SCREAM SILENCE – Der zweite Akt

Was Sänger Hardy zur aktuellen CD "The 2nd" zu erzählen wußte, erfahrt ihr hier…

Fast noch schöner als ein neues Album der eigenen Lieblingsband kann manchmal die Überraschung sein, wenn man zufällig auf ein bis dahin einem gänzlich unbekanntes Juwel inmitten der Veröffentlichungsschwemme stößt, das einen unvorbereitet mit wunderschönen Weisen überrumpelt. Eben solch einen Edelstein stellte für mich „The 2nd“ der Berliner SCREAM SILENCE dar. Düstere Gothicsongs, bei denen vor allem die melancholische Stimme von Sänger Hardy Fieting zu begeistern weiß, fraßen sich mir sofort ins Ohr, um sich dort häuslich einzurichten. Und so war es klar, daß Hardy mir interviewtechnisch Rede und Antwort stehen mußte…

Hallo, Hardy. Zunächst einmal Gratulation zu eurem hervorragenden Album, schlicht „The 2nd“ betitelt. Wie kam es zu dem Titel, wolltet ihr das Hauptaugenmerk gleich auf die Musik lenken?

Hardy: Wie wir fanden, war „The 2nd“ der logische zweite Schritt nach der „To Die For…„ , und irgendwie wollte kein Titel so richtig passen, da haben wir uns entschlossen, das Album einfach mit „The 2nd“ zu betiteln, um nicht mit irgendeinem an den Haaren herbeigezogenen Namen Verwirrung zu stiften und vom wesentlichen abzulenken.

Produziert werden eure Platten von Dir selbst. Fehlt einem bei der eigenen Musik nicht manchmal der nötige Abstand, den man als Produzent braucht, um objektiv zu arbeiten?

H.: Du hast schon recht, manchmal verknoten wir uns während der Produktion ein wenig in unserer eigenen Kreativität. Das kann dir aber genauso gut in einem anderen Studio gelingen. An dieser Stelle kommt der größte Vorteil eines eigenen Studios zu Tage. Du lässt in so einem Fall einfach ein paar Tage die Finger von dem Song und hörst mit etwas Abstand ein bis zwei Wochen später noch einmal in den Song, das hilft meistens. Andererseits, finde ich, steckt auf diese Weise viel mehr von uns selbst in unserer Musik.

Der Sound auf „The 2nd“ wirkt in meinen Ohren kühler und elektronischer… war das ein beabsichtigter Schritt, um einen Aufguss vom ersten Album zu verhindern und stattdessen einen Schritt nach vorne zu machen?

H.: Während der Produktion merkten wir gar nicht, wie sich wie von selbst immer modernere Sounds in die Songs schlichen. Hinterher betrachtet ist dies wohl der Hauptunterschied zur „To Die For…„ . Ein wenig weg von den altbackenden Sounds zu einer wesentlich moderneren Struktur, ohne den Gothicrock aus unserer Musik zu verdrängen.

Was mir neben der tiefen Emotionalität eurer Musik sehr gefällt, sind die ehrlich wirkenden, nicht zu klischeebeladenen und stets einfach gehaltenen Texte. Ganz besonders hat es mir Forgotten Days angetan. Darin besingst Du die Endlichkeit der Liebe… ist Liebe wirklich immer vergänglich oder sind Textzeilen wie I will forget your lovely eyes / I will forget my painful cries vielmehr ironisch zu verstehen?

H.: Nun sei mal ehrlich, wer hat nicht nach einer Enttäuschung versucht, alles so schnell wie möglich zu vergessen? Hat es auf Anhieb funktioniert? 🙂 Ich denke, nichts verschwindet in der Vergangenheit, nur weil man versucht, es einfach abzuhaken.

Wie weit gründen sich Deine Text auf wahren Begebenheiten?

H.: Die Texte sind Episoden aus eigenen Erlebnissen, aus Träumen, oder sie entstehen einfach aus der Angst, solche Erlebnisse machen zu müssen.

Nicht ganz klar ist mir, wie das Cover, das ja sehr klar und sachlich gehalten ist, mit eurer äußerst emotionalen Musik zusammenpassen soll… was waren eure Beweggründe, lediglich Titel, Logo und ein Bild von Dir auf das Cover zu nehmen? Was sagten denn Deine Bandkollegen dazu, dass nur Du vorne drauf zu sehen bist 😉 ?

H.: Dem Cover liegt der selbe Gedanke zugrunde wie dem schlichten Plattentitel. Es sollte einfach nicht von der Musik ablenken. Die Idee mit dem Foto von mir stammt im übrigen nicht von mir, sondern von der Band. Ich glaube beinahe, das größte Problem damit hatte ich selbst.

Ihr seid vor kurzem erst eine Headlinertour gefahren, wie lief´s denn? Wart ihr zufrieden? Gibt´s irgendwelche Anekdoten zu berichten?

H.: Wir freuen uns immer wie kleine Kinder, wenn es auf Tour geht. Die letzten Konzerte liefen eigentlich ganz gut. Einige Anekdoten sind, sofern sie nach der Tour noch im Gedächtnis waren, auf unserer Homepage unter www.screamsilence.de nachzulesen. Ich geb mir Mühe, die Seiten nebenbei so aktuell wie möglich zu halten.

Live aufgetreten seid ihr letztes Jahr auch beim äußerst chaotischen Wave-Gotik-Treffen 2000 in Leipzig – wo ja auch für die The Sparrows and the Nightingales-Single ein Livemitschnitt angefertigt wurde. Wie habt ihr damals die chaotischen Zustände erlebt, nachdem im Laufe des Sonntags mal eben die komplette Organisation zusammenbrach?

H.: Nach der Verlegung unseres Konzerts in die Agra-Halle spielten wir dort am Sonntag gegen 20 Uhr 30. Die Stimmung war hervorragend, die Band war klatschnass vom Ausladen, da es in Strömen regnete, totale Hektik beim Umbau der Bühne, und ich hab mir ´ne Beule am Mikroständer geholt… Es war eine Atmosphäre wie vielleicht noch nie beim Treffen. Aus Zeitdruck konnten wir leider nur 25 Minuten spielen, aber ich denke, in Anbetracht der Umstände hatte wohl jeder Verständnis.

Da nun die The Sparrows…-Single schon angesprochen wurde… wie kam es dazu, dass ihr diese Wolfsheim-Coverversion rausgebracht habt? Und wieso nicht auf einem regulären Album?

H.: Also das mit Sparrows… war am Anfang eigentlich so ´ne pure Livegeschichte. Wenn man erst eine Platte am Start hat, greift man schnell auf einen Coversong zurück, um die Kürze des eigenen Programms zu kaschieren. Dann kam die Idee, den Leuten das Warten auf die Zweite mit einer Single zu verkürzen. Dass die beiden Scream Silence-Abkömmlinge nun so kurz hintereinander erschienen, war genauso wenig der Plan wie Sparrows… auf „The 2nd“ zu veröffentlichen.

Haben Wolfsheim selbst mal eure Version zu hören bekommen? Wenn ja, was war ihr Kommentar?

H.: Ich hab keine Ahnung, ob Wolfsheim unsere Version je zu Gehör bekommen haben. Wir mußten zwar um Erlaubnis fragen, aber ich glaube, das lief nur über den Verlag.

Wie zufrieden seid ihr eigentlich mit der Arbeit von Moonstorm Records? Seid ihr froh, bei einem Label Priorität zu genießen oder wünscht ihr euch manchmal auch, bei einem Label mit vielleicht etwas mehr Möglichkeiten zu sein?

H.: Es ist schon einerseits schön, bei einem kleineren Label eher ein Schwerpunkt zu sein, andererseits könnte wahrscheinlich ein größeres Label unserer Band sagen wir mal mehr Nachdruck verleihen. Aber ich denke, es ist auch nicht besonders vorteilhaft, zu schnell aufzusteigen, man könnte auch viel früher fallen 😉 .

Eure Kritiken in der Presse sind – soweit ich das verfolgt hab´ – immer äußerst gut. Zum großen Durchbruch ist es aber noch nicht gekommen. Habt ihr Angst, ewig nur Kritikerlieblinge zu sein?

H.: Auch das liegt wohl an unserem gewählten langsamen Weg. Wir geben uns die größte Mühe, auf dem Drahtseil nicht als ewige Newcomer abgestempelt zu werden.

Laß uns ein wenig auf euer Debüt „To Die For…„ zu sprechen kommen… was geht Dir heute beim Hören dieser Platte durch den Kopf?

H.: „To Die For…„ ist und bleibt in meinen Augen ein gelungenes Debut.

In Illumination hast Du auf dem Album die Musik als Trostspender in schweren Zeiten besungen. Kann Musik Deiner Meinung nach wirklich nachhaltig etwas bewirken? Vielleicht gar das Leben von Menschen zum Positiven hin verändern?

H.: Musik ist ja nun einmal Gefühls- und Stimmungssache, ob nun beim Musizieren oder beim Hören. Dass man sich nun gleich durch Musik verändert, glaube ich nicht. Vielmehr denke ich, dass die richtige Musik zur richtigen Zeit Gefühle verstärken kann.

Was hat Dich ursprünglich dazu bewogen, Musik zu machen?

H.: Das war für mich der Hauptbeweggrund, selbst zu musizieren. Es ist einfach meine Art, Gefühle auszudrücken.

Ihr kommt aus Berlin, einer meinem ganz persönlichen Eindruck nach ziemlich hektischen Stadt… wie empfindest Du Berlin und wie schaffst Du Dir die nötige Ruhe, um kreativ sein zu können?

H.: Wenn du in Berlin wohnst, kommt dir alles gar nicht so hektisch vor. Es ist irgendwie normal, dich durch die Straßen zu drängeln 🙂 . Aber bei mir im Studio kann man sich schon ganz gut zurückziehen, um dem Großstadtstress zu entkommen.

Was war für Dich der bislang schönste Moment mit Scream Silence?

H.: Immer wieder auf der Bühne zu stehen und zusammen mit dem Publikum diesen einmaligen Moment zu genießen.

Wo siehst Du Scream Silence in fünf Jahren?

H.: Oh … ich hoffe, immer noch auf der Bühne 😉 .

Irgendwelche letzten Worte? Was habe ich vergessen, Dich zu fragen?

H.: Hmm, vielleicht sollte ich das lassen, aber irgendwie vermisse ich die obligatorische Dreadful Shadows-Frage 🙂 .

Nun, die soll Dir diesmal dann auch erspart bleiben, hehe…

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