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ROPE SECT: Estrangement

ROPE SECT, deine sympathische Selbstmordsekte von nebenan, ist zurück. Ein neuer Stil beim Artwork deutet meist auch eine Stilkorrektur in der Musik an – so auch hier. Zum Glück fällt sie weniger dramatisch aus als befürchtet.

Die Band um den umtriebigen “Inmesher” hat sich mit radikal eingängigem Lo-Fi-Death-Rock längst einen Namen gemacht in der Szene, und so ist es kein Wunder, dass irgendwann der Schritt zu einem etwas volleren, sauberer produzierten Klang erfolgen musste. Aber keine Angst: Ein Cover in beige und mehr Fokus auf sauberen Gitarren bedeutet noch lange kein fröhliches Frühlingsalbum; “Estrangement” ist immer noch ROPE SECT, wie es stirbt und weint, und wir armen depressiven Menschlein finden darauf mal wieder genau den Trost, den wir brauchen.

Denn das ist es, was Inmesher am besten kann: uns und unsere verlorenen Seelen mit seiner warmen, weichen Stimme umschmeicheln, bis wir nicht mehr können und dann doch mal wieder weiterleben, zum Glück, ja, Glück; das empfinden wir plötzlich, wenn einer dieser zarten, zutiefst wehmütigen Refrains über uns herein bricht wie die Morgensonne nach einer schlaflosen Nacht. “Nefelibatas” ist dafür ein prima Beispiel, aber auch der starke Schlussteil des Albums liefert genau die clevere Katharsis, die wir gebraucht haben.

Zwischen Stolz und Resignation

Dabei hatte ich mit “Estrangement” anfangs doch so meine Probleme und musste es ein paar Wochen liegen lassen, ehe sich das Werk dann für mich geöffnet hat. Mittlerweile verstehe ich das kaum noch und kann es eigentlich nur mit dem ungewohnten, ein bisschen an Mainstream-Produktionen erinnernden Gitarrensound in Verbindung bringen. Da muss man durch, und dann erschließt sich die Musik wieder wie früher, zumal sie ja alles andere als Mainstream ist: Da tauchen plötzlich (und sehr passend) Black-Metal-Elemente auf, KING DUDE darf mitsingen, und über allem thront eben Inmeshers Stimme, die so herrlich zwischen Stolz und Resignation schwingt wie keine zweite. Besonders schön zeigt sich diese Ambivalenz in “Massenmensch”, in dem Inmesher singt:

“You dare to believe there’ll be another summer
While the shadows are rising from below
Hard to believe you’ll see another summer
Unless you start anew
You dare to believe there’ll be another summer
Back to times you were flowing with the flow
Break free and tear the realm asunder
You’re getting lured into
This staggering lack of consideration
Showed your godlike arrogance
You’re one of us, you thought
But you were wrong”

Ja, sie lagen falsch, all die glückseligen Apologeten einer Wirtschaftsordnung, die Wohlstand für alle versprach und Elend für sehr viele brachte, denke ich dazu, ohne zu wissen, was der Dichter uns eigentlich sagen wollte, aber das muss ich ja auch nicht, ist ja schließlich Kunst. In diesem Sinne, möge er kommen, der nächste Sommer!

Spielzeit: 44:21 Min.

Veröffentlichungsdatum: 17.05.2024

Label: Iron Bonehead

ROPE SECT “Estrangement” Tracklist

1. Revel in Disguise (Audio bei YouTube)
2. Cesspool of Vice
3. Nefelibatas
4. L’Appel Du Vide
5. Mementote (Audio bei YouTube)
6. Massenmensch
7. Hindsight Bias
8. Rope of the Mundane Love

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