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CASTLE ROCK 6: Der Bericht

Bericht zum sechsten CASTLE ROCK-Festival, welches am 25. Juni 2005 im Mülheimer Schloss Broich über die Bühne ging mit folgenden Bands: DOWN BELOW, REGICIDE, ELIS, NIK PAGE, JANUS, THE CRÜXSHADOWS und THERION.

Das CASTLE ROCK ist spätestens seit dem letzten Jahr ein Festival, das nicht nur für Freunde schwarzer Klänge relevant ist, sondern auch immer mehr Metaller mit Vorliebe für düstere Klänge ins wunderschöne, mitten in Mülheim a.d. Ruhr gelegene Schloss Broich zieht. Waren es letztes Jahr HAGGARD, die mit ihrem orchestralen Metal als Headliner für regen Zulauf sorgten, so hatte man am 25. Juni 2005 mit THERION eine stilistisch gar nicht mal so unähnliche Formation am Start. Die Tendenz zu immer rockigeren Klängen beschränkte sich aber nicht auf den Headliner. Waren HAGGARD und ADORNED BROOD letztes Jahr noch eine einsame Bastion, so dominierten dieses Jahr sogar die rockig-metallischen Klänge, dargeboten von Bands wie REGICIDE, ELIS oder JANUS. Wenn diese Entwicklung auch zu begrüßen ist, so muss doch festgehalten werden, dass das diesjährige Billing insgesamt nicht mit dem der vergangenen Jahre mithalten konnte. Ob das auch ein Grund dafür war, dass das nun schon zum sechsten Mal stattfindende CASTLE ROCK im Gegensatz zu den Jahren zuvor nicht schon Wochen vorher ausverkauft war, sondern Veranstalter Michael Bohnes diese freudige Mitteilung erst im Laufe des Festivals machen konnte, sei dahin gestellt. Die Anwesenden – 1800 sollen es gewesen sein, auch wenn das Festivalgelände dieses Jahr etwas weniger gefüllt erschien als im letzten Jahr – hatten dennoch sichtlich ihren Spaß und ließen sich diesen auch nicht durch das zunächst sehr regnerische Wetter nehmen. Mit ein Grund waren neben der einmaligen Ambiente des Schlosses sicherlich die gewohnt professionelle Organisation, der überwiegend sehr gute Sound und das reichhaltige, zu fairen Preisen angebotene Nahrungsangebot, welche das CASTLE ROCK 6 zu einem gemütlichen kleinen Festival machten.

DOWN BELOW

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Down Below auf dem Castle Rock 6
Den durch das starke Debütalbum geschürten Erwartungen konnten DOWN BELOW mit ihrem Auftritt nicht ganz gerecht werden.

Die Rolle des Openers nahmen dieses Jahr DOWN BELOW ein, die fast pünktlich, also kurz nach 13 Uhr, auf der Bühne standen, just als der Regen sich vorübergehend verabschiedet hatte. Schade, dass die Roßlauer schon so früh ran mussten, denn so war für die Pyro-Spielereien, die die Band sonst gerne auffährt, leider kein Platz, und der Innenhof des Schlosses war noch nicht allzu dicht gefüllt. Dennoch lieferte die Band passend zum Bandkonzept, das musikalisch wie textlich auf Ägypten fokussiert ist, eine ordentliche Show – die auf das Konzept abgestimmten Bühnen-Outfits machten schon was her. Und doch war der Gesamteindruck, den die Ägyptologen hinterließen, zwiespältig: Den durch das starke Debütalbum geschürten Erwartungen konnten die Musiker mit ihrem Auftritt nicht ganz gerecht werden. Dabei legte man einen viel versprechenden Start hin. Nach dem stimmungsvollen Intro ging es los mit “He’s The Sun”, einem Ohrwurm, der alles beinhaltet, was die Band ausmacht: düsteren Gothic-Gesang, einen tanzbaren Rhythmus, ägyptisch anmutende Melodiebögen sowie eine ordentliche Metal-Schlagseite, die in bratenden Powerchords, aber vor allem in Gitarrensoli zum Ausdruck kommt, die den herkömmlichen Gothic-Fan sicher abschrecken werden. Sänger Neo-Scope legte nicht nur beim Opener, sondern auch bei den folgenden “How To Die In Space” und “The Man Who Robs Dead People” eine souveräne Gesangsleistung hin – letzteres eingeleitet durch eine sehr humorvolle Ansage, die dem Frontmann einige Sympathien einbrachte. Diese verspielte man aber sogleich wieder mit einer ziemlich misslungenen Cover-Version des HEROES DEL SILENCIO-Klassikers “Entre dos Tierras”, bei dem Neo-Scope mehrmals übel daneben lag und bei der auch instrumental nicht alles glatt lief. Schade war zudem, dass der eine oder andere Hit des Debütalbums nicht gespielt wurde, stattdessen aber neues Material, welches sehr simpel und ohne große Melodien daherkam. Immerhin musste man auf das starke “Return Back From Ignorance” nicht verzichten. Alles in allem ein passabler, aber kein überragender Auftritt.

REGICIDE

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Regicide auf dem Castle Rock 6
Konnten mit selbstbewusstem und lebendigem Stageacting punkten – REGICIDE.

Als REGICIDE die Bühne betraten, wurde der musikalische Anspruch dann deutlich nach oben geschraubt. Zwar wollten einige Besucher die Band vorschnell in die NIGHTWISH/WITHIN TEMPTATION-Schublade stecken, doch eine solche musikalische Einordnung wäre irreführend: Schon ein Blick auf die Besetzung machte klar, dass man andere Pfade beschreitet. Moderne, harte und recht komplexe Gitarren-Riffs trafen auf klassisch geprägtes Piano-Spiel sowie traurige, aber auch mal dramatische Geigenklänge. REGICIDE verstanden es, mit diesen Kontrasten zu spielen und immer wieder ruhige Passagen einzuflechten, ohne der Musik den Fluss zu nehme. Über alldem thronten stets die sehr gut ausgebildeten Stimmen von Sängerin Frauke Richter und ihrem männlichen Kollegen Timo Südhoff. Durch ihren tollen Wechselgesang, der immer wieder durch sehr gut aufeinander abgestimmte zweistimmige Passagen abgelöst wurde, erhielt der Gothic Metal der Band teilweise den Charakter eines Musicals. Dabei verzichtete man aber auch nicht darauf, mal den ein oder anderen unkonventionellen Melodiebogen einzubauen, so dass die Hörer durchaus gefordert wurden. Angenehm fiel zudem auf, dass Sängerin Frauke im Gegensatz zu den meisten ihrer Kolleginnen auf Ausflüge ins Opernhafte verzichtete. Da man auch mit einem sehr selbstbewussten, lebendigen Stageacting punkten konnte, darf der Auftritt der Norddeutschen als rundum gelungen bezeichnet werden – Daumen hoch!

ELIS

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Elis auf dem Castle Rock 6
Auch die immer wieder eingestreuten derben Grunts von Bassist Tom Saxer konnten nichts daran ändern, dass sich bei ELIS schnell Langeweile breit machte.

Nachdem REGICIDE gezeigt hatten, wie man Gothic Metal interessant gestalten und mit einer eigenen Note versehen kann, folgte mit ELIS das genaue Gegenteil. Klar, Frontdame Sabine Dünser traf jeden Ton, und rein technisch ist sie auch keine wirklich schlechte Sängerin. Jedoch war sie nicht in der Lage, mit ihrem opernhaften, wenn auch etwas dünnen Gesang auch nur ein Mindestmaß an Emotionen rüberzubringen. Die Schuld alleine bei der Sängerin zu suchen, wäre allerdings unfair. Wer will es ihr verdenken, dass angesichts solch seelenloser Musik, wie sie von ihrer Hintermannschaft dargeboten wurde, kein Feeling aufkommt? Das stumpfe Riffing zeigte keinerlei Abwechslung, so dass die Songs nur vor sich hin plätscherten und sich schnell Langeweile breit machte – daran konnten auch die derben Grunts von Bassist Tom Saxer nichts ändern. Monotonie kann, kunstvoll eingesetzt, ein sehr wirkungsvolles Stilmittel sein. Bei ELIS war dies jedoch ganz und gar nicht der Fall, zumal man nicht den Eindruck hatte, dass diese Monotonie gewollt war. Die liechtensteinisch-schweizerische Formation verlor sich in Belanglosigkeit – kein Wunder, dass es ihr nicht gelang, das Publikum für sich zu begeistern.

NIK PAGE

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Nik Page auf dem Castle Rock 6
Seltsame Bühnendekorationen statt guter Musik – NIK PAGE.

Wenn ELIS auch nicht in der Lage waren, dass Publikum in Begeisterungsstürme zu versetzen, so musste man doch im Anschluss feststellen, dass der ehemalige BLIND PASSENGERS-Frontmann NIK PAGE und seine Truppe um einiges schlechter ankamen – und das völlig zurecht. Der Elektro-Goth-Rock mit seinen tanzbaren Beats aus der Konserve und dem teilweise durch ein Megafon verzerrten Gesang war ziemlich substanzlos. Ihre musikalischen Defizite versuchte die Band durch ein ziemlich abgefahrenes Bühnenbild zu kaschieren. So hatte man zwei männliche und zwei weibliche kopflose Schaufensterpuppen auf der Bühne platziert, denen teilweise die Hände fehlten, und der Keyboarder der Truppe machte mit einem futuristischen Outfit auf sich aufmerksam. Dass es der Band in erster Linie darum ging, mit optischen Reizen auf sich aufmerksam zu machen, zeigte sich auch im Auftreten der Gitarristin und Background-Sängerin Dara Pain. Musikalisch war die Dame nämlich ehrlich gesagt verzichtbar: Ihr zaghafter, mit dünner Stimme vorgetragener Gesang war wenig überzeugend, und die Gitarre schien sie auch nur umgehängt zu haben, damit es wenigstens so aussieht, als habe ihre Bühnenpräsenz eine Berechtigung. Tatsächlich aber schlug sie nur ab und mal in die Saiten, das Gros der Gitarrenarbeit stammte vom hauptamtlichen Gitarristen. Das missratenen ÄRZTE-Cover “Mysteryland” machte die Sache auch nicht besser, und während ELIS sich redlich bemühten, das Publikum für sich zu gewinnen, zeigten sich NIK PAGE und seine Sacrifight Army angesichts des mangelnden Zuspruchs dermaßen deprimiert, dass sie ihren Auftritt vermutlich um einige Stücke kürzten – zumindest verließen Musiker bereits deutlich früher als geplant die Bühne…

JANUS

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JANUS, deren diesjähriger Auftritt nicht ihr erster auf dem CASTLE ROCK war, wurden im Anschluss mit lautem Jubel begrüsst und ließen es dann auch richtig krachen. Trockene, moderne Riffs, die man wohl am ehesten der Neuen Deutschen Härte zuordnen kann, trafen auf rockende Drums und abgefahrene Elektro-Sounds von Tobias Hahn, die er seinem äußerst stylishen Powerbook entlockte, auf dem er offenbar einen Software-Synthesizer betrieb.

Janus live auf dem Castle Rock 6
Bei JANUS trafen abgefahrene Elektro-Sounds auf harte Gitarrenriffs und emotionalen Gesang.

Doch JANUS waren nicht nur laut und lärmend. Vielmehr verstanden es die Musiker, mit den Kontrasten zu spielen und eine äußerst abwechslungsreiche, in ihrer Grundstimmung ziemlich düstere Mischung zu kreieren. So machten sie sehr stark von Laut/Leise-Dynamik Gebrauch, Tobias Hahn tauschte immer wieder die Elektro-Sounds gegen einfühlsame Piano-Klänge aus, und Frontmann Rig wechselte gekonnt zwischen aggressivem, kraftvollem Gesang, Sprech- und normalem Gesang, trug die seltsamen deutschsprachigen Texte, mit denen man ein bisschen auf den Spuren von LETZTE INSTANZ wandelte, aber stets mit Leidenschaft vor und brachte jede Menge Emotionen rüber. Unterstützt wurde Rig bei einigen Songs von Diana Nagel, mit der er sich einige fesselnde Duette lieferte. Besonders überzeugen konnte die Band insbesondere die anwesende Metaller-Schar mit dem harten “Neuroleptiker”, welches als Zugabe den Set beendete, sowie mit dem neuen Stück “Grabenkrieg”, welches dazu einen Kontrast bildete, wie er größer kaum sein kann. Das ruhige Stück stimmte nicht nur aufgrund des beklemmenden Textes, sondern auch aufgrund der traurigen Cello-Melodien der CHAMBER-Musikerin Katharina nachdenklich und gehörte wohl zu den intensivsten Momenten des Festivals. Starker Auftritt!

THE CRÜXSHADOWS

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The Crüxshadows auf dem Castle Rock 6
Der geborene Performer: CRÜXSHADOWS-Frontmann Rogue.

Im Anschluss spielten THE CRÜXSHADOWS auf, wie JANUS keine Unbekannten mehr auf dem CASTLE ROCK, und schafften es, den Stimmungspegel nicht nur zu halten, sondern noch einmal zu steigern. Klar, musikalisch war das, was die Amerikaner zu bieten hatten, nicht besonders aufregend. Ihr Elektro-Goth-Rock kam über Standard-Harmonie- und Tonfolgen nicht hinaus und hob sich alleine durch die recht dominante Geige vom Gros der Kollegen ab. Daraus ergab sich eine gewisse Vorhersagbarkeit, und oft fiel es schwer, die einzelnen Songs voneinander zu unterscheiden, so sehr ähnelten sie sich in Melodik, Harmonik, Rhythmik und Struktur. Auch technisch waren THE CRÜXSHADOWS bestenfalls durchschnittlich: Sänger Rogue lag fast immer einen Viertel-Ton daneben, und stimmlich waren die zu Background-Sängerinnen beförderten Tänzerinnen auch nicht wirklich überzeugend. Das alles tat der guten Stimmung jedoch keinen Abbruch, denn mit ihrer tanzflächenkompatiblen Musik treffen THE CRÜXSHADOWS einfach den Nerv der schwarzen Szene, so dass das Publikum während des Auftritts ordentlich in Bewegung war. Letztlich ist die Beliebtheit der Band aber wohl in erster Linie auf die Ausstrahlung ihres Sängers Rogue zurückzuführen, der auch diesmal die restlichen Musiker zu reinen Statisten degradierte und sämtliche Aufmerksamkeit auf sich zog. Wie man es von ihm gewohnt ist, kletterte er mal am Bühnenrand empor, mal begab er sich in den Fotograben oder gleich direkt in die Menge, und auch seine ausführlichen Ansagen in gar nicht mal so schlechtem Deutsch machten den Amerikaner sehr sympathisch, so dass man die schlechte Gesangsleistung fast vergessen mochte. Der Auftritt machte deutlich, dass musikalisches Können und abwechslungsreiche Kompositionen nicht immer notwendig ist, um das Publikum zu begeistern.

THERION

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Therion live auf dem Castle Rock 6
THERION boten eine energische Live-Show und rockten trotz orchestraler Samples, was das Zeug hält.

Nach einer längeren Umbaupause kam dann fast pünktlich, gegen 20.45 Uhr, der Moment, auf den die Kuttenträger-Fraktion, welche den Auftritt von Rogue distanziert betrachtet hatte oder teilweise erst im Anschluss daran in Schloss Broich einkehrte, die ganze Zeit gewartet hatte. Unterstützt von einem vierköpfigen Chor, einer Solo-Sopranistin sowie natürlich nicht wenigen Samples, um die aufwändigen orchestralen Arrangements live wiedergeben zu können, lieferten Christopher Johnsson und seine Band ein sehr gelungenes Best-Of-Programm ab. Dabei legte man zwar den Schwerpunkt auf das aktuelle Doppelpack “Lemuria“/”Sirius B“, es wurden aber auch sämtliche anderen Alben berücksichtigt, so dass nicht nur Fans aller Schaffensphasen zufrieden gestellt wurden, sondern vor allem ein recht abwechslungsreiches Programm geboten wurde. Besonders abgefeiert wurden Klassiker wie “Invocation Of Naamah” vom “Theli”-Album, während das harte “Riders Of Theli” als einziges Stück von “Lepace Kliffoth” den anwesenden Metallern zwar viel Freude bereitete, für viele Gothics aber offenbar schon zu viel des Guten war. Überhaupt waren die Reaktionen für einen Headliner relativ verhalten, und so gut gefüllt wie beim Auftritt der CRÜXSHADOWS war der Hof des Schlosses im weiteren Verlauf des Auftritts der Schweden nicht mehr. Zwar bemühte sich Christopher Johnsson mit seinen deutschen Ansagen redlich die Leute zum Mitsingen zu bringen, doch zeigte sich immer wieder, etwa bei der Ankündigung des deutschsprachigen “Schwarzalbenheim”, dass viele Anwesende mit dem Material nicht allzu vertraut waren. THERION nahmen es gelassen und boten dennoch eine sehr energische und vor allem rockige Show, bei der die klassischen Samples und Chöre niemals Überhand nahmen. Insbesondere Mats Levén beeindruckte mit einer formidablen Gesangsleistung und drückte der Musik mehr denn je einen Heavy Metal-Stempel auf. Hier zeigte sich mal wieder, was für ein begnadeter und vielseitiger Sänger er der Schwede ist, der unter anderem Alben von MALMSTEEN, AT VANCE und KRUX mit seinem charismatischen Gesang veredelte. Um auch noch dem letzten Anwesenden klar zu machen, dass man es mit einer Metalband zu tun hat, gab es zum Abschluss eine Coverversion von MOTÖRHEADs “Iron Fist”, bei Mats Levén als Lemmy-Imitator eine sehr gute Figur machte. Ein sehr gelungener Abschluss eines Auftritts, der deutlich machte, dass THERION zurecht die Position des Headliners inne hatten.

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