MNEMIC: Zu viel Brutalität tötet die Brutalität

MNEMIC sind zurück und zeigen mit "Sons Of The System", dass man sie nur wegen des etwas schwächeren "Passenger"-Albums noch lange nicht abschreiben sollte. Sänger Guillaume Bideau fühlt sich jedenfalls pudelwohl, nachdem sich die Band nach seinem Einstieg neu zusammengerauft hat und heute mehr denn je als Einheit auftritt. Was er über die neu gewonnene Stärke der Band, die Ursachen für die zwischenzeitliche Schwächeperiode und die geheimen Welteroberungspläne zur Absetzung von METALLICA als Metalgötter zu erzählen hat? Lest selbst!

MNEMIC sind zurück und zeigen mit Sons Of The System, dass man sie nur wegen des etwas schwächeren Passenger-Albums noch lange nicht abschreiben sollte. Sänger Guillaume Bideau fühlt sich jedenfalls pudelwohl, nachdem sich die Band nach seinem Einstieg neu zusammengerauft hat und heute mehr denn je als Einheit auftritt. Was er über die neu gewonnene Stärke der Band, die Ursachen für die zwischenzeitliche Schwächeperiode und die geheimen Welteroberungspläne zur Absetzung von METALLICA als Metalgötter zu erzählen hat? Lest selbst!

Wo seht ihr selbst die Hauptunterschiede zwischen Sons Of The System und euren vorherigen Alben hinsichtlich des Songwritings, der Produktion und der Texte?

Auf der Kompositionsebene ist Sons Of The System weniger komplex als seine Vorgänger, gerade wenn man sich Passenger oder Mechanical Spin Phenomena anhört. Dafür klingt das neue Album direkter, spontaner und abwechslungsreicher, ohne die gesunde Härte oder die Eingängigkeit zu vernachlässigen. Produktionstechnisch ist Sons Of The System wärmer und organischer ausgefallen. Wir wollten bewusst nicht diesen klischeemäßig-skandinavischen, kalten, mechanischen Sound, sondern etwas Offeneres mit weniger Verzerrung. Ein weiteres Ziel, das wir uns gesetzt hatten, war obendrein, so viel wie möglich zu experimentieren und neue Sachen auszuprobieren, was dann in Liedern wie March Of The Tripods resultierte. Was die Texte angeht, so gibt es diesmal kein konzeptionelles Thema. Unser Gitarrist Mircea Gabriel Eftemie und ich stellen auf dem Album als Texter unsere Sicht der Welt und das System dar, das wir wahrnehmen. Ich persönlich beschreibe die Gesellschaft in ihrem heutigen Zustand aus meiner Sicht, also sehr subjektiv. Mir ist es wichtig, verschiedene Deutungszugänge zu meinen Texten zu eröffnen. Mirceas Herangehensweise weicht davon nicht großartig ab, nur dass er sich häufiger mit Zukunftsvisionen von der Welt in 50 oder 100 Jahren beschäftigt.

Die erste Reaktion eines Freundes beim Hören des Songs Diesel Uterus war Alter, wie tief kann man eigentlich eine Klampfe stimmen!? Wie groß ist der Einfluss der von euch verwendeten Achtsaiter-Gitarren auf Sons Of The System?

Wir spielen mittlerweile auf Fis, was wirklich sehr tief ist. Allerdings benützen wir bei MNEMIC schon länger tieferes Tuning, so dass es höchstens einen unterbewussten Einfluss auf den Kompositionsprozess hat. Klar würden unsere Lieder in der regulären Stimmung anders klingen. Gerade Diesel Uterus ist ziemlich tief, während andere nicht ganz so extrem ausgefallen sind.

In welchem musikalischen Bereich ist die Band deiner Meinung nach in den letzten Jahren am meisten gereift?

Der Einfluss von Bands wie FEAR FACTORY, STRAPPING YOUNG LAD und MESHUGGAH auf uns hat sich deutlich verringert, da wir in letzter Zeit weniger Metal hören. In der Vergangenheit bestand das Songwriting auch noch hier und da einfach aus dem Zusammenwürfeln von ein paar Riffs, doch inzwischen konzentrieren wir uns sehr stark darauf, echte Songs mit einem klaren roten Faden von Anfang bis Ende zu schreiben. Zudem soll unsere Musik organischer, natürlicher und wärmer klingen. Wir sind heute andere Menschen als in der Vergangenheit und folglich spielen andere Einflüsse für uns eine Hauptrolle. Früher bezog jedes MNEMIC-Bandmitglied seine Inspiration aus den gleichen Quellen. Heute bringen wir alle verschiedene Einflüsse ein, was unsere Musik abwechslungsreicher werden lässt, weil wir viel mehr experimentieren.

Mir persönlich gefällt an eurer Musik besonders die Mischung aus Komplexität und Eingängigkeit. Wie gelingt es euch, diese Balance zu halten?

Wie erwähnt probieren wir inzwischen viel aus, was Komposition und Sound angeht, aber ich bin auch ein großer Fan von eingängigen Refrains. Für mich stellt der Refrain das Herz eines Liedes dar. Selbst wenn wir im restlichen Song versuchen, so aggressiv wie nur möglich zu klingen, muss die Musik immer noch durch ein paar frische Melodien atmen können. Zu viel Brutalität tötet die Brutalität. Das Zauberwort lautet hier Entspannung. Heaviness und Eingängigkeit sollen Hand in Hand gehen können. Wir gehen dabei sehr spontan vor, statt uns vorab den Kopf zu zerbrechen, wie der Song aufgebaut sein soll. Hauptsache bleibt, dass er in unseren Ohren gut klingt.

Auch wenn du erwähnt hast, dass die neuen Stücke nicht mehr ganz so vertrackt sind, stelle ich mir ihre Livedarbietung doch als ordentliche Herausforderung vor. Gibt es Lieder, die ihr live lieber nicht spielt, weil sie für die Bühne zu kompliziert aufgebaut oder zu schwierig zu spielen sind?

Eigentlich nicht. Wir brennen darauf, jeden der neuen Songs mal live auszuprobieren. Als Erste werden wir Diesel Uterus, Hero In, March Of The Tripods, Climbing Towards Stars und Elongated Sporadic Bursts ins Liveset aufnehmen. Aber die anderen Lieder werden sicher in Zukunft ebenfalls zum Zuge kommen, wenn wir uns an das neue Material live gewöhnt haben.

MNEMIC:

Das Artwork von Sons of The System 

Kommen wir zum Artwork von Sons Of The System. Können wir das Coverbild als Statement für den großen Zusammenhalt innerhalb der Band interpretieren?

Definitiv. Der Fünfzack mit den verschränkten Armen steht für uns als Einheit. Uns gefiel das Bild, obwohl es jetzt nicht direkt mit dem Albumtitel zusammenhängt. Aber der ist ja wiederum auch nicht repräsentativ für das gesamte Album, also was soll´s, haha! Es dauerte eine Weile, bis wir uns auf dieses Motiv geeinigt hatten. Kaum dass der Albumtitel vor etwas mehr als einem Jahr feststand, erreichten uns Hunderte von Entwürfen, doch keiner überzeugte uns restlos. Erst als ein Freund von uns die Idee mit dem Stern aufbrachte, änderte sich das. Unser anderer Gitarrist Rune Stigart zeichnete das Motiv und Mircea fügte es in das restliche Artwork ein. Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis.

Welchen Unterschied machte es, dieses Album mit dem gleichen Line-up aufzunehmen, statt wie bei Passenger einen doppelten Sängerwechsel zu verkraften?

Dieses Mal gibt es einfach nur MNEMIC und eben nicht mehr MNEMIC plus Guillaume Bideau. Jetzt haben wir gemeinsam unsere Erfahrungen gesammelt, was bei Passenger naturgemäß noch nicht der Fall gewesen war, da wir uns gerade erst kennen gelernt hatten. Jetzt aber gab es echtes Teamwork, jeder wusste, was er vom anderen musikalisch und künstlerisch erwarten und einfordern kann. Heute sind wir definitiv eine Band im eigentlichen Sinn des Wortes.

Leider war Passenger damals auch nicht so erfolgreich wie The Audio Injected Soul. Ich erinnere mich an euren Gig in Stuttgart vor geschätzten 50 Zuschauern. Wie habt ihr euch das erklärt?

Es lag wohl an zu vielen wichtigen Veränderungen auf einmal: anderer Sänger, anderer Sound, anderer Produzent. Passenger war ein Übergangsalbum für MNEMIC. Es braucht seine Zeit, um sich als Sänger in eine neue Band einzufinden. Kaum war ich in die Band gekommen, musste ich auch schon ein Album einsingen, ohne je zuvor mit den Jungs live gespielt zu haben, was sicherlich nicht die besten Voraussetzungen waren. Heute kennen wir uns in- und auswendig, das Touren hat uns zusammengeschweißt. Wer weiß, hätten wir vor den Aufnahmen zu Passenger die Gelegenheit gehabt, ein wenig zu touren, hätte das Ergebnis nachher vielleicht auch weniger nach MNEMIC mit ungewohntem Sound und einem gerade erst in die Band gepurzelten Guillaume Bideau geklungen. So war Passenger vermutlich schlicht zu unterschiedlich von The Audio Injected Soul, so erklären wir uns die Situation.

Woher nahmt ihr das Selbstvertrauen, dass Sons Of The System euch zurück in die Erfolgsspur verhelfen würde?

Keine Ahnung. Es scheint, als ob das neue Album vielen Leuten gefällt. Aber wir erschaffen einfach nur Musik und können nicht in die Köpfe der Leute hineinschauen. Daher schreiben wir unsere Musik zunächst einfach für uns selbst. Schön, wenn sie dann von anderen Leuten gemocht wird. Letztlich ist es doch aber so, dass manche ein Album als Meisterwerk vergöttern, während andere genau die gleiche Platte völlig scheiße finden. Qualität ist also etwas sehr Subjektives. Das einzig Wichtige für uns ist, dass wir stolz sein können auf das, was wir machen. Schauen wir mal, wohin uns Sons Of The System führen wird!

Euer Promoteam hat sich einige hochmoderne Spielereien wie iPhone-Apps, Online-Spiele oder regelmäßige Facebook-Einträge einfallen lassen. Welche Auswirkungen auf euren Erfolg erhofft ihr euch von diesen Multimedia-Möglichkeiten?

Naja, wir sind garantiert nicht die einzige Band, die sowas macht. Es sind einfach weitere Wege, Leute für MNEMIC zu interessieren. Die iPhone-App macht die Leute eben neugierig und sie wollen sie ausprobieren.

Wie groß ist euer Einfluss als Band auf solche Werbemaßnahmen?

Alle Ideen entstehen gemeinsam. Unsere Plattenfirma und wir betreiben da einen regen Austausch und wählen gemeinsam die besten Ideen aus, wie wir die Band am besten ins Gespräch bringen können.

Vorab war Sons Of The System bereits als Online-Stream im Netz zu hören. Bluten da nicht insgeheim eure Musiker- und Produzentenherzen beim Gedanken daran, dass viele Leute euer neues Album zum allerersten Mal über kleine, blechern klingende PC-Lautsprecher anhören?

So ist es halt heutzutage. Die Leute sind daran gewöhnt, Musik in mittelprächtiger Soundqualität übers Internet zu hören. Klar ist das Internet überfrachtet mit mp3-Dateien in miserabler Qualität. Aber die meisten wissen, dass sie die Songs oder das ganze Album über die offiziellen Plattformen kaufen müssen, wenn sie die beste Qualität haben wollen.

Ein Highlight für euch dürften sicherlich die Supportshows für METALLICA gewesen sein. Was waren eure ersten Reaktionen, als ihr erfahren habt, dass ihr für sie eröffnen dürft?

Was glaubst du? Wir drehten völlig durch! Wir waren gerade mit den DEFTONES auf Tour, als wir den ersten Anruf bekamen, dass METALLICA uns als Vorband haben wollten. Das war völlig abgedreht!

Haben James, Lars und Co. eigentlich eure Adaption ihres Pushead-Shirts gesehen? Gab´s da keinen Copyright-Prozess, hehe?

Sie haben es gesehen und sich sehr darüber amüsiert. Sie sind wirklich coole Jungs.

Auch wenn du noch nicht so lange in der Band bist: Welche Ziele, die die Band vor zwölf Jahren bei ihrer Gründung hatte, wurden in der Zwischenzeit erreicht und welche Träume bleiben noch offen?

MNEMIC können bereits auf einen langen Weg zurückblicken. Wir haben überall auf der ganzen Welt live gespielt, wir waren mit Bands wie den DEFTONES und METALLICA auf Tour…all das ist eine großartige Leistung. Was jetzt noch offen bleibt, ist, den Namen MNEMIC noch bekannter zu machen. Und wer weiß, vielleicht ersetzen wir dann eines Tages METALLICA als Stadionheadliner, haha! O.k., ich glaube, Letzteres wird wohl ein Traum bleiben…

Es gab Gerüchte, dass ihr für die kommenden Shows spezielle visuelle Effekte einsetzen wollt. Was erwartet uns denn bei der anstehenden Tour?

Das genaue Konzept soll eine Überraschung bleiben. Die Hauptidee ist, Bilder und Videos zu projizieren, aber eben auf etwas andere Art und Weise. Wir feilen gerade noch daran. Ihr werdet es dann erleben!

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