gehen kann, nun ja, auch dafür gab es wieder reihenweise Belege. Wie den Kerl, der zu Beginn des OBSESSION-Auftritts an mir vorbei geht, stolpert, sich umsieht was da im Weg stand aber irgendwie nix findet. Tja, so ist das, wenn das Bier schlecht ist. Aber einige Leute waren wohl auch wegen der Musik hier. Unter anderem Jutze, ich und na ja, Ulle auch. (agony&ecstasy)
Freitag, 23.04.2010
STEELWING
Solider Opener des KEEP IT TRUE XIII – STEELWING |
Los ging es mit dem KEEP IT TRUE-Nachwuchs aus Schweden: STEELWING. Die Schweden hatten eigentlich alles Nötige parat: passende Attitüde, passender Sänger, passendes Outfit, passende NWOBHM-Einflüsse. Allerdings fehlte dem Songmaterial der letzte Funke Genialität und das Auftreten war angesichts der fehlenden Erfahrung manchmal ein wenig unbeholfen. Diese Wertung ist natürlich auch davon beeinflusst, dass im weiteren Verlauf noch allerlei hochkarätige Bands mit genialen Klassikern auf der Bühne standen. STEELWING haben mit ihrem motivierten Auftritt auf alle Fälle einen ordentlichen Einstand hingelegt, der wahrscheinlich noch mehr Anklang gefunden hätte, wenn die Band 25 Jahre älter und zwischendurch schon ein paar Mal aufgelöst gewesen wäre. Früher hatten viele Bands allerdings ein oder zwei Hammersongs, die aufhorchen ließen. STEELWING dagegen lieferten konstant unterhaltsames Material, ohne Ausreißer nach oben oder unten. Somit blieben auch keine einzelnen Nummern im Erinnerung, sondern vielmehr die melodischen Gitarren und der ausdrucksstarke, eher hohe Gesang. (jutze)
ROXXCALIBUR
Feierten erneut eine NWOBHM-Party – ROXXCALIBUR |
Die etwas andere Cover-Band sorgte mit ihrem lockeren Auftreten dafür, dass das Party-Barometer weiter nach oben kletterte. Der Stimmungsanstieg war zwar nicht besonders steil, aber es war auch noch früh und viele dürften sich ihre Kräfte eingeteilt haben, zumal vor der Halle strahlender Sonnenschein lockte. In der Halle wurden ROXXCALIBUR ihrem Ruf als musikalische Zeitmaschine gerecht. Bei manchen Stücken konnten man (im positiven Sinn) die Spinnweben an den Riffs förmlich sehen. Zum Teil war der britische Stahl recht obskur, so dass das eingestreute Run To The Hills-Intro-Break für auflockerndes Wiedererkennen bei vielen Anwesenden sorgte. Unterm Strich blieb es bei einem gediegenen Nachmittagsauftritt, bei dem die Wartezeit auf die großen Namen weiter hinten im Billing wie im Sichtflug verging. (jutze)
CRYSTAL VIPER
Echter Metal mit Eiern (und Werwölfen) – CRYSTAL VIPER |
Nachdem ich bei STEELWING noch unterwegs zur Halle war und bei ROXXCALIBUR über den Metalmarkt geschlichen bin, waren CRYSTAL VIPER die erste Band, der ich meine völlige Aufmerksamkeit widmete. Und die Polen um die schnuckelige Frontfrau Marta Gabriel ließen nichts anbrennen. Marta überzeugte mich mit ihrem klasse Gesang – melodisch aber mit Eiern – sofort, auch wenn sie nach dem ersten Song direkt mal do you want more fragte. Logisch wollten wir und natürlich bekamen wir. Zu den Songs der beiden Alben watschelte immer mal wieder ein Werwolf in Mönchskutte über die Bühne, wirkte dabei aber etwas planlos. Egal, denn musikalisch waren CRYSTAL VIPER richtig geil, egal ob schnell oder hymnisch, es wurde gebangt und die Faust gereckt. Ich ärgere mich fast ein wenig, dass mir die Band bisher durch die Lappen gegangen ist. Die ganze Band kam auf der Bühne richtig sympathisch und authentisch rüber. Da gab es keine aufgesetzten True Metal Klischees oder Posen sondern pure Spielfreude. Und spätestens mit dem AGENT STEEL-Cover Agents Of Steel, bei dem Marta das Publikum den ersten Teil des Refrains singen ließ und den zweiten Teil selber übernahm hatte die Band gewonnen. Geil! (agony&ecstasy)
OBSESSION
OBSESSION waren mal wieder eine dieser Bands von der ich bisher noch nie was gehört hatte. Das ging einem Großteil des Publikums offenbar anders, denn wenn nach dem ersten Song schon laute OBSESSION! OBSESSION! Sprechchöre durch die Tauberfrankenhalle gehen, dann muss die Band irgendwas richtig gemacht haben. Auf der Bühne grinsten ob des warmen Empfangs jedenfalls alle um die Wette. Frontmann Michael Vescera, der neben OBSESSION ja schon auf diversen anderen Hochzeiten tanzte, konnte mit seiner hohen Reibeisenstimme überzeugen und auch der knackige Power Metal, den die Band bot, machte gerade zu Beginn richtig Spaß. Auf Dauer flachte der Auftritt aber ein wenig ab. Gute Songs hatten die Amis ohne Frage am Start, aber es reichte nicht, um mich über die gesamte Dauer des Auftritts zu begeistern. Trotzdem ein guter Gig, der die Fans der Band sicherlich voll zufrieden gestellt haben wird. (agony&ecstasy)
ANACRUSIS
Leider wohl keine Reunion von Dauer – ANACRUSIS |
Bei ANACRUSIS war klar, dass sie niemanden enttäuschen würden. Warum? Nun, die Alben sprechen für sich, waren ihrer Zeit um Lichtjahre voraus, technisch und songwriterisch erhaben und haben den Test der Zeit ohne das kleinste Staubkörnchen überstanden. Da ANACRUSIS diesem Auftritt entgegen fieberten, sich den Arsch abprobten und sogar die ersten beiden Alben neu aufgenommen haben, war ich mir sicher, es mit einer technisch perfekt aufeinander eingespielten Truppe zu tun zu haben – und so war es dann eben auch. Selbst die Extrem-Kreischer von Kenn Nardi klangen, als ob er sie seit Veröffentlichung des letzten Albums jeden Morgen vor dem Frühstück geübt hätte – das sind immerhin 17 Jahre Zeit! Die Band kam jedenfalls tierisch gut an, freute sich wie kleine Kinder, war sympathisch und jagte einen Kracher nach dem anderen über die PA. Songtechnisch wurden alle Alben zu fast gleichen Teilen bedacht, somit konnte man nicht viel falsch machen, auch wenn ich eindeutiger Verfechter der letzten beiden Veröffentlichungen bin und da gerne noch mehr gehört hätte. Egal: Present Tense, Something Real, Paint A Picture, Afraid To Feel, Release und Sound The Alarm – das liest sich fast schon wie eine Best Of des Metal! Selbstverständlich wurde auch der NEW MODEL ARMY-Klassiker I Love The World nicht vergessen, meiner bescheidenen Meinung nach eine der besten Coverversionen überhaupt! ANACRUSIS wurden abgefeiert wie heim gekehrte Helden und auch wenn es momentan wohl so aussieht, als ob die Band nicht mehr weitermachen würde – ein schöneres Abschiedsgeschenk kann es doch eigentlich gar nicht geben! (ulle)
WATCHTOWER
Musikalisch und Outfittechnisch völlig irre – WATCHTOWER |
WATCHTOWER sind völlig durchgeknallt. Das ist bekannt und das hat auch jeder erwartet. Dass es noch durchgeknallter werden würde – nun, das war eigentlich ebenfalls klar. Nachdem die Band mich vor mittlerweile zehn Jahren auf dem BANG YOUR HEAD absolut sprachlos und ohne Restspucke zurückgelassen hatte, folgte nun also Teil zwei. Ich hatte ernsthafte Bedenken, dass Alan Tecchio diese ultrahohen Quietscher überhaupt noch hinkriegt – die waren natürlich überflüssig. Der gute Mann traf mit seinem Ersatzflieger gerade mal noch rechtzeitig ein und legte los, als wäre 1989. Jeder Ton saß, alles war wie von Platte, plus eben noch die passenden, ekstatischen Bewegungen, die quasi visuell umsetzten, was die Band im Hinter-, oder besser Vordergrund so abließ. Geboten wurden natürlich erwartungsgemäß die Hits der beiden Alben wie unter anderem Tyrants In Distress, Mayday In Kiew, Meltdown und The Eldritch. Dazu kam noch das brandneue The Size Of Matter, welches die meisten Fans schon auf MySpace auswendig gelernt hatten und das für WATCHTOWER-Verhältnisse fast schon charttauglich ist. Vor Überraschungen ist man bei den verrückten Texanern natürlich nie sicher, es waren dann aber sogar mehr als erwartet. Ganz heiß und aktuell und spontan natürlich Volcano´s Blow, sehr schnuckelig I Kissed A Girl von KATY PERRY und etwas seriöser später noch Cygnus X-1 von RUSH, einer meiner absoluten Faves der kanadischen Co-Götter. Über technische Perfektion und wahnwitzige Spiel-Akrobatik muss und will ich hier auch gar nichts mehr erzählen! Wer WATCHTOWER nicht kennen sollte, kann sich sowieso nicht vorstellen was da abging. Wer WATCHTOWER kennt und sie noch nicht live gesehen hat, der… na ja, eigentlich auch nicht! (ulle)
SAVAGE GRACE
Aus der Sicht von Ulle:
Auf SAVAGE GRACE war ich gespannt, zumal sowohl Master Of Disguise als auch After The Fall From Grace immer wieder gerne gehört werden und von ihrem Charme mal absolut gar nichts verloren haben. SAVAGE GRACE bedeutete in diesem Fall natürlich Mainman Chris Logue plus Backingband ROXXCALIBUR, aber das war ja schon im Vorfeld bekannt. Was mich etwas verwundert hat, ist, dass der gute Chris – in den Linernotes zu den aktuellen Re-Releases voll des Eigenlobs über seine klampfentechnischen Fähigkeiten – live dann doch nur sang, obwohl er sich ja eigentlich immer in erster Linie als Gitarrist sah. Auf dem zweiten Album hatte er ja nur den Gesang übernommen, weil Gottsänger Mike Smith nicht mehr verfügbar war. Das war dann auch der Hauptkritikpunkt am Auftritt. Chris Logue ist beileibe kein schlechter Sänger, aber die Power eines Mike Smith besaß er eben nie und deswegen fielen die Screams dann doch etwas kurz aus. Bedenkt man, dass er in den letzten 20 Jahren aber hauptsächlich heilerisch tätig war, ging das voll in Ordnung. Jedenfalls sah er dafür aus wie frisch aus der Tiefkühltruhe, hatte eine souverän agierende Band hinter sich und mit Songs wie Bound To Be Free, After The Fall From Grace, We Came, We Saw, We Conquered kann man halt einfach nichts falsch machen. Anstatt des PRIEST-Klassikers Exciter und Burn von DEEP PURPLE hätte nicht nur ich natürlich viel lieber noch eigene Songs wie Fear My Way oder Sons Of Iniquity gehört, aber vielleicht war sich Dr. Logue schlicht nicht bewusst, dass der durchschnittliche KEEP IT TRUE-Besucher seine Werke schon fast ein Vierteljahrhundert inhaliert hat. Ach so, eben diese 25 hat er vielleicht etwas zu oft in den Mund genommen, am Ende wusste das wirklich jeder! (ulle)
Zwiespältige Angelegenheit – SAVAGE GRACE |
Aus der Sicht von Jutze:
Chris Logue hatte mit seiner ROXXCALIBUR-Hintermannschaft die undankbare Aufgabe, im Anschluss an WATCHTOWER auf die Bühne zu müssen. Ich möchte jetzt nicht von einem Qualitätsabfall sprechen. Zäsur trifft es besser. Denn nach den zeitlosen Frickeldiamanten dröhnten nun verstaubte Power Metal-Riffs aus den Boxen. Mit Bound To Be Free und Into The Fire erwischten SAVAGE GRACE den perfekten Einstieg. Die beiden Speed Metal-Feger klangen ebenso altbacken wie großartig. Oder zumindest fast so großartig wie altbacken. Im Nachhinein lässt sich das schwer sagen. Fest steht, dass das Publikum die traditionellen Klänge bejubelte und sich nicht daran störte, dass die Band nicht mal näherungsweise in Originalbesetzung auftrat. Der Gesang von Chris Logue war vermutlich mehr als solide. Leider war ich nicht in der Lage, die Erinnerung an Alan Tecchios Meisterleistung eine Stunde zuvor zu verdrängen. Es spricht jedenfalls für ihn, dass das Fehlen von Mike Smith nicht groß auffiel. Im weiteren Verlauf spielten sich SAVAGE GRACE so durch die zweiundnochwas Veröffentlichungen aus den 80ern. Die Resonanz war positiv und nicht wenige Fans grinsten debil-freudig auf das Bühnengeschehen. Zum Abschluss gab es mit Burn (DEEP PURPLE) und Exciter (JUDAS PRIEST) zwei Cover-Versionen, über deren Umsetzung und Setlistexistenzrecht sich streiten lässt. Statt mit Huldigung endete der Auftritt so eher mit Party-Mucke, die ROXXCALIBUR eigentlich schon in ähnlicher Form am frühen Nachmittag geboten hatten. Trotz der hohen Wertung auf der Nostalgie-Skala habe ich allerdings Zweifel, was die Zukunftsaussichten dieser Formation angeht. Die Musik klang einfach zu verlebt. (jutze)
OMEN
Dank Aschewolke kurzfristig Headliner – OMEN |
OMEN waren eigentlich schon auf dem Weg in die Heimat gewesen. Doch ihr Flug fiel der Vulkanasche zum Opfer, so dass sie kurzfristig aufs Billing sprangen und nach der Absage von CANDLEMASS den Freitag-Headliner mimen durften. Nach einigen Wochen auf Tour war das Quartett um Gitarrist Kenny Powell perfekt aufeinander eingespielt. Schon beim Opener Termination ging die Post ab. Während vor der Halle noch vereinzelt selig-erleuchtete Gestalten ANACRUSIS, ANACRUSIS oder WATCHTOWER, WATCHTOWER vor sich hin murmelten, gab es drinnen das volle US-Metal-Brett. Der Staub, der auf der Musik von SAVAGE GRACE gelegen hatte, wurde von Granaten wie Death Rider und Dragon´s Breath mächtig aufgewirbelt. Wie schon den ganzen Tag über war die Lautstärke zu hoch, so dass die Gitarre bisweilen im allgemeinen Gewummer unterging. Überhaupt sollte die Band sich überlegen, wie anno 1997 live mit zwei Gitarren anzugreifen. Von diesen Abzügen in der B-Note abgesehen lieferten OMEN einen Headliner-würdigen Gig ab, der ungeachtet der späten Stunde entsprechend bejubelt wurde.
Samstag, 24.04.2010
MORTICIAN
Als erste Band des zweiten Tages durften die Österreicher MORTICIAN ran, die erfreulicherweise überhaupt nichts mit der gleichnamigen US-Band zu tun hatten. Statt Staubsauger-Zombie-Geknüppel gab es also knackigen Speed Metal zum Frühstück. Dieser lief mir schon mal ordentlich rein, auch wenn ich eigentlich schon in freudiger Erwartung des HEART OF CYGNUS-Auftritts war. Neben den eigenen Songs gaben MORTICIAN auch noch ein Cover des PRIEST-Klassikers Breaking The Law zum besten. Insgesamt war der Auftritt sicher nicht weltbewegend, hat aber Spaß gemacht.
HEART OF CYGNUS
Prog Rock-Gourmethäppchen vom feinsten – HEART OF CYGNUS |
Und dann war es Zeit für die Band, auf die ich mich neben ANACRUSIS und CANCELMASS am meisten gefreut hatte, nämlich die amerikanische Prog-Wundertüte HEART OF CYGNUS. Sänger und Gitarrist Jeff Lane und Drummer Jim Nahikian hatten sich für den Gig um einen zweiten Gitarristen und einen Basser verstärkt und legten nach dem instrumentalen Intro bei ordentlichem Sound los. Spielerisch waren die Jungs ganz groß, bewegungstechnisch eher nicht, da war Standfußball angesagt. Dafür überzeugten HEART OF CYGNUS aber mit ihrem großartigen Songmaterial, wobei mich besonders die Songs des Zweitlings Over Mountain, Under Hill mitrissen, da ich die beiden anderen Alben bisher noch nicht wirklich gehört habe. Aber mit Granten wie dem Titeltrack und vor allem dem zum Schluss gespielten Übersong Lost At Sea kann man wenig bis gar nichts falsch machen. Lediglich das Publikum reagierte eher zaghaft und verhalten euphorisch. Vielleicht lag es am, zwischen MORTICIAN und RAM eher deplatzierten, Prog Rock-Sound oder daran, dass viele vielleicht noch nicht mit der Band vertraut waren. So oder so haben HEART OF CYGNUS meine Erwartungen auf jeden Fall erfüllt und ich würde mich wirklich sehr über ein Konzert in meiner Nähe freuen. Schade nur, dass die Band ihre Spielzeit nicht voll ausschöpfte und zehn Minuten zu früh Schluss machte. (agony&ecstasy)
RAM
Schande über mich, aber RAM habe ich wirklich nur teilweise mitbekommen. Gestartet mit einer vorzüglichen EP und einem nicht ganz so starken, aber dennoch sehr guten Full Length-Debüt, wurden die Schweden als neue JUDAS PRIEST gehandelt, konnten sich jedoch mit dem zweiten Longplayer ohne Probleme komplett von diesem Vergleich frei schwimmen und überzeugten mich vollkommen. Etwas kauziger, etwas vertrackter, aber nicht weniger traditionell. Live boten sie die volle Breitseite, eben eine richtig kleine Metalmacht mit den passenden, sympathischen Klischees. Bei RAM wird aber nicht gerumpelt , sondern schön stahlig-tight in die Fresse gehämmert und so haben mich die etwa 50 Prozent des Auftritts, die ich sehen konnte, auch voll überzeugt. Sudden Impact und Forced Entry durfte ich beiwohnen, den Neuzeit-Klassiker Suomussalmi (The Few Of Iron) habe ich aber leider verpasst – schade! Trotzdem Daumen hoch für RAM, Daumen runter dann eben für mich! (ulle)
ADX/ KALAPACS
ADX und KALAPACS boten beide solide Kost, besonders die Franzosen konnten mit ihrem ziemlich coolen Power Metal überzeugen. Die Fans vorne gingen jedenfalls ordentlich steil. Die Texte waren natürlich, wie man es von französischen Bands gewohnt auf französisch und somit für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Selbiges galt auch für die Ungarn KALAPACS um den ehemaligen POKOLGEP-Frontmann József Kalapács bei denen die Texte auf ungarisch vorgetragen wurden. Viel wichtiger war da aber die Frage der richtigen Aussprache des Bandnamens. Ich habe mich mal ganz spontan für Kalapatsch und nicht für das ebenfalls kolportierte Kalapaks entschieden. Muttersprachler mögen mir verzeihen und von Morddrohungen absehen, sollte ich daneben gelegen haben. Alles in allem waren KALAPACS solide, konnten aber weder mit ADX noch mit den folgenden WARRANT mithalten.
WARRANT
Diese wiederum waren eine der Bands, die aufgrund des Aschewolken-Chaos kurzfristig aufs Billing rutschten und wie schon bei OMEN bewies Veranstalter Oliver Weinsheimer mit WARRANT ein glückliches Last Minute-Händchen. Auf dem SWORDBROTHERS konnten mich die Düsseldorfer trotz ihrer zweifelsohne verachtenswerten Herkunft vor zweieinhalb Jahren schon überzeugen, diesmal durften die Jungs vor größerem Publikum ran, schlugen sich aber wieder hervorragend. Aber wo, wenn nicht hier kann eine Band, die es in den Achtzigern gerade mal auf ein Album und eine EP gebracht hat sicher sein, vom Mob abgefeiert zu werden? Zumal WARRANT mit dem Enforcer ja auch ihr kultiges Bühnenmaskotchen wieder am Start hatten welches sich deutlich bewegungsfreudiger und animierender zeigte als sein CRYSTAL VIPER-Pendant am Tage zuvor. Vorne wurde dann auch gleich deutlich mehr gebangt als noch zuvor bei KALAPACS, kein Wunder, dem zackigen, wenn natürlich auch ziemlich simplen Speed Metal teutonischer Bauart konnte man sich schwer widersetzen. Als WARRANT dann auch noch ein Cover des TRUST-Hits Antisocial aus dem Hut zauberten hatten sie endgültig gewonnen. Spaß, Spaß, Spaß!
SATANS HOST
Satan, BEATLES und der Tyrant – SATANS HOST |
Was war das denn? Power Metal-Göttergesang trifft auf kauziges Black Metal-Gerumpel. BEATLES- und ANIMALS-Coverversionen? Auf dem KEEP IT TRUE? Häh? Und dann auch noch mit Harry The Tyrant Conklin am Mikrofon? Viele der Anwesenden glaubten sich endgültig im falschen Film, als dann auch noch ein Plädoyer fürs Abfackeln norwegischer Kirchen folgte. Ironie war ja (zusammen mit seinem Kumpel Toleranz) schon am Vortag von der Security aus der Halle geschmissen worden. Also musste ein anderes Erklärungsmodell her. Entführung durch Außerirdische, die komische Experimente mit unseren Gehirnen anstellen – das machte schon eher Sinn. Aber AGENT STEEL spielten doch gar nicht! Zurück zur Wirklichkeit also: Es kam zu vereinzelten Begeisterungsausbrüchen, aber über weite Strecken hinterließ der Auftritt von SATAN´S HOST nur Verwirrung und Desinteresse. Das nächste Mal soll der liebe Herr Tyrant den Satan bitte zu Hause lassen und stattdeseen RIOT-Klassiker singen. Oder irgendwas von CRIMSON GLORY, wenn´s sein muss. (jutze)
TYGERS OF PAN TANG
Die pure Spielfreude – TYGERS OF PAN TANG |
Die TYGERS OF PAN TANG entpuppten sich als eigentlicher Surprise Act. Zumindest mir als Spätgeborenem war die Band zuvor völlig egal gewesen, lag für mich doch der einzige Sinn der NWoBHM immer darin, IRON MAIDEN hervorzubringen. Tja, Jutze, das war ein Irrtum! Die fünf Musiker waren zwar nicht mehr ganz so jung wie STEELWING, rockten aber dermaßen spielfreudig los, dass man sich der Magie unmöglich entziehen konnte. Sänger Jacopo Meille schaute im Laufe des Auftritts allen Leuten im Publikum mindesten einmal genau in die Augen. Eine derartige Bühnenpräsenz erlebt man nicht alle Tage. Und als wäre es das Normalste auf der Welt, sang er auch noch wie ein goldener Rockgott. Die Mischung aus Reibeisen, Melodie, Leidenschaft und Können passte perfekt auf die mitreißenden Songs der Marke Take It und Suzie Smiled. Die Band um Gitarrist Robb Weir agierte wahrlich so hungrig wie Tiger bei der Fütterung. Als bei Rock and Roll Man dann der große Mitsingteil anstand, hatten die TYGERS OF PAN TANG das Publikum bereits vollzählig auf ihrer Seite und konnten das Energie- und das Qualitätslevel mühelos bis zum abschließenden Don´t Touch Me There halten. Bezeichnenderweise konnte man in Foren und anderen Berichten nach dem Festival (völlig zu Recht) kein einziges schlechtes Wort über den Auftritt der Band lesen. (jutze)
DEMON
Im direkten Vergleich zu den TYGERS OF PAN TANG klangen DEMON anschließend erschreckend altbacken. Doch während SAVAGE GRACE wenig mehr als diese Oldie-Stimmung zu bieten hatten, konnte Dave Hill mit seinen Mitstreitern auf eine ganze Reihe von Übersongs zurückgreifen. Neben ganz alten Hits wie Liar und dem obligatorischen Night Of The Demon kamen zu meiner großen Freude die Melodic-Highlights Blue Skies In Red Square sowie – ganz großartig – No More Hell On Earth zum Zuge. Der Commercial Dynamite-Einschub klang dabei nicht mehr so locker, wie die Nummer vor 20 Jahren noch klang. Doch davon ließ sich niemand die Stimmung vermiesen. Im Gegenteil, vom ersten Ton an wurde die Band nach allen Regeln der Kunst abgefeiert. Die euphorische Stimmung kulminierte bei Don´t Break The Circle schließlich in einem majestätischen Publikumschor. Die obligatorische Zugabe One Helluva Night beschloss das Set würdig und DEMON hinterließen ausnahmslos strahlende Gesichter. (jutze)
SURPRISE ACT
Spielten die CRIMSON GLORY-Klassiker erstklassig – Michael (ETERNAL REIGN) und Ulle (LANFEAR) |
Geplant war ein CRIMSON GLORY/MIDNIGHT-Gedächtnis-Auftritt mit Musikern von LANFEAR und ETERNAL REIGN als Backing Band. Leider mussten alle (!) Sänger kurzfristig absagen, so dass am ersten Festivaltag verzweifelt nach Ersatz gesucht wurde. Immerhin waren ja einige sehr talentierte Sänger anwesend. Vorab gab es einen Song von ACID mit Frontfrau Kate De Lombaert, der eine wohltuende Abwechslung zum Melodie-lastigen Programm der vorhergehenden Bands darstellte. Danach schaffte OBSESSION-Sänger Mike Vescera es, bei Valhalla und Red Sharks dermaßen viele Parts wegzulassen, dass von Gesang fast keine Rede mehr sein konnte. Harry Conklin (JAG PANZER, TITAN FORCE, SATAN´S HOST) machte danach bei Lonely eine wesentlich bessere Figur, so dass der Auftritt auf einer versöhnlichen, stimmigen Note ausklang. (jutze)
FIFTH ANGEL
Trotz mangelnder Live-Erfahrung ein würdiger und erstklassiger Headliner – FIFTH ANGEL |
Wer nach der Bandeinspielung von Lost Reflections meinte, das 13. KIT hätte seinen Zenit vollends überschritten, sollte eines besseren belehrt werden. Sängerprobleme, wenig Songmaterial und quasi keine Live-Erfahrung waren zwar schlechte Vorzeichen. Doch dann kam alles anders: FIFTH ANGEL ließen nicht den geringsten Zweifel daran aufkommen, dass sie der perfekte Headliner für dieses Festival waren. HEIR APPARENT-Sänger Peter Orullian passte perfekt ins Bandgefüge und lieferte eine fantastische Gesangsleistung ab. Schlagzeuger Jeffrey McCormack schlug härter auf das Schlagzeug ein als jeder andere Drummer an diesem Wochenende. Der eigentliche Bandkern Ed Archer, Kendall Bechtel (beide Gitarre) und John Macko (Bass) hatte da leichtes Spiel, die virtous geschriebenen Hardrock-Perlen live umzusetzen. Ausnahmslos jeder Song ging sofort ins Ohr und wurde aus voller Kehle mitgesungen. Der Reigen begann mit dem Uptempo-Doppelpack The Night und In The Fallout, das sofort sämtliche Zweifel im Keim erstickte. Das stampfende Shout It Out unterstrich anschließend die Live-Tauglichkeit des mehr als 20 Jahre alten Songmaterials. Als Gelegenheitshörer des ersten Albums war ich bereits an dieser Stelle restlos begeistert vom energischen Auftreten der Band. Ich kann nur ahnen, welche Ekstase ein leidenschaftlicher Fan danach verspürte, als mit Cathedral einer der Höhepunkte des Time Will Tell-Albums folgte. Debüt-Knaller wie Call Out The Warning und Fifth Angel wurden nach allen Regeln der Kunst abgefeiert und lauthals mitgesungen. Die Mitsing-Nummern schienen gar nicht mehr aufzuhören – Midnight Love und Cry Out The Fools wurden enthusiastisch aufgenommen. Als gegen Ende die Kraftreserven zur Neige gingen zauberten FIFTH ANGEL schließlich noch das erhabene Wings Of Destiny aus dem Hut. Der Rausschmeißer We Rule und die Zugabe Lights Out (UFO) konnten da dann nicht mehr ganz mithalten. Nichtsdestotrotz war die Europa-Premiere des Seattle-Fünfers ein voller Erfolg, mit dem ich wirklich nicht gerechnet hatte. (jutze)
Fotos: Johannes Schult