Das Artwork von "Iotunn - Kinship"

IOTUNN: Kinship

„Kinship“ ist ein gewaltiges Werk: IOTUNN verlieren bei aller Ambition nicht das Wesentliche aus den Augen und heben so ihr Songwriting auf die nächste Stufe.

Es ist ein so simples Wort, das dennoch Trost zu spenden vermag. Ob nun tatsächlich Blutsbande gemeint sind oder eine spirituelle Verbindung den Ausschlag gibt – wir wissen, dass wir nicht alleine sind. „Kinship“ (dt. Verwandtschaft) orientiert sich in dieser Hinsicht in eine gegensätzliche Richtung, als es noch auf dem Debüt der Fall war. Wo „Access All Worlds“ (2021) zu allumfassender Dimension anwachsen wollte, erzählen IOTUNN ihre Konzeptgeschichte nun in prähistorischer Zeit. Einheit und Zwietracht, die menschliche Natur, und nicht zuletzt die Frage nach unserer Identität – all das findet Gehör in diesen 68 Minuten, die selbst gar nicht überbordend auftreten wollen und doch monumentale Größe erlangen.

Dabei beginnt „Kinship Elegiac“ mit einem zögerlichen Jón Aldará (HAMFERÐ) zunächst vergleichsweise in sich gekehrt. Behutsam tastet sich der Sänger an der Seite der tänzelnden Gitarren nach vorne, bis das einsetzende Schlagzeug die plötzliche auftretende Entschlossenheit in der Singstimme untermauert.

Das variable Songwriting hebt IOTUNN auf die nächste Stufe

Was früh auffällt, ist das ungemein variable Songwriting, das IOTUNN in vielerlei Hinsicht auf das nächste Level hievt. War Aldará auf dem Debüt oftmals noch der Fixpunkt der teils ausladenden Kompositionen, öffnet sich das 14-minütige Auftaktopus schnell einer Vielzahl von Einflüssen. Blastbeats, angeschwärzte Riffs, elegante Bassläufe und organisch miteinander verwobene Gitarrenspuren breiten eine Klangkulisse aus, in der wir uns tagelang verlieren könnten.

Glücklicherweise zeigt uns Aldarás charakteristische wie kraftvolle Stimme letztlich den Weg vorwärts, nimmt uns mittels tiefer Growls und kratzenden Screams mit durch steiniges Gelände, um uns alsbald wieder weich zu betten. Wie gut das Songwriting auf „Kinship“ tatsächlich ist, belegt das folgende „Mistland“, welches als Single bereits fast 16 Monate zuvor veröffentlicht wurde und nun im Gesamtwerk mit neuem Mix immer noch so frisch und erhaben klingt wie am ersten Tag.

IOTUNN verlieren auf „Kinship“ das Wesentliche nicht aus den Augen

Beeindruckend ist zudem das Kunststück IOTUNNs, bei aller Komplexität den Sinn fürs Wesentliche nicht aus den Augen zu verlieren. Dadurch gestaltet sich der Einstieg in das kolossale Zweitwerk sanfter als erwartet: Das Ziel am Horizont versteckt das Quintett nicht hinter zahllosen Wendungen; es setzt auf die Weitläufigkeit seiner Stücke, die auf diese Weise den Tiefgang nicht für mehr Zugänglichkeit opfern müssen. Zu beobachten ist das besonders gut im recht geradlinig lospreschenden „Twilight“, wo sich Black-Metal-Einsprengsel der klaren Melodieführung entgegenstellen, während Drummer Bjørn Wind Andersen dem Song seine unbändige Energie schenkt.

Überdrüssig werden wir der Herangehensweise IOTUNNs trotz der überlangen Spielzeit nicht. Dafür sorgt ein Ruhepol wie das akustische „Iridescent Way“, dessen melancholische Lagerfeuer-Stimmung durch die jähzornige Black-Metal-Eruption von „Earth To Sky“ unterbrochen wird und so nochmals Schwung für die Schlussstrecke sammelt. Fast schon in konsequenter Weise knackt „The Anguished Ethereal“ als Finalkapitel die Zehnminutenmarke, während uns übergroße Gesangslinien und ein wunderbar getragenes Riff ans Ende dieser Reise geleiten.

IOTUNN erschaffen mit „Kinship“ ein gewaltiges Werk

„Kinship“ mag ein so simples Wort sein. Aus der Feder IOTUNNs jedoch entsprießt ihm eine gewaltige Welt, in der wir uns plötzlich ganz klein fühlen. Ans Verzagen denken müssen wir dennoch zu keiner Sekunde: Schließlich geben uns die Dänen erst mit dem prägnanten Titel und dann in Form ihres präzise leitenden Songwritings zu verstehen, dass wir in diesem einmaligen Kosmos nicht alleine sind.

Veröffentlichungstermin: 25.10.2024

Spielzeit: 68:24

Line-Up

Jón Aldará – Vocals
Jens Nicolai Gräs – Guitar
Jesper Gräs – Guitar
Eskil Rask – Bass
Bjørn Wind Andersen – Drums

Produziert von Jacob Hansen (Mix und Mastering)

Label: Metal Blade

Facebook: https://www.facebook.com/iotunn
Instagram: https://www.instagram.com/iotunn/
Bandcamp: https://iotunn.bandcamp.com/

IOTUNN “Kinship” Tracklist

1. Kinship Elegiac
2. Mistland (Video bei YouTube)
3. Twilight
4. I Feel The Night (Video bei YouTube)
5. The Coming End
6. Iridescent Way (Video bei YouTube)
7. Earth To Sky
8. The Anguished Ethereal