End of Green live in München 2025

END OF GREEN, UNZUCHT: Konzertbericht – Backstage Halle, München – 11.01.2025

Eine Gratis-Show zum Jahrestag: Das Backstage München feiert seinen 34. Geburtstag nicht alleine. END OF GREEN und UNZUCHT sorgen in der rappelvollen Location nicht nur für die Musik, sondern auch die emotionalen Momente.

Es gibt immer einen Grund zu feiern. Gleich zwei Geburtstage haben END OF GREEN im Januar 2025 auf ihrer Agenda. Bevor die Dark-Rock-Urgesteine aber mit einer eigenen Show den Jahrestag ihres Frontmanns feiern dürfen, sind sie zunächst selbst der Ehrengast. 34 Jahre alt wird das Münchner Backstage schließlich, wo es aus eben jenem Anlass heute kuschelig werden dürfte. Freien Eintritt hat man für das Jubiläum ausgerufen, weshalb auch in der anfangs noch geräumig wirkenden Halle spätestens beim Headliner um jeden Zentimeter Platz gerungen werden soll. Ein Luxusproblem, mit dem wir aber erst im Laufe des Abends zu kämpfen haben werden – noch sind die Laufwege zwischen Bar, Merchandise und Bühne ohne Spießrutenlauf durch verschwitzte Leiber zu bewältigen.


UNZUCHT

Unzucht live in München 2025

Der größte Teil des Publikums versammelt sich schließlich unmittelbar vor den Brettern, wo die deutschen Alternative Rocker UNZUCHT der bayerischen Landeshauptstadt ihren neuen Fronter präsentieren. Für Timm Hindorff ist es heute das erste Mal auf der Bühne des Backstage, wie er die Münchner:innen wissen lässt, bringt aber bei seinem Debüt in der Millionenstadt dennoch die Routine mit, die wir von einer etablierten Formation erwarten würden.

Die größte Stärke der Hannoveraner ist wohl ihre Vielseitigkeit: Für alle sollte etwas dabei sein, wenn UNZUCHT in „Ein Wort fliegt wie ein Stein“ auf einen schmissigen Refrain setzen, Gitarrist Daniel De Clercq in „Nein“ den NDH-Frontmann mimt oder ein Stück wie „Nur die Ewigkeit“ die emotionale Seite der Band hervorkehrt. Die Kehrseite der Medaille: Nicht alle Tracks holen uns gleichermaßen ab, lassen uns im schlageresken „Nela“ gar fragen, ob wir uns möglicherweise auf die falsche Veranstaltung verirrt haben.

UNZUCHT-Frontmann Timm Hindorff mischt sich zum Finale unters Volk

Unzucht live in München 2025

Die Kurve bekommen UNZUCHT im Anschluss mit dem kompromisslosen „Kettenhund“, wo es auch am Mikro mal heftiger zur Sache gehen darf. Im Publikum wiederum reckt man dazu gern die Fäuste, während man sich in „Unzucht“ vorsichtig im Mitsingen übt. Der Einsatz bleibt auch Hindorff nicht verborgen, weshalb es zum abschließenden „Sonnentod“ nochmal ein kleines Zuckerl oben drauf gibt: Für ein paar Minuten verschwindet der Singer selbst im Getümmel vor der Bühne, wo der kleine Ausflug sichtlich positiv aufgenommen wird.

UNZUCHT Setlist – ca. 60 Min.

1. Allein
2. Schwarzes Blut
3. Ein Wort fliegt wie ein Stein
4. Nela
5. Kettenhund
6. Chamäleon
7. Unzucht
8. Nur die Ewigkeit
9. Jenseits der Welt
10. Nein
11. Engel der Vernichtung
12. Sonnentod

Fotogalerie: UNZUCHT


END OF GREEN

End of Green live in München 2025

Das Bild passt: Tiefblaues Licht und dichte Nebelschwaden zeichnen während des langgezogenen Intros eine Szenerie, die zwar weniger der munteren Stimmung im Backstage entspricht, aber dafür die melancholische Musik des Headliners ausgezeichnet untermalt. Bis auf den letzten Platz ist die Halle mittlerweile gefüllt, als END OF GREEN mit „Godsick“ rockig loslegen, nur um in „Melanchoholic“ umgehend die Schwermut zum Tragen kommen zu lassen.

Wobei die Schwaben die dunklen Wolken einzig in ihrer Musik heraufbeschwören: Wenn nicht gerade Stücke wie „Pain Hates Me“ oder „Tie Me A Rope…While You’re Calling My Name“ die emotionalen Abgründe erforschen, zeigt sich das Quintett bei bester Laune. Insbesondere Frontmann Michelle Darkness unterhält zwischendurch mit so manch interessanter Anekdote: Er habe sich etwa kürzlich einen neuen Geldbeutel bei Amazon bestellt, lässt uns der Sänger schmunzelnd wissen, nachdem er gerade noch vor dem fortschreitenden Alter kapitulieren musste: Das Knie wolle heute nicht so recht, weshalb Darkness die Gitarre nach „Demons“ lieber zur Seite legt.

END OF GREEN-Sänger Michelle Darkness legt die Gitarre schnell zur Seite

End Of Green live in München 2025

Den Frontmann ohne sein Instrument zu sehen, ist ein ungewohntes Bild, das aber doch erstaunlich gut funktioniert – zumal der Musiker seine Multitasking-Fähigkeiten weiterhin zur Schau stellen darf: Gesungen wird notfalls selbst mit Zigarette zwischen den Lippen. Ähnlich flexibel zeigt sich das Münchner Publikum, das nicht nur textsicher einen Klassiker wie „Hurter“ begleitet, sondern zu schmissigen Hits à la „Goodnight Insomnia“ oder „Killhoney“ sogar zwischenzeitlich das Tanzbein schwingt.

Selbst einem solchen Evergreen fügen END OF GREEN im Live-Format neue Facetten hinzu, sei es durch das melodische Pfeifen des charismatischen Sängers oder kleinere Anpassungen im Arrangement. Davon profitiert besonders das abschließende „Death In Veins“, dem die Band eine eigene Interpretation von NINE INCH NAILS‘ „Hurt“ anhängt. Die trostlose und bedrückende Atmosphäre solcher Songs, die natürlich im Fall von „Carpathian Gravedancer“ in der ungeschönten Live-Darbietung besonders tief unter die Haut gehen, balancieren END OF GREEN derweil mit einer lockeren wie authentischen Art.

END OF GREEN stehen für Bodenständigkeit, Humor und Feinsinn

End Of Green live in München 2025

Nicht nur grüßt man zwischendurch mal ein paar Freunde in der Menge, auch Gitarrist Kirk Kerker bekommt sein Fett weg, als er es wohl für „Saviour“ versäumt hatte, sein Instrument zu stimmen. Im Backstage nimmt man’s mit Humor und freut sich vielmehr über die Tatsache, dass im Falle der Baden-Württemberger noch nicht der Laptop den Ton angibt. Zwar müsste selbiger wohl kaum aufgrund körperlicher Gebrechen die weiße Flagge hissen, doch ginge dann wohl ein entscheidender Faktor der Konzertmagie verloren, welcher bei END OF GREEN schon immer das Salz in der Suppe war.

Letztendlich sind es doch diese kleinen Gesten, die der Band zwischen aller Trostlosigkeit eine unverkennbare Identität schenken und auch diesmal wieder treffsicher darlegen, warum die Dark-Rock-Veteranen aller Melancholie zum Trotz die vielleicht besten Ehrengäste sind, die wir uns für einen solchen Jahrestag vorstellen können. Mit Bodenständigkeit, mit Humor und mit Feinsinn leiten END OF GREEN die Feierlichkeiten, deren Ende nach nicht ganz anderthalb Stunden zum richtigen Zeitpunkt kommt.

END OF GREEN runden die Geburtstagsfeier des Backstage gebührend ab

End of Green live in München 2025

„Gleich haben wir’s geschafft“, teilt uns ein erschöpfter Michelle Darkness auf der Zielgeraden mit und lässt damit ein wenig Vorfreude durchblitzen. Nicht etwa, weil das kaputte Knie nach einer Pause lechzt, sondern weil im Anschluss der lockere Teil beginnt – mit einem kühlen Getränk am Merchandise, wo man selbstverständlich noch einmal anstoßen darf: auf das Backstage München, das nun schon 34 Jahre lang ein wichtiger Fixpunkt des hiesigen kulturellen Lebens sein darf. Prost!

END OF GREEN Setlist – ca. 85 Min.

  1. Godsick
  2. Melanchoholic
  3. Demons
  4. Pain Hates Me
  5. Hurter
  6. Carpathian Gravedancer
  7. Killhoney
  8. Goodnight Insomnia
  9. Tie Me Rope…While You’re Calling My Name
  10. Dying In Moments
  11. Saviour
  12. Death Of The Weakender
  13. (unbekannt)
  14. Ashes And Dust
  15. Death In Veins

Fotogalerie: END OF GREEN

Fotos: Tatjana Braun (https://www.instagram.com/tbraun_photography/)