Viking Metal aus Russland? Ja, das gibt es. Seit ihrem 2000er Debüt The Last Son Of The Fjord gehören NOMANS LAND zum festen Inventar der Viking Metal-Szene. Ihr überzeugendes Zweitwerk Hammerfrost machte sie einer größeren Wikinger-Fanschar bekannt und mit Raven Flight haben sie Ende 2006 gezeigt, dass sie auch schrofferen, schwarzmetallischen Klängen nicht abgeneigt sind und diese sehr wohl in ihre Hymnen hineinweben können. Somit also Grund genug, Basser und Fronter Hjervard vor der Europatour im Februar im Rahmen eines virtuellen Schwätzchens zu kontaktieren – wenn auch ohne Met.
Ihr habt kürzlich euer drittes Album Raven Flight auf die Metalwelt losgelassen. Wie seid ihr mit den Pressereaktionen bis jetzt zufrieden?
Die Pressereaktionen waren unterschiedlich. Ich habe sehr viele verschiedene Reviews zu unserem Album gesehen. Nun, es ist wohl allgemein bekannt: je mehr Leute, desto mehr verschiedene Meinungen. Einige von ihnen glauben, dass wir uns zugunsten des Black Metals aufgegeben haben und darum das Album schlechter ist als sein Vorgänger Hammerfrost. Aber die meisten mögen Raven Flight und im Großen und Ganzen sind die Pressereaktionen sehr positiv.
Die Presse ist ja nur ein Faktor, entscheidend ist ja auch die Reaktion der Fans. Wie haben eure deutschen Fans auf die neuen Songs reagiert, als ihr im Dezember 2006 einige Gigs in Deutschland gespielt habt?
Im Dezember 2006 sind unsere Performances für uns ein wichtiger Schritt nach vorn gewesen. Es waren die ersten Konzerte mit einem neuen Gitarristen und alles ist bestmöglichst herausgekommen. Beide Male haben wir mit Black Metal-Bands gespielt. Erst waren wir besorgt, dass die Leute, die zu den Konzerten kamen, unsere Musik nicht richtig akzeptieren würden. Aber das war eine Fehleinschätzung unsererseits. Das Publikum hat stürmisch auf uns reagiert und wir wollten gar nicht mehr von der Bühne runter. Das war wirklich cool, wenn man von der Bühne aus Energie freisetzt und diese in der Publikumsreaktion zurückkommt. Und das war bei allen Konzerten in Deutschland so.
Das ist schön zu hören. Kommen wir zu eurem aktuellen Album. Die Cover von The Last Son Of The Fjord und Hammerfrost haben meiner Meinung nach eine sehr ruhige, majestätische Atmosphäre in sich. Das Cover-Artwork zu Raven Flight scheint im Vergleich aggressiver und brutaler, da darauf ein Schlachtfeld zu sehen ist und mit der roten Farbe nicht gespart wurde. Habt ihr das Design von Jan Patrik Krasny gewählt, weil es die dunkle Seite der Schlachten in der Vergangenheit zeigt?
Da wir Viking Metal spielen und jeder Song des neuen Albums von Schlachten handelt, brauchten wir ein solches Design für Raven Flight.
In der nordischen Mythologie wird der Rabe ja traditonellerweise mit Odins Raben Hugin und Munin assoziiert. Warum habt ihr den Fokus des Titels auf die Raben gelenkt? Bist du persönlich von Raben inspiriert?
Einmal, als ich im Park spazierte, sah ich einen Raben. Also kam mir folgender Gedanke: Während dem Flug sorgt jeder Flügelschlag dazu, dass der Vogel voran kommt. Das ist wie eine Art Bewegung durch die Zeit. Nichts steht still, alles verändert sich. Niemand weiß genau, was in der nächsten Sekunde passieren wird. Odins Raben könnten es wissen.
Außerdem ist der Rabe ein Teil des Schlachtfeldes, egal ob man siegt oder geschlagen wird. Er ist ein Symbol des Todes und der Wildheit. Es ist offensichtlich, dass Raben einen ganz besonderen Reiz haben. In diesem Moment wurde der Vogel für mich eine Inspiration, einen Song zu schreiben.
Obwohl die Lyrics des Titeltracks sich mit den Raben in der nordischen Mythologie beschäftigen – spielen Raben eigentlich auch eine Rolle in der russischen Mythologie?
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Soweit ich weiß, spielt der Rabe keine signifikante Rolle in der russischen Mythologie. Um ehrlich zu sein: Obwohl ich in Russland lebe, bin ich mit der russischen Mythologie nicht gut vertraut, abgesehen von einigen Märchen, die ich aus meiner Kindheit kenne. Aber sogar damals habe ich das finnische Epos Coleville am meisten gemocht. Offensichtlich liegt mir das einfach. Ich kenne die skandinavische Mythologie sehr gut, das kann man von meinen Kenntnissen der russischen Mythologie nicht behaupten.
Die Begeisterung für die skandinavische Mythologie zeigt sich ja auch darin, dass ihr nordische Pseudonyme habt und sie zu eurem Hauptthema in den Texten macht. Auch gewisses nordisch anmutendes Artwork findet sich bei NOMANS LAND, etwa bei den Covern euer beiden ersten Alben. Soweit ich mit den historischen Details vertraut bin, sind die Wikinger auch bis zu eurer Heimatstadt St. Petersburg gekommen und haben Slawen als Sklaven mitgenommen. Meiner Meinung nach gäbe das doch eher negative Assoziationen mit den Wikingern – woher stammt deine Faszination für sie?
Ja, vor fast tausend Jahren kamen die Wikinger nach Russland. Schon damals lebten hier ganz verschiedene Völker, wie heute auch. Soweit ich weiß, haben die Wikinger die ersten Städte am Ufer des Ladoga Sees gebaut, also etwa 150 Kilometer weit weg von St. Petersburg. Die ersten Zaren waren also Wikinger, Schweden, die versuchten, die verschiedenen Stämme zu vereinen.
Unglücklicherweise kann ich meinen Stammbaum nicht bis zur Wikingerepoche zurückverfolgen. Ich mache einfach, was mein Herz mir sagt. Wir würden nie Musik spielen, die in unseren Seelen keine Gefühle auslösen, die nicht bewirkt, dass unsere Herzen schneller schlagen. Das muss wohl das Blut der früheren Krieger in uns sein…
Ich stelle mir vor, dass Russland selber einiges in Sachen Mythologie zu bieten hat. Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, auch die russische Mythologie in euren Texten aufzugreifen?
Ja, Russland ist reich an Mythologie, aber das beeinflusst nicht unsere Texte. Bei mir persönlich löst sie einfach keine Gefühle aus. Wie ich schon gesagt habe, wir werden keine Musik machen, die in unserem Innern kein Echo auslöst.
Auf der METAL ARCHIVES Site steht, dass auch der heidnische Lebensstil ein Thema eurer Lyrics ist. Wie würdest du den heidnischen Lebensstil beschreiben? Wie beeinflusst er dein Leben? Und hattest du schon mal Probleme, weil du Heide bist und darum kein Teil der überwiegend christlichen Gesellschaft?
Das Heidentum ist zuallererst eine seelische Einstellung. Wir probieren, in Harmonie mit den alten Zeiten zu leben. Es spiegelt sich weder in meinem Aussehen, noch in irgendwelchen Zeremonien wider. Ich muss in offizieller Kleidung zur Arbeit gehen – also mit weißem Hemd und Krawatte.
Ausserdem gibt es keine Probleme zwischen uns und den Christen. Eine lange Zeit war in unserem Land jede Religion verboten, außer dem Kommunismus. Ich persönlich bin nicht gegen Leute, die eine andere Religion haben – das ist die Privatsache von jedem einzelnen.
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Weise Worte. Nun ist es ja leider so, dass nordische Symbole und Runen von der (Neo)Nazi-Propaganda missbraucht wurden, beziehungsweise werden. Einige von ihnen missbrauchen auch das Heidentum für ihre Zwecke. Was ist deine Meinung zu diesem Thema und hattet ihr schon mal Probleme in dieser Hinsicht?
Ich bin gegen Nazis und sehe keine Gemeinsamkeit zwischen dem Heidentum und dem Nationalsozialismus. Das Heidentum ist tolerant gegenüber anderen Völkern, anderen Religionen, denn Heidentum bedeutet immer auch Polytheismus.
Bezüglich Nazis hatten wir keine Probleme. Ich glaube, dass Leute, die Viking Metal hören, genug gebildet sind und sich nicht von der besten Rasse-Idee einfangen lassen.
Kommen wir zu einem angenehmeren Thema. Wie seid ihr mit dem deutschen Label Einheit Produktionen in Kontakt gekommen? Und wie läuft die Zusammenarbeit?
Gegen Ende 2003 oder Anfang 2004 – ich erinnere mich nicht genau – schickten wir verschiedenen europäischen Labels eine Demo-Version von Hammerfrost. Zwei Monate später unterschrieben wir den Vertrag bei Einheit Produktionen. Das war ein großartiger Augenblick für jeden einzelnen in der Band.
Und ja, wir geniessen es, wie Einheit Produktionen arbeitet: kompetent und professionell. Russische Labels können nicht so arbeiten.
NOMANS LAND wurde ja schon 1996 gegründet, euer erstes Album The Last Son of the Fjord kam im Jahr 2000. Gibt es irgendwelche Demos aus diesen vier Jahren oder ist auf diesem Album alles, was ihr in euren ersten vier Jahren kreiert habt?
Unser Gitarrist hat die Aufnahmen der Songs, die weder auf The Last Son of the Fjord noch auf dem zweiten Album drauf waren. Diese Aufnahmen wurden während den ersten zwei Gigs gemacht. Übrigens, der Song Beard of Storm ist derjenige, der nicht auf das erste Album kam. Und sogar jetzt bedenken wir, ob wir ihn aufnehmen sollen.
Nach Hammerfrost hat Einheit Produktionen euer Debüt als Re-Release veröffentlicht und mit Multimedia-Bonusmaterial eines Livegigs von euch angereichert. Da ich nur den Re-Release kenne und der russischen Schrift nicht mächtig bin: Wurde dieser Re-Release auch neu gemastert oder mit einem neuen Artwork versehen?
Unser erstes Album wurde so neu veröffentlicht, wie es zuvor in Russland verkauft worden war. Das bezieht sich aufs Design und aufs Cover. Der einzige Unterschied ist das Bonus-Video. Dieses wurde im Arctica-Club gedreht, anno 2005. Leider lässt die Qualität des Videos doch zu wünschen übrig. Aber damals hatten wir keine anderen Videos. Während diesen Aufnahmen war das Line Up der Band anders als jetzt. Als dieses Album aufgenommen war, musste die Rhythm-Fraktion die Band verlassen, diese haben sich sozusagen in TROLL GNET EL reformiert. Sigurd und Torvald blieben, Ainar kam im Sommer 2000, ich kam danach, im Herbst.
Auf eurem Debüt habt ihr ein Instrumental, das Nomans Land heißt. Habt ihr einen speziellen Bezug zu diesem Song? Und wieso habt ihr eure Band eigentlich NOMANS LAND genannt? Ein Grund für diese Frage ist der, dass man eigentlich No Man`s Land schreiben würde, wenn man der englischen Grammatik Folge leistet.
Ich muss sagen, dass das Instrumental Nomansland genau die Atmosphäre reflektiert, die in unsere Musik beherrscht. Das ist sozusagen das Herz unserer Band.
Bezüglich der Schreibweise von NOMANS LAND muss ich zugeben, dass es ein kontroverses Thema ist. Ich weiß, dass die richtige Schreibweise No Man`s Land ist. Während ihren Expeditionen haben die Wikinger viele neue Länder gefunden. Unser Bandname erzählt den Leuten von einem nicht erkundeten, nicht bewohnten Land. Sogar wir selber haben es noch nicht geschafft, dieses Land vollständig zu entdecken. Das passiert von Album zu Album, von Konzert zu Konzert. Und wir werden uns viel Zeit lassen, bis wir dieses Land für uns öffnen zu können. Vielleicht brauchen wir dazu unser ganzes Leben.
In der Vergangenheit hattet ihr ja einige Wechsel in eurem Line Up. Zum Teil sind Ex-Mitglieder von NOMANS LAND bei TROLL GNET EL eingestiegen. Sind die aktuellen Mitstreiter auch noch in anderen Bands und Projekten aktiv oder seid ihr alle nur mit NOMANS LAND beschäftigt? Und falls es Side-Projekte gibt, wie heißen sie?
Nein, die Band ist wichtig für uns und die aktuellen Mitglieder haben keine Side-Projekte. Außerdem hätten wir gar keine Zeit dafür, uns noch anderen Projekten zu widmen. Unsere gesamte Freizeit widmen wir NOMANS LAND. Ich kann nicht genau sagen, was unser Ex-Session Keyboarder macht, weil ich keine Informationen über sein momentanes Projekt habe.
Von den Sideprojekten zu den Ursprüngen: Welche Band hat euch zum Heavy Metal gebracht? Und wem ist es zu verdanken, dass ihr euch dem Viking Metal zugewandt habt?
Wir mögen alle verschiedene Musik. Ich weiß aber, dass jeder von uns SLAYER mag. Ich selber kam durch SLAYER, IRON MAIDEN, ANNIHILATOR und MÖTLEY CRÜE zum Metal. Und ich mag diese Bands noch immer sehr. Ich weiß nicht, welche Band uns dazu inspiriert hat, Viking Metal zu spielen. Nun, da wir alle immer verschiedene Musikarten gemocht haben und unsere eigene gespielt haben, kamen wir wohl alle zusammen darauf. Es lebt in uns. Wir inspirieren einander, diese Musik zu spielen.
Wenn man von Pagan Metal und Osteuropa spricht, fällt oft der Name der Letten SKYFORGER. Gibt es irgendwelche Pagan Metal Bands im russischen Underground, die unsere Aufmerksamkeit verdienen?
In Russland haben wir nicht so viele Pagan Metal-Bands. Es gibt genügend Black Metal-Formationen. Wenn es zum Pagan Metal kommt, kann ich leider nicht weiterhelfen und eine Empfehlung abgeben. Ich gehe selten als Zuhörer zu Konzerten.
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Kommen wir wieder zu eurem aktuellen Werk, Raven Flight. Auf mich macht es einen dunkleren, härteren Eindruck als euer Debüt und Hammerfrost. Wie siehst du euer aktuelles Album im Vergleich mit den zwei Vorgängern? Wolltet ihr, dass es aggressiver und dunkler ausfällt?
Wir haben Raven Flight so gemacht, wie wir es fühlten. Ja, es ist definitiv aggressiver und dunkler. Das ist unser nächster Schritt nach vorn. Sobald Hammerfrost aufgenommen war, konnte ich nicht sagen, was für eine Art Album wir als nächstes machen würden. Jetzt kann ich auch nicht sagen, was wir das nächste Mal aufnehmen werden – das hängt alles von der Zeit ab. Im Moment der Aufnahmen von Raven Flight sahen wir es so, wie du es kennst. Wir hören sicher nicht auf, zu arbeiten. Bald gibt es ein neues Album und etwas Neues darauf. Aber auch das wird Viking Metal sein!!
Wie läuft denn bei euch der Songwriting-Prozess ab? Wart ihr unter Druck, als ihr die Songs für Raven Flight schriebt, weil Hammerfrost so erfolgreich gewesen war?
Normalerweise ist es so, dass Sigurd eine neue Melodie bringt und wir dann alle anfangen, am Arrangement zu erarbeiten. Manchmal klingt es am Schluss etwas anders, als es ursprünglich klang. Alles nimmt seinen normalen Verlauf. Und wir schauen fast nie zurück in die Vergangenheit – wir kreieren immer etwas Neues.
Im Text von Torir Scald kommt auch das nordische Wort konung vor. Eure Lyrics sind jedoch meistens auf Englisch gehalten, habt ihr dieses Wort als speziellen Effekt integriert? Plant ihr, in Zukunft auch mal ganze Texte auf Altnordisch zu schreiben?
Wir haben nicht nur in diesem Song nordische Wörter verwendet – sie kommen in jedem Song vor. Ursprünglich haben wir an Altnordisch gedacht, um es für unsere Songs zu verwenden. Aber jetzt kann ich diese Frage nicht beantworten, weil ich nicht weiß, was wir das nächste Mal machen wollen.
In Mjolnir kommen ja auch einige Flötenklänge vor. Kommen die von Keyboards oder sind sie echt? Plant ihr, mehr echte, verschiedene Instrumente in euren Sound einzubinden oder bleibt ihr beim Keyboard?
Alle Flötenklänge und Sounds von anderen Instrumenten wurden mit Keyboards gemacht. Ich denke nicht, dass wir die echten benutzen würden. Obwohl wir einen neuen Gitarristen haben, besteht NOMANS LAND noch immer aus drei Leuten. Es ist sehr schwierig für neue Leute, Teil unserer Familie zu werden. Wir haben auch nicht vor, neue Leute an Bord zu nehmen.
Auf eurem Bandfoto im Booklet von Raven Flight sind auch nur drei Leute abgebildet, ihr hattet jedoch noch zwei zusätzliche Keyboarder und euren Ex-Gitarristen Torvald an der Rhythmusgitarre. Was mich verwirrt, ist, dass auf METAL ARCHIVES Site steht, dass NOMANS LAND ein Sextett sei. Geht ihr im Februar etwa als Sextett auf Tour?
Torvald hat die Entscheidung, die Band zu verlassen, schon vor der Foto-Session gefällt, also ist er auf den Fotos nicht zu sehen. Die Information auf der METAL ARCHIVES Site ist fehlerhaft. Sie haben alle Sessionmitglieder als Bandmitglieder aufgezählt. Auf der Europatour werden wir zu viert sein. Die Keyboards übernimmt ein Computer-Notebook. Wir brauchen nicht mehr Leute, als jetzt in der Band sind.
Bleiben wir gleich bei der Tour. Diesen Februar seid ihr zusammen mit THRUDVANGAR unterwegs in Europa. Auf was freut ihr euch am meisten und was können die Besucher euer Gigs erwarten?
Die Tour ist eine Konsequenz für uns, wie auch alle anderen Konzerten. Wir hoffen, dass das Publikum unsere Performance genießt. Was sie erwartet sind vier langhaarige Typen, die den kalten Nordwind und die Power des Metals mit sich bringen!