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ALEV: Nette Frau mit hohen Zielen

Sängerin Alev und Gitarrist Patrick waren meine Gesprächspartner, um mit mir über ihr Debütalbum und allerhand andere Dingen zu reden.

Bei ALEV handelt es sich um eine hartarbeitende Band, die im letzten Jahr an die 50 Gigs gespielt und Ende 2004 ihr Debutalbum auf den Markt gebracht hat, das durch die Bank gute bis überschwengliche Kritiken bekam. Grund genug also um mit Namensgeberin und Sängerin Alev Lenz und Gitarrist und Gründungsmitglied Patrick Fleischer zu sprechen.

Ihr seid ja eine doch recht junge Band. Erzählt uns doch etwas von Eurer Vergangenheit, wie und wann es losging etc.

Alev: Ganz am Anfang war ich auf einer Feier von einer guten Freundin von mir, habe dort ihren Bruder kennen gelernt und das war der Patrick der gerade neben mir sitzt. Wir haben über Musik gesprochen, er erzählte das er ein Studio hat und ich wollte sowieso mal ein paar Demoaufnahmen machen und so hat es sich dann ergeben. Ich war dann im Studio und habe gesungen und Patrick meinte dann gleich, dass wir was zusammen machen könnten.

Patrick: Ich war wirklich gleich begeistert von ihrer Stimme.

Alev: Wir haben dann ein paar Songs zusammengeschrieben, um auch zu sehen ob die Chemie passt. Nach den ersten Songs kam dann der Martin dazu und so langsam hat es sich dann schon formiert und wir haben mit ALEV auch schon einen Namen gefunden. Die rockige Richtung hat sich gleich herausgestellt und die erste Bandprobe war dann Ende 2001.

Patrick: Mit der Band ging es richtig 2002 los. 2001 haben wir erstmals geprobt und es war gleich klar, dass es mit Rockmusik los- und weitergeht.

Richtig los ging es jetzt im Dezember mit eurem Debutalbum “We Live In Paradise“. Ihr seid bei SAD Music, einen recht jungen Label, gelandet. Wie kam der Kontakt zustande?

CD-Cover 'We Live In Paradise'
Die aktuelle CD ‘We Live In Paradise’

Alev: Über unsere Promotionagentur. Die kamen an mit dem Konzept von SAD, die ja den Künstlern viel Freiraum lassen. Keine Knebelverträge, “Copy Is Right” etc. Wir selbst als Benutzer von Musik fanden diese Idee recht gut und interessant. Außerdem haben ja sehr viele Labels Signingstopp und wir wollen sowieso den langen Weg gehen. Also nicht nur ein gehypter Song und das war es dann. Wir wollen jahrelang aktiv sein und deshalb ist es auch für uns interessant, mit einem kleinen Label zu starten und zu wachsen.

Patrick: So klein ist sie gar nicht, eher neu. Was mir sehr gut an der Firma gefällt, ist das wir absolut freie Hand haben. Die mischen sich in nichts ein. Wir entscheiden welche Songs wir aufnehmen, wir bestimmen das Cover und der Labelboss meinte sogar, er will die CD erst hören wenn sie fertig ist. Die wollen den Künstler so nehmen wie er ist. Und es erstickt ja auch den Geist einer Band, wenn einen alles vorgekaut wird.

Alev: Wir haben auch wirklich vor, langfristig mit denen zu arbeiten. Wir haben einen Vertrag dort unterschrieben und wollen den natürlich auch einhalten. Bis jetzt läuft es ja auch ganz gut.

Diese “Copy Is Right” Geschichte hast ja schon kurz angesprochen. SAD gehen da ja neue Wege und jammern nicht, sondern sagen mehr oder weniger, dass man kopieren soll. Steht man da als Musiker wirklich voll dahinter, könnte das ja auch auf die Verkaufszahlen negativen Einfluss nehmen.

Patrick: Ich und auch der Rest der Band stehen da 100% dahinter. Man braucht als Käufer ja auch Freiheiten. Viele CD`s haben einen Kopierschutz und somit kann man die Songs schlecht auf einen i-Pod oder MP3-Player laden. Im Urlaub oder im Auto möchte man die Scheiben hören und hat so die Freiheit, für den privaten Gebrauch zu machen was man will. Es heißt ja nicht, dass man die 3 Kopien nur für Freunde machen soll, sondern für den Eigengebrauch.

Alev: Wenn man den Leuten was verbietet, macht man sie ja eher noch darauf aufmerksam. Diese Werbespots mit den fünf Jahren Gefängnis für Raubkopien sind doch lachhaft. Man schreibt nun mal das Jahr 2005 und da ist es nun mal so. Es gibt Internet, es gibt MP3 und das gab es halt früher nicht. Es gibt aber immer noch genügend Musiker, die Millionen Scheiben verkaufen.

Patrick: Ich selbst lade mir auch Songs im Internet runter, um zu checken ob die Scheibe gut ist. Wenn dies der Fall ist, kaufe ich sie mir ja auch.

Ihr habt gerade von Millionen verkauften Platten gesprochen. Wie sieht’s bei Euch aus? Die erste Million schon geknackt?

Alev: Keine Ahnung. Wir sind derzeit mehr mit Booking und Videodreh beschäftigt und sind auch mal ganz froh, wenn man mal weniger mit Zahlen zu tun hat. Früher haben wir das immer selber gemacht und du bist irgendwann mal froh, wenn man sich mehr auf die Musik konzentrieren kann.

Ihr habt durch die Bank gute Kritiken erhalten. Mir fällt aber auf, dass speziell in Deutschland deutsche Bands nicht viel Wert sind. Seht ihr das genauso?

Alev: Ich kann diese These ganz speziell an einem Beispiel untermauern. Wir hatten eine PR-Tour in der Türkei. Wir waren in der Türkei nicht bekannt, hatten dort aber eine PR-Tour mit fünf Livesendungen, Interviews in allen Musikmagazinen mit Poster und wurden dort gepusht ohne Ende. In Deutschland ist das halt etwas anders, da werden eher Bands aus Amerika gepusht.

Patrick: In Deutschland ist ja auch der Prophet im eigenen Land nichts wert. Wir sehen das ja schon vor unserer Haustür. Wir kommen aus München und da sind wir viel unbekannter als im Saarland. Unser Fanclub ist in Wien. Von weiter weg man als Band kommt, desto interessanter ist man.

Alev: Gehört zwar jetzt nicht ganz hierher, aber in Amerika ist auch die Unterstützung der Musiker ganz anders. Wenn da einer sagt “Mama, ich will Musiker werden”, dann freuen sich die Eltern. Ich muss mir immer anhören, warum ich nichts Gescheites lerne. Ich habe Abitur und mache jetzt ein Fernstudium, aber ich will Musiker werden. Mein Ziel ist es, irgendwann mal von der Musik zu leben. Daraufhin arbeite ich hin, so wie jeder Mensch in seinem Job ein Ziel hat. Es ist nur sehr schwierig, diesen Traum zu verwirklichen. Wenn ich nur dran denke wie junge Künstler in Schweden vom Staat gefördert werden und hier werden die Künstler schon ein wenig vernachlässigt. Aber man kann es trotzdem hinkriegen. Man braucht halt etwas mehr Spucke und Ausdauer.

ALEV 2005
Patrick: “Wir kommen aus München und da sind wir viel unbekannter als im Saarland. Unser Fanclub ist in Wien. Von weiter weg man als Band kommt, desto interessanter ist man.” ALEV erweckten bei einer Promo Tour in der Türkei mehr Medieninteresse als in Deutschland trotz steter Livepräsenz auch über Bayerns Grenzen hinaus.

Was machen denn die anderen Musiker der Band beruflich?

Alev: Unser Keyboarder ist Angestellter, unser Bassist hat eine kleine eigene Malerfirma, die unter ALEV schon etwas leidet. Man kann halt schlecht zwei Jobs auf einmal machen.

Patrick: Viele Leute wissen das vielleicht gar nicht. Wir haben 2004 fünfzig Konzerte gespielt und waren ständig unterwegs.

Alev: Patrick hat ein eigenes Studio. Auch das ist ein Problem, weil er oft unterwegs ist und sich so nicht ständig Kunden reinholen kann. Ich wohne zum Glück noch im Haus meiner Eltern und unser Schlagzeuger gibt nebenbei noch Unterricht und wohnt auch noch zu Hause. Ich sage auch immer zu meinen Freundinnen, wenn sie mir vorhalten, ich solle was Richtiges tun, dass es nicht geht. Man kann nicht Arzt werden und nebenbei noch Rechtsanwalt.

Was sind so Eure Zukunftspläne für die nächsten Monaten?

Alev: Wir sind mit unserer Bookingagentur ständig in Kontakt. Im April werden wir wohl eine Tour starten.

Mit wem?

Alev: Eine Headlinertour in kleinen Clubs. Als deutscher Newcomer als Support unterzukommen, ist sehr schwer und auch ein finanzielles Risiko. Einzelgigs spielen wir ja immer wieder mal und auch in den nächsten Wochen haben wir noch einige Gigs.

Patrick: Wir haben ja auch ein Video gedreht. Der Plan ist, es Anfang März zu zeigen, im April auf Tour zu gehen, zwischendrin immer ein paar Einzelgigs zu spielen und im Sommer einige Open-Airs. Einige sind auch schon bestätigt, aber ich darf das noch nicht sagen. Bis Spätsommer wollen wir touren, dazwischen ein bisschen Songwriting und Ende des Jahres wieder ins Studio.

Alev: Wir müssen ständig im Gespräch sein. Entweder on the road sein oder an neuen Songs arbeiten. Wenn man sich in der heutigen Zeit mal eine lange Auszeit gönnt, ist man gleich schnell weg vom Fenster.

Wie ist es so als Frau im Männerbusiness “Rock`n` Roll”? Muss man da sehr tough sein, wenn man fast nur mit Männern unterwegs ist?

Alev Lenz
Sängerin und Namensgeberin Alev Lenz beschloss nach einem RADIOHEAD/FOO FIGHTERS Konzert Rockmusiker zu werden

Alev: Vielleicht bin ich unbemerkt tough, aber ich finde mich selbst alles andere als tough. Ich bin schon meistens die einzige Frau, wenn wir unterwegs sind. Was ich schon merke ist, dass die Leute auf Festivals erstmal über das Blondchen lachen und nach dem Konzert kommen sie dann und suchen das Gespräch. Kann schon sein, dass die Leute denken, dieses kleine Blondchen kriegt doch keinen Ton raus. Patrick dachte es ja am Anfang auch und wollte mich wohl nur ins Studio einladen, weil er mich ganz nett fand, haha.

Patrick: Wenn man Alev so sieht kann man sich gar nicht vorstellen, wieviel Power ihre Stimme besitzt und welche Power sie auf der Bühne hat. Wenn man sie so sitzen sieht, denkt jeder die kann höchstens “Schni-Schna-Schnappi” singen.

Du bist ja halbe Türkin. Bist du in Deutschland geboren?

Alev: Ja

Also hast Du mit der Türkei ganz wenig am Hut?

Alev: Meine Mutter ist Türkin und hat schon versucht, mir beides beizubringen. Ich spreche natürlich auch Türkisch. Ich würde mir auch wünschen, dass Türken die jetzt in Deutschland leben noch mehr die Kulturen verbinden würden. Ich finde es für mich eine superschöne Sache. Es ist eine Bereicherung und ich bin meiner Mutter sehr dankbar, dass sie mich nicht versucht hat zu beeinflussen.

Hast Du in deiner Kindheit/Pubertät schlechte Erfahrungen mit deinem türkischen Namen gemacht?

Alev: Ich persönlich habe keinerlei schlechte Erfahrungen gemacht. Ich hatte Glück, nie Ausländerfeindlichkeit zu spüren. Ich muss mir halt sowohl Türken- als auch Blondinenwitze anhören. Ich selber habe es aber trotzdem immer stark wahrgenommen. Als ich 12 war, war ja diese Sache in Solingen. Da hatte ich dann auch schon etwas Angst, weil ich auch sehr sensibel bin.

Was sind Eure Lieblingsplatten?

Patrick: SLAYER – “Reign in Blood”, MEGADETH – “Peace Sells”, KISS – “Dressed To Kill”. Ich bin für den Metalfaktor in der Band zuständig.

Alev: Ich hasse solche Fragen. Ich bin auch jemand der ganz wenig Musik hört und auch selber nur ganz wenige CDs besitzt. Geprägt hat mich die erste ALANIS MORRISSETE und aus der neueren Zeit “Toxicity” von SYSTEM OF A DOWN und QUEENS OF THE STONE AGE. Und die eine Scheibe von RADIOHEAD, den Namen weiß ich jetzt aber nicht. Aber RADIOHEAD war mein erstes Rockkonzert mit FOO FIGHTERS. Und einen Tag später wusste ich, dass ich Rockmusiker werden wollte. Als Kind war ich totaler Michael Jackson Fan, so von 6-13 Jahren. Und seit 10 Jahren bestimmt Rockmusik mein Musikleben.

ALEV 2005
ALEV von links nach rechts: Saner Ariduru (Keyboard/Gitarre), Nicki Brockt (Schlagzeug), Alev Lenz (Gesang/Klavier), Patrick Fleischer (Gitarre), Martin Fahrnholz (Bass)

Wie würdet ihr euren Musikstil bezeichnen?

Alev: Fünf Leute die sich die Köpfe im Übungsraum einschlagen.

Patrick: Schlicht und einfach Rock mit metallischem Einschlag.

Noch eine Frage die oft für langes Schweigen sorgt. Welche Persönlichkeit, gerne auch tot, würdet ihr gerne mal kennen lernen?

Alev: Da habe ich eine super Antwort drauf, weil mich dies erst vor kurzem meine beste Freundin gefragt hat. Ich wusste zwar auch keine Antwort, aber sie meinte sie würde gerne mal Jesus treffen. Und den möchte ich auch gerne mal treffen, nicht weil ich christlich bin, sondern weil ich ihm einfach mal ein paar Fragen stellen möchte.

Patrick: Ganz schwierige Frage. Gene Simmons. Ich bin KISS-Fan seit meinem 7. Lebensjahr und wüsste jede Menge Frage die ich ihm stellen würde.

Ich war auch KISS-Fan. Habe aber die Band zur falschen Zeit live gesehen. Der Auftritt bei der letzten Tour in der Olympiahalle in München war grauenhaft.

Patrick: Stimmt. Da war ich auch. Ein schrecklicher Gig. 1996 beim Rock-Im-Park in Nürnberg war es richtig geil. Aber die “Psycho Circus”-Tour habe ich schon aus meinem Gedächtnis gestrichen.

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