Als George Lucas im Jahr 1997 die ursprüngliche „Star Wars“-Trilogie als „Special Edition“ neu aufgelegte, waren die Fans vielerorts nicht begeistert. Unnötige Spezialeffekte und Modernisierungsversuche zerstörten den Charme der Originale, so der Tenor. Dass wir aus der Geschichte lernen können, zeigt uns über zwei Dekaden später Ville Viljanen, der ein ähnliches Unterfangen mit deutlich mehr Fingerspitzengefühl angepackt hat. Nach der unschönen Trennung von Gitarrist und Songwriter Andy Gillion stand der Sänger zwischenzeitlich alleine da. Der Ausweg gestaltete sich aber dann doch recht konkret: Aus Alt mach Neu.
Viljanen holte mit Bassist Teemu Heinola und den beiden Gitarristen Jori Haukio sowie Jarkko Kokko drei Urgesteine zurück in die Band. Komplettiert wurde die Reinkarnation von MORS PRINCIPIUM EST schließlich durch den neuen Schlagzeuger Marko Tommila – ein kluger Schachzug, um die teils doch besorgten Fans nach dem vorhergehenden Split doch wieder ins Boot zu holen. Den zweiten Kniff legt die Band nun in Form ihrer eigenen „Special Edition“ vor: „Liberate The Unborn Inhumanity“ ist ein neu aufgenommenes und dabei oft neu arrangiertes „Best Of“ der ersten drei Studioalben plus Demo: klassisches Songmaterial im modernen Gewand.
MORS PRINCIPIUM EST feiern wieder energiegeladenden Melodic Death Metal der alten Schule
Dank zeitgemäßer Produktionsstandards klingen die 13 Tracks so wuchtig und druckvoll wie noch nie. Fronter Ville Viljanen hat nach so vielen Jahren im Geschäft stimmlich nur an Ausdrucksstärke und Eindringlichkeit gewonnen, während die schwachbrüstigen Synthesizer von einst durch flächige Orchesterparts ersetzt wurden. Das kosmetische Upgrade betreibt indes keine Augenwischerei: Dank des furiosen Drummings sind viele Songs auf „Liberate The Unborn Inhumanity“ mitreißender als ehedem. Marko Tommila versteht es, an den richtigen Stellen das Tempo anzuziehen und streut dabei deutlich mehr Blastbeats ein, ohne aber die Songs niederzuprügeln.
Das Resultat ist energiegeladener Melodic Death Metal der alten Schule: zähnefletschend, erbarmungslos und dennoch so eingängig wie melodisch. In „Eternity’s Child“ mit seinem pfeilschnellen Solo stellen MORS PRINCIPIUM EST etwa die Leadgitarre in den Vordergrund, bevor „The Unborn“ das traditionelle Fundament passagenweise durch theatralische Orchester-Synths komplettiert. Deutlichere Veränderungen hat dagegen „Inhumanity“ erfahren, das die Schweden nun wesentlich flotter runterziehen, während im opulenten „Valley Of Sacrifice, Part 1“ wiederum zusätzlich die Schere angesetzt wurde. Das neue Arrangement macht den bombastischen Track der gleichnamigen Demo etwas straffer und setzt gerade zum Ende hin andere Akzente in der Melodieführung.
MORS PRINCIPIUM EST behandeln ihr eigenes Songmaterial mit Respekt
Diese Eingriffe in die ursprüngliche Song-DNA möchten wir in der Zwischenzeit allerdings nicht als Sakrileg werten: Anders als IN FLAMES auf deren „Clayman“-Jubiläums-EP (2020) behandeln MORS PRINCIPIUM EST ihr eigenes Songmaterial mit dem erforderlichen Respekt. Der Kern ist derselbe, die Trademarks blieben unangetastet, so dass sich „Liberate The Unborn Inhumanity“ nahtlos in die Diskografie der Band einordnen lässt – ganz gleich ob am oberen oder unteren Ende.
Wer kann da also ob der Neuaufnahmen schon böse sein, zumal im Zweifelsfall die Originalversionen, anders als bei Lucas‘ Filmtrilogie, nicht vom Markt verschwunden sind? Klar, neues Material wäre sicherlich noch schöner gewesen, aber immerhin ersparen uns die 13 Songs selbst in Form dieser „Special Edition“ eine zweite Han-Solo-Debatte: MORS PRINCIPIUM EST schießen auch heute noch zuerst, da gibt es überhaupt keine Diskussion.
Veröffentlichungstermin: 08.04.2022
Spielzeit: 56:44
Line-Up
Ville Viljanan – Vocals
Jori Haukio – Gitarren, Programming
Jarkko Kokko – Gitarren
Teemu Heinola – Bass
Marko Tommila – Schlagzeug
Produziert von MORS PRINCIPIUM EST
Label: AFM Records
Facebook: https://www.facebook.com/MPEofficial
MORS PRINCIPIUM EST ”Liberate The Unborn Inhumanity” Tracklist
01. Cleansing Rain | von „Liberation = Termination“ (2007)
02. Eternity’s Child | von „Inhumanity“ (2003)
03. The Unborn | von „The Unborn“ (2005)
04. The Lust Called Knowledge (Audio bei YouTube) | von „Inhumanity“ (2003)
05. Valley Of Sacrifice, Part 1 (Visualizer bei YouTube) | vom „Valley of Sacrifice“-Demo (2001)
06. Finality | von „Liberation = Termination“ (2007)
07. Two Steps Away | von „The Unborn“ (2005)
08. Inhumanity | von „Inhumanity“ (2003)
09. Pure | von „The Unborn“ (2005)
10. The Animal Within | von „Liberation = Termination“ (2007)
11. Life In Black | von „Inhumanity“ (2003)
12. Fragile Flesh | von „The Unborn“ (2005)
13. Valley Of Sacrifice, Part 2 | vom „Valley of Sacrifice“-Demo (2001)