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PERTURBATOR: Lustful Sacraments

Darauf hat die Welt gewartet. Die perfekte Apokalypse. Die ultimative Endzeit. Die Sonne steht tief vor der letzten Dämmerung. Es wird ja sowieso immer und überall gepredigt, dass wir am Arsch sind. Gut, dass PERTURBATOR mit der Lust und dem Hedonismus am Untergangs so gern spielt. Und weil das Armageddon und PERTURBATOR so gut zusammenpassen, ist „Lustful Sacraments“ auch eines der momentan am heißesten ersehnten Alben – außerdem ist die letzte EP „New Model“ fast vier Jahre her. Also los geht‘s, tanzen wir in den Abgrund, ist ja doch alles egal. Wenn wir schon im Höllenfeuer brennen, dann wenigstens mit heißen Sohlen auf dem Dancefloor. Im Gegensatz zur Weltuntergangssekte ROPE SECT, die so wirkt, dass normale Menschen im Anschluss Johanniskraut brauchen, strahlen James Kent und sein Publikum Nihilismus mit Feierlaune aus. Oder umgekehrt.

Da sich große Teile der Synthwavebewegung aus dem Metalpublikum und der Gothicszene speisen, könnte man James Kent fast schon Kalkül vorwerfen, wenn er in diese Richtung den Stil erweitert. Denn „Lustful Sacraments“ hat häufig nur noch ein Grundgerüst aus Synthwave. PERTURBATOR integrieren klassischen Gothrock und Postpunk in die Musik, sodass der Spagat zwischen Abwechslungsreichtum und Kohärenz beeindruckend gut funktioniert. Der kristallklare, druckvolle Sound und die sorgsam ausgewählten Synthesizer ziehen sich durch das dreiviertelstündige Album, das mal am Tropf des manisch-stampfenden Elektro („Death of The Soul“) hängt, dann wieder im Hitsektor („Secret Devotion“) wildert. James Kent verneigt sich daneben vor FIELDS OF THE NEPHILIM (Titelsong, „Exzess“, „Dethroned Under A Funeral Haze“) und CHRISTIAN BRUHN („Messalina, Messalina“) gleichermaßen.

So meisterhaft wie PERTURBATOR hat noch niemand die Achtziger ins Hier und Jetzt überführt.

Ein Übersong wie „Venger“ mag fehlen, die generelle Ästhetik hat auch keinen Platz für Schmutz, Ecken und Kanten – dadurch gerät „Lustful Sacraments“ nicht so intensiv, wie es möglich wäre. PERTURBATOR betreibt nicht style-over-substance, ist aber hart an der Grenze dazu. An diesen Punkten stören sich 99% der Anhänger von James Kent wohl nicht, und ja, das ist auch reine Geschmackssache. Denn faktisch ist es schwer, sich dem Hype zu entziehen, der von dem französischen Projekt ausgeht. So meisterhaft hat noch kein Musiker aus der Synthwave-Szene die Achtziger ins Hier und Jetzt überführt. Und wenn dieser mittlerweile todlangweilige Trend stirbt, wird PERTURBATOR zu Recht zu den Überlebenden zählen.

James Kent beherrscht sein Handwerk, sowohl in kompositorischer Hinsicht, als auch im Bereich des Produzierens. „Lustful Sacraments“ ist voller Hits (allein schon „Secret Devotion“ rechtfertigt den Kauf des Albums), aber nicht auf Hit getrimmt. Es ist durchgestylt, aber nicht aalglatt. Es ist eingängig, aber nicht plump. Es ist energetisch und wuchtig, aber nicht stumpf. Und wer schon PERTUBATORs frühere Arbeiten geschätzt hat, wird auch trotz der stilistischen Verbreiterung nicht vor den Kopf gestoßen werden. Weil „Lustful Sacraments“ mit seiner finsteren, apokalyptischen Ausrichtung auch mehr als billiges Entertainment bietet, ist dieses Projekt der Konkurrenz meilenweit voraus. Wer in diesem Genre den Soundtrack zum letzten Tanz vor dem letzten Inferno bietet, sollte also klar sein.

Wertung: 7 von 9 Weltgerichte

VÖ: 28. Mai 2021

Spielzeit: 46:57

Line Up:
James Kent – Synths, Drum Programming, Guitars, Bass, Vocals

Gastmusiker:
Mania 2121 – Vocals auf „Excess“ und „Dethroned Under A Funeral Haze“
TRUE BODY – Vocals, Guitars, Synths auf „Secret Devotion“
Belial – Vocals auf „Death of The Soul“
HANGMAN’S CHAIR – Vocals auf „God Says“

Label: Blood Music

PERTURBATOR „Lustful Sacraments“ Tracklist

1. Reaching Xanadu
2. Lustful Sacraments
3. Excess
4. Secret Devotion (ft. TRUE BODY)
5. Death of The Soul (Official Video bei Youtube)
6. The Other Place
7. Dethroned Under A Funeral Haze
8. Messalina, Messalina
9. God Says (ft. HANGMAN’S CHAIR)

 

Mehr im Netz:

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