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THE USED: Vulnerable

How Is Your Heart?

So sieht man sich wieder. THE USED kreuzten meinen Weg zuletzt anno 2004 mit In Love And Death. Seitdem hat mein Tonträger-Portfolio an dieser Stelle keinen Zuwachs mehr bekommen. Alles was danach kam, ging durch die Bank an mir vorbei. Wieso ich das Interesse an der Band verloren hatte? Keine Ahnung. Die offensichtliche Mainstream-Liebäugelei des Zweitlings kann jedenfalls nicht dazu geführt haben, dass ich die deutlich vielseitigere musikalische Ausrichtung und fortgeschrittenen Songwriting-Fähigkeiten des Zweitlings seinerzeit nicht so recht zu würdigen wusste. Schließlich schreibt hier jemand bei dem THE ALL-AMERICAN REJECTS und AMORPHIS längst nicht das gegensätzlichste Nachbarschaftspärchen in der heimischen Plattensiedlung bilden. In Love And Death war wohl einfach der klassische Fall einer guten Platte zum falschen Zeitpunkt.

It´s my time to shine / Do it my way / Cause it´s my time baby / It´s my time to burn / Start a fire / Be the one and only / I said it / I meant it / I never will forget it / Change never happens by itself / My time to burn / My time to shine / Time to make it for myself / Make a choice / Shine on, shine on / Do it your way / Shine on, shine on (aus Shine)

Dieses Mal stimmt das Timing. Und entgegen des allseits bekannten zu viele Köche…-Fluchs, haben es die Jungs und ihre Songwriting-Partner – John Feldmann (Interimsproduzent, GOLDFINGER) war an sieben, Evan Taubenfeld (Ex-AVRIL LAVIGNE) und Martin Johnson (BOYS LIKE GIRLS – ein (schl)echter Geheimtipp!) an jeweils einem Song beteiligt) geschafft, ein durchaus gelungenes Gesamtwerk zu kreieren. Einzig die zusammen mit Herrn Johnson komponierte Ballade Getting Over You fällt ab. Bei der Nummer haben THE USED ihr eigens ins Leben gerufenes Gross Pop-Genre etwas zu wörtlich genommen. Wie war das nochmal bei TORCHE (siehe Harmonicraft) ….Thunder Pop? Ach, immer diese neuen leidigen Genre-Schubladen, um den alten leidigen Genre-Schubladen zu entfliehen.

THE USED legen 2012 ein Gemisch aus dem Postcore der Anfangstage, melodischen Punk-/Alternative-Rock und einer ganzen Familienpackung an programmierten Sounds und wohlgenährten Beats vor (insbesondere bei den beiden Single-Auskopplungen I Come Alive und Hands And Faces wurde kräftig in der Schublade mit den rhythmischen Klangkonserven gekramt), das geschickt in ein Dutzend hübscher, kleiner Förmchen mit detailverliebter Pop-Musik gegossen wurde. Vulnerable sprudelt nur so vor Vielfalt, guten Ideen, Dynamik (man höre beispielsweise die chillige Bridge im vielschichtigen wie lebensbejahenden Shine) und eingängigen Melodien. Vorgetragen von einer befreit aufspielenden Band, die nach der Trennung vom Label-Multi Warner und der damit verbundenen Neugründung ihrer eigenen Verlagsmarke (Anger Music Group) erstmals den süßen Duft der Unabhängigkeit schnuppert. Ironischerweise könnte man mit der vorliegenden Platte mehr im Mainstream surfen als jemals zuvor. Aber wo keine fette Werbekampagne, da (in der Regel) kein großes Surfbrett.

When there´s no road for us to follow / We´ll keep moving on (aus Moving On)

Die John Feldmann-Produktion ist wieder schön differenziert ausgefallen, kommt nun aber leider endgültig so glatt daher wie ein frisch poliertes Eishockey-Feld. Ansonsten fällt auf, dass Frontmann Bert McCracken mittlerweile ein gutes Quäntchen kontrollierter über seine Gefühlswelt singt. Der Mann, der sich einst auf der Bühne wortwörtlich ausgekotzt hat, scheint sein Wohlfühlterrain gefunden zu haben. Aber keine Angst, Bert  ist nach wie vor gut bei Stimme und demonstriert gerade bei härteren Vulnerable-Tracks wie Put Me Out (für mich die Sternstunde von Tieftöner Jepha Howard, der nicht nur hier viele Passagen maßgeblich trägt) oder Now That You´re Dead – mit Unterstützung von AIDEN-Fronter William Control an den Stimmbändern -, dass er auch ein paar Prozente vor seiner Belastungsgrenze anständig einen rausbrüllen kann. Nur das künstlich erschöpfte Geröchel am Ende des-treibenden Krachers Kiss It Goodbye, hätte es nicht gebraucht. Das balladeske Together Burning Bright beschließt das Album mit genau dem Aufgebot an pompösen Arrangements, nach denen so ein sappy, end of the world song (McCracken) eben einfach verlangt.

I think it´s going to be alright now / I think it´s going to be okay / Just close your eyes / Cause we are only sparks / But together burning bright (aus Together Burning Bright)

Aus der Mainstream-Liebäugelei von damals ist endgültig eine handfeste Bettgeschichte geworden. Das muss man nicht gut finden, aber man kann. Es gilt jedenfalls festzuhalten, dass Vulnerable weitaus mehr zu bieten hat als jenes (nicht nur) von jeglicher Dynamik befreite Allerlei, das einem in schöner Regelmäßigkeit als nächster großer Stern am Rockolymp präsentiert wird. Auch wenn ich Bert McCracken für seine zukünftigen Lyrics einen umfassenderen Wortschatz (mir brennt es auf Vulnerable eindeutig zu oft) und mehr Mut wünsche – wie singt CLUESO in Barfuss so schön: Beweg mich gern in meinem Kreis / Doch jeder noch so kleine Teich / Sollte verbunden sein zum Meer -, mich haben die Herren definitv wieder an der Angel. Starkes Album.

What Matters Most Is How Well You Walk Through The Fire
– Charles Bukowski

Veröffentlichungstermin: 30.03.2012

Spielzeit: 43:52 Min.

Line-Up:
Bert McCracken – Vocals
Quinn Allman – Guitar
Jepha Howard – Bass
Dan Whitesides – Drums

Additional Vocals by Quinn Allman, Jepha Howard and Dan Whitesides
Additional Vocals on Now That You´re Dead by William Control

Produziert von John Feldmann
Label: Anger Music Group

Homepage: http://www.theused.net

Mehr im Netz: http://www.facebook.com/theused

Tracklist:
1. Come Alive
2. This Fire
3. Hands And Faces
4. Put Me Out
5. Shine
6. Now That You´re Dead
7. Give Me Love
8. Moving On
9. Getting Over You
10. Kiss It Goodbye
11. Hurt No One
12. Together Burning Bright

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