Mit albtraumhaften Zuständen hatte ich heute schon zu kämpfen, als mir die nächtlichen Minustemperaturen das Schloss meines Autos zugefroren hatten, so dass ich mich mit meiner Tochter veranlasst sah, anstatt einer zweiminütigen Spritztour einen viertelstündigen Fußmarsch durchs nasskalte Kronstorf zum Kindergarten in Angriff zu nehmen. NIGHTMARE zeigt sich da bedeutend weniger verschlossen als mein Auto. Die Franzosen, die schon über ein Vierteljahrhundert unter selbigen Namen musizieren, gehen auf The Dominion Gate offenherzig zu Werke und liefern ein ausladendes Werk melodischen Power Metals ab.
Schon die ersten Tracks liefern die maßgeblichen Elemente des Quintetts ab: schwungvolle Melodien, kraftvolle Vocals und opulente, teilweise etwas überzogene Chor-Arrangements. Dabei zeigen sich NIGHTMARE ein wenig unflexibel im Tempo, indem die Songs jeweils geradeaus nach vorne marschieren. Und wenn sie diesen Kritikpunkt dann widerlegen wollen, etwa mit Secret Rules, gerät der mit Melodie-getankte Motor ins Stottern. Einer, der allerdings kaum ins Wanken gerät, ist Sänger Jo Amore, der mit seiner leicht belegten Stimme kraftvoll und impulsiv den Songs die nötige Energie verleiht. Unterstützt wird Amore dabei von Floor Jansen und Sander Gommans, jeweils AFTER FOREVER, die in drei Songs das stimmliche Gesamtbild mit noch mehr Klangfarbe bereichern konnten. Und wo wir gerade bei den Vocals sind: auch mit Chor-Arrangements wurde auf The Dominion Gate nicht gespart, wenngleich dieser Bogen mitunter überspannt wird, wenn sie beispielsweise im Opener Temple Of Tears ansatzlos in den Song platzen. Zwar wird dadurch ein gewisser Überraschungseffekt erzielt, aber schlussendlich wird das Gleichgewicht des Songs doch ein wenig beeinträchtigt.
Instrumental, sowie das Songwriting betreffend, sind NIGHTMARE sicherlich der oberen Liga des Power Metals zuzuordnen. Sehr reif präsentieren sich die Strukturen der Tracks – gut durchdacht, wenngleich nicht besonders innovativ, folgen die Songs einem klassischen Schema, das mit abwechselnden Breaks, auflockernden Soli (unter anderem auch einem von Ricky Marx (Ex-PRETTY MAIDS)) und dezent unterlegtem Synthie-Teppich für ein gutes, jedoch nicht außergewöhnliches Hörerlebnis bürgt. Dem erkennbaren Professionalismus wird auch durch die makellose Produktion von Terje Refsnes Rechnung getragen, der The Dominion Gate in ein atmosphärisch dichtes und volles Soundgewand gehüllt hat.
Was mir letztendlich aber trotzdem fehlt, sind die herausragenden Elemente, die mich auch nachhaltig dazu animieren würden, dem Album den Vorzug gegenüber anderen Scheiben zu geben, um im CD-Schacht seine Kreise zu ziehen. So sind auch für heute die über 65 NIGHTMARE-Minuten genug, schließlich gilt es für mich nun einen Schlossenteiser zu kaufen, damit ich mir den neuerlichen, albtraumhaften Fußmarsch durchs nasskalte Kronstorf erspare.
Veröffentlichungstermin: 4.11.2005
Spielzeit: 65:39 Min.
Line-Up:
Jo Amore – Vocals
Alex Hilbert – Guitars
Franck Millerliri – Guitars
Yves Campion – Bass
David Amore – Drums & Vocals
Produziert von Terje Refsnes
Label: Regain Records
Homepage: http://www.nightmare-metal.com
Email-Adresse der Band: nightmare-info@wanadoo.fr
Tracklist:
1. Temple Of Tears
2. A Taste Of Armageddon
3. Messenger Of Faith
4. Secret Rules (Beati Paoli)
5. The Dressmaker
6. Endless Agony
7. Paranormal Magnitude Part II
8. Circle Of The Dark
9. Haunting Memories
10. Heretic
11. The Dominion Gate
12. The Watchtower
13. K-141