blank

NIGHTMARER: Deformity Adrift

Schöne Träume gibt’s wo anders. NIGHTMARERs Zweitwerk „Defomity Adrift“ schickt die Hörer in die Abgründe von Dissonanzen durchzogenen, technischen Death Metals.

Als sich WAR FROM A HARLOTS MOUTH vor zehn Jahren in einen Winterschlaf begaben, packte Gitarrist Simon Hawemann seine Koffer und zog von Berlin ins sonnige Florida. An Ruhestand war aber nicht zu denken, im Gegenteil: Hawemann startete mit NIGHTMARER einen Neuanfang, mit dem er hörbar jeden Kompromiss vermeidet. Auch das zweite Album „Defomity Adrift“ hat, ebenso wie das Debüt und die beiden vorangegangenen EPs, einen klaren Auftrag: Verstörend soll es sein, dissonant und abgründig. Dass dabei aber auch direkte und bisweilen catchy Songs rauskommen, ist eine willkommene Überraschung.

NIGHTMARERs rauschhafte Albtraumwelten sind stilistisch genau eingegrenzt: „Deformity Adrift“ überrascht dennoch mit Abwechslungsreichtum und Dynamik.

Songwriting ist klar die Stärke auf „Deformity Adrift“. In etwas mehr als einer halben Stunde schaffen NIGHTMARER es, ihre Songs kompakt zu halten. Obwohl NIGHTMARER einige experimentelle Momente haben, komponieren sie punktgenau. Schon der Opener „Brutalist Imperator“ besticht mit einem mitreißenden tiefen Riff und zieht die Intensitätsschraube mit einem Wechsel aus Geschwindigkeit und langsamer Heaviness an. In der Folge lassen sich NIGHTMARER aber nicht davon verführen, diese Rezeptur zu wiederholen. „Deformity Adrift“ geht den schwierigen Weg und baut immer wieder komplexe, aber auch vergleichsweise ruhige Momente ein, wie in „Baptismal Tomb“ und „Suffering Beyond Death“.

So gelingt Hawemann und seinen Bandmitgliedern das Kunststück, dass in diesen 30 Minuten eine Menge steckt und dabei trotzdem geschlossen wirkt. Die dissonanten Gitarren in „Suffering Beyond Death“ und dem höllischen „Obliterated Shrine“, wie sie BLUT AUS NORD gerne einsetzen, gehen durch Mark und Bein. Auch davon abgesehen ist die Gitarrenarbeit vorbildlich – die Riffs sind mitunter brutal wie von ULCERATE zu „Shrines Of Paralysis“-Zeiten. Das polyrhythmisches Drumming und die rasanten Bast Beats, aber auch die simpel stampfenden Grooves in „Taufbefehl“ mit VALBORG als Gastsänger sind passgenau arrangiert. Abgerundet wird „Deformity Adrift“ durch eine bizarre und kranke Atmosphäre wie bei FAWN LIMBS, deren Eeli Helin auch Soundscapes beisteuert, und eine Energie ähnlich derer von ION DISSONANCE.

Das Niveau auf „Deformity Adrift“ ist hoch, die Spitze der dissonant-technischen Death Metal-Szene haben NIGHTMARER indes noch nicht erreicht.

NIGHTMARERs rauschhafte Albtraumwelten sind nicht neu, aber sehr wirkungsvoll und in dieser Form doch charismatisch und zeitgemäß genug, um sich vom Rest der Szene abzuheben. Dynamik gibt es überraschenderweise genug auf „Deformity Adrift“, einzig John Collets Stimme ist bei aller brutalen Kraft recht eindimensional, sodass die Musik nicht wirklich emotional wirkt. Ihre Stärken haben NIGHTMARER im instrumentalen Bereich – das spielerische Niveau ist hoch, ohne dass sich das US-amerikainsch-deutsche Gespann als Bande von Angebern präsentiert. Das Niveau von AEVITERNEs „The Ailing Facade“ oder „Stare Into Death And Be Still“ von ULCERATE erreicht „Deformity Adrift“ indes nicht ganz. Immerhin, bei NIGHTMARER ist der Name Programm: Zusammen mit dem surrealen Artwork, zieht die Musik des mittlerweile in Portland, OR ansässigen Simon Hawemann seine Hörer*innen in einen Abgrund, den es im Death Metal selten zu hören gibt.

Wertung: 7 von 9 Nachtmahre

VÖ: 5. Mai 2023

Spielzeit: 31:55

Line-Up:
John Collett – Vocals
Simon Hawemann – Guitars
Keith Merrow – Guitars
Brendan Sloan – Bass
Paul Seidel – Drums

Label: Vendetta Records / Total Dissonance Worship

NIGHTMARER „Deformity Adrift“ Tracklist

1. Brutalist Imperator (Official Audio bei Youtube)
2. Baptismal Tomb
3. Throe Of Illicit Withdrawal
4. Tooms
5. Suffering Beyond Death
6. Taufbefehl (Official Video bei Youtube)
7. Hammer Of Desolation (Official Video bei Youtube)
8. Endstadium
9. Obliterated Shrine

Mehr im Netz:

https://nightmarer.bandcamp.com/
https://www.facebook.com/nightmarercult
https://www.instagram.com/nightmarercult/

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner