MY OWN PRIVATE ALASKA: Amen

Verträumt, vereinsamt, verbittert: MY OWN PRIVATE ALASKA auf ihrem ersten Album, einem ungewöhnlichen Seelenstriptease.

Amen ist ein gewaltiges Wort. Eines, das man nicht vorschnell in den Mund nimmt, denn darin versteckt sich etwas sehr finales, strenges. Nur wenn man wirklich weiß, dass etwas unausweichlich ist, sagt man es, Amen. Es ist schon bezeichnend, dass sich MY OWN PRIVATE ALASKA Amen als Titel für ihr Debütalbum ausgesucht haben. Scheinbar haben sich MY OWN PRIVATE ALASKA so weit gefestigt, dass ihnen nichts mehr etwas anhaben kann. Schön für sie. Ihre vor anderthalb Jahren erschienene Eigenproduktion wird außerdem nun tatsächlich in Grund und Boden gestampft, es liegt ein sehr großer Qualitätsunterschied zwischen My Own Private Alaska und Amen. Und da ist einer nicht ganz unschuldig daran: Ross Robinson.

Der hat MY OWN PRIVATE ALASKA aber nicht versucht in Richtung Moderne zu bugsieren, er hat das getan, was jeder gute Produzent macht: Wege aufzeigen, wie man Musik noch packender, noch intensiver gestalten kann. Und das hatten die drei Franzosen auch nötig, denn trotz der sehr originellen musikalischen Ausrichtung und Instrumentierung – es gab und gibt bei MY OWN PRIVATE ALASKA nur Schlagzeug, Klavier und Gesang zu hören – war vor anderthalb Jahren noch viel Luft nach oben. Und die wird jetzt dünner, denn die offensichtlichen Schwächen der Band sind nun größtenteils ausgemerzt. Gerade der recht eintönige Gesang gehört der Vergangenheit an, Sänger Matthieu schwankt zwischen schmerzenden Schreien, Sprechpassagen, hysterisch-verzerrten Ausbrüchen und recht guten Gesangslinien, die sich sicherlich in Zukunft noch mehr durchsetzen werden. Sein Selbstbewusstsein ist jedenfalls gestärkt, er liefert eine so intensive, glaubhafte, aber auch polarisierende Leistung ab, dass die teils sehr poetischen, neoklassisch anmutenden Pianopassagen und das schön analog klingende Schlagzeug fast untergehen.

Es liegen Welten zwischen den vier Songs, die schon auf My Own Private Alaska zu hören waren und der Neuaufnahme. Die For Me, I Am An Island, Kill Me Twice und Page Of A Dictionary sind viel detaillierter und reifer, können locker mit den neuen Stücken der Band mithalten. Die Schwächen der Vergangenheit sind verarbeitet und mit Anchorage, After You, Broken Army, Amen und dem ins kranke ausufernde Ode To Silence haben MY OWN PRIVATE ALASKA auch sehr gelungene neue Stücke in petto, die etwas zugänglicher, aber auch recht eigenbrötlerisch sind und unterstreichen, dass dieses Trio eine ganz eigene Vision hat. Das Cover Where Did You Sleep Last Night? fügt sich nahtlos ins Gesamtbild ein und bildet bei der oftmals recht anstrengend wirkenden Musik einen kleinen Anker, an dem man sich immer wieder in bekannte Gefilde hochziehen kann. Denn bis das andere Material bei unbedarften Hörern zündet, kann es schon eine Weile dauern, vielleicht auch weil die Instrumente so sehr im Hintergrund gelandet sind. Und hier fragt man sich auch hier und da, ob die Rezeptur von MY OWN PRIVATE ALASKA weiterhin gut gehen kann, eine Erweiterung der Instrumentierung wird sich in Zukunft nicht vermeiden lassen, da können die drei noch so laut Basta! und Amen! schreien..

Klar, hier hat der Produzent einen großen Einfluss auf das Endergebnis. Gleichwohl ist MY OWN PRIVATE ALASKA aber das Kunststück gelungen, originell zu sein und sich nicht von ihrer Vision abbringen zu lassen. Es ist eben nur die Kleidung etwas anders als früher, ein bisschen pfiffiger und aufregender, der Charakter darunter ist immer noch der gleiche wie zuvor und das zusammen hat das gewisse Etwas, was diese Band braucht. Zwar ist immer noch Luft nach oben enthalten, aber MY OWN PRIVATE ALASKA sind auf dem absolut richtigen Weg und heben sich mit ihrer schmerzenden, intensiven und ehrlichen Musik von allen anderen Screamo-, Alternative Rock-, Noise Rock- und Avantgarde-Bands ab. Diese Band wird durch die nicht gerade massenkompatible Ausrichtung sicherlich nicht das nächste große Ding werden, aber im genrelosen Underground ganz bestimmt für Gehör sorgen.

Veröffentlichungstermin: 23. April 2010

Spielzeit: 59:59 Min.

Line-Up:

Matthuew Miegeville – Vocals
Tristan Mocquet – Piano
Yohan Hennequin – Drums

Produziert von Ross Robinson
Label: Kertone Productions / I Am Recordings!

Homepage: http://www.myownprivatealaska.com

MySpace: http://www.myspace.com/myownprivatealaska

Tracklist:

1. Anchorage
2. After You
3. Die For Me
4. Broken Army
5. Where Did You Sleep Last Night?
6. I Am An Island
7. Amen
8. Kill Me Twice
9. Page Of A Dictionary
10. Just Like You And I
11. Ode To Silence

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