Siehe da: Auch an Dänemark ist das letzte Jahrzehnt Rockgeschichte nicht ganz spurlos vorbei gegangen. Das musikalische Derivat JERKSTOREs weist deutliche Spuren jener Ära auf, in denen Bands wie SOUNDGARDEN und ALICE IN CHAINS den Boden für eine neue Dimension des Stadionrocks bereiteten. Damals brachen sie an, die harten Zeiten für alles, was zwar nach harter Gitarrenmusik, aber nicht irgendwie nach SEATTLE klang. Als dann noch PEARL JAM und NIRVANA ihre dröhnenden Hymnen zwischen Lethargie und wütendem Aufbegehren in die mediale Welt und schließlich in die Heime verstörter Teenager auf der Suche nach neuen Leitbildern entsandten, waren sie erst einmal vorbei, die Tage sorglos trällender Refrains, dauergewellter Gitarrenhelden und singender Sexgötter in Stretchjeans, deren Sendungsbewusstsein kaum weiter als bis zur schlichten Botschaft reichte, dass Wein, Weib und Gesang schon ziemlich klasse sind. Vorausgesetzt, auch der fahrbare Untersatz hat die richtige Lackierung und macht sich gut an der Strandpromenade.
Dass so ganz nebenbei nicht nur Fönfrisur, Stirnband und pinkfarbene Gitarren in Verruf gerieten, sondern auch alles, was unter dem Banner Hard Rock und/oder Heavy Metal musizierte, war bedauerlicher Begleiteffekt, dass es diverse Bands eben jener Genres dazu anhielt, sich weitgehend erfolglos (weil wenig authentisch) dem Zeitgeist anzubiedern, ebenso. Kein Wunder also, dass Grunge und Co. sich den kollektiven Hass all jener treuen Fanscharen zuzog, die der Tradition selbst allen Folge-Trends zum Trotz die Stange hielten. Dabei, so mag man argumentieren, waren jene „neuen“ Bands womöglich nichts anderes als der letzte, große und offensichtliche Nagel im Sarg einer übersättigten, längst dahinsiechenden Szene, der es dringend an frischen Impulsen und unverbrauchten Protagonisten fehlte. Einer Szene, deren Mainstream seinen kreativen Zenit überschritten hatte und sich mehr schlecht als recht, dafür aber um so eitler und selbstgefälliger im Ruhme früherer Glanztaten sonnte.
JERKSTORE sparen nicht an mitreißenden Melodien
Wie dem auch sei: Die 90er sind vorbei, traditioneller Metal ist wieder salonfähig und die Grunge-Bewegung im Grunde mit Kurt Cobain gestorben (obgleich ausgerechnet NIRVANA, zum Sinnbild dieses Genres hochstilisiert, mit dem „eigentlichen“ Seattle-Sound zumindest musikalisch recht wenig zu tun hatten). Die Musik selbst indes lebt weiter, und das nicht nur in kommerziell erfolgreichen, anschmiegsamen Varianten wie BUSH oder CREED. Nein, auch, um nun nach diesem ausschweifenden Diskurs endlich zur Sache zur kommen, auf dem zweiten Album JERKSTOREs. Eben jenes erinnert ungemein an die eingangs erwähnten, eher SABBATH– denn Punk-nahen Vertreter des Grunges, namentlich ALICE IN CHAINS und SOUNDGARDEN.
Harte, trockene, stark verzerrte Riffs, viel Groove, leidenschaftlicher Gesang und eine verdunkelte Stimmung, die – textlich wie musikalisch – gekonnt an der Grenze zwischen Melancholie und Depression verweilt, ohne dabei an energischem Verlautbarungseifer zu verlieren. Balladen gibt’s hier nicht, mit mitreißenden Melodien wird indes nicht gespart: Schon der Opener ‚5 Lost Years‘ klotzt mit hitkompatiblem Refrain und das ansonsten recht hart rockende ‚Absent‘ (in dem JERKSTORE übrigens – nicht das letzte Mal – mit ihren ausgefeilten Gitarrenharmonies belegen, dass Metal und Grunge keineswegs diametral entgegengesetzte Sound-Philosophien sind, die einander ausschließen müssen) oder ‚Contacting The Slime‘ stehen nur wenig nach.
Und klingen dabei, wie überhaupt das gesamte Album, nie nach aufgesetzter Attitüde, sondern nach aufrichtiger, handgemachter Musik, die aus Herz und Bauch kommt und es ebensowenig verdient hat, aufgrund eines ungeliebten Etikettes missachtet zu werden wie vor wenig Jahren noch unser aller „Heavy Metal“. Aber vielleicht ist das Kriegsbeil ja längst begraben und Grunge in Anbetracht der neuen „Bedrohung“ Nu Metal ja geradezu schon willkommenes Relikt einer „guten alten Zeit“.
Spielzeit: 41:29 Min.
Line-Up:
Keld – guitars/vocals
Stefan V – drums
Henrik Juul – guitars
Lars Hijort – bass
Produziert von Tue Madsen & JERKSTORE
Label: Gutter Records/Point
JERKSTORE „Hard Words Softly Spoken“ Tracklist
- 5 Lost Years
- The Road To Shangri-La
- Absent
- Contacting The Slime
- Dead Eyeings
- Hard Words Softly Spoken
- Stranger To The World
- His Hardness Of Being
- Desolation Peak
- It Can Only Get Worse
- You Don’t Know Better