HABAK kommen aus Tijuana, Mexiko, und sind für mich einer dieser Bandcamp-Funde, die es lohnenswert machen, dass ich einen Großteil meiner kargen Freizeit damit verbringe, auf dieser Plattform nach neuer Musik zu suchen. Gut, in diesem Fall habe ich offenbar lange hinterm Mond gelebt, denn HABAK tauchen auf einer Menge einschlägiger Seiten auf und sind sogar bei Swamp Booking, aber ich hab halt hinterm Mond gelebt, und „Mil orquídeas en medio del deserto“ ist mal wieder genau das Album, was ich gerade gebraucht habe, als um mich herum die Welt in Trümmern lag und ich trotzdem nach Schönheit und Güte suchte.
Mit dem Titeltrack startet die Band dabei noch erstaunlich schwach (für ihre Verhältnisse), handelt es sich dabei doch um einen klassischen Crust-Brecher ohne große Überraschungen. Erst mit „Dessaraigo“ zeigen HABAK, was in ihnen steckt: Ja, auch das ist melodischer Crust, aber gewürzt mit Blast Beats und melancholischen Harmonien, wie wir sie von klassischen Screamo-Bands, aber durchaus auch aus dem Black Metal kennen, und das Schlagzeug spielt zum ersten Mal nicht nur den D-Beat, sondern auch etwas sperrigere Rhythmen, und das zum Glück ebenso tight wie effektiv.
Katharsis und Dreck
Die Effektivität von HABAK ist sowieso beeindruckend: Das Album dauert nur knapp 36 Minuten und fühlt sich doch nach so viel mehr an, nach einem ganzen Universum an Emotionen, die das Leben in dieser Welt zwangsläufig mit sich bringen, wenn man Herz und Hirn hat, und die kathartische Wirkung des verzweifelten, wütenden Geschreis kombiniert mit geradezu lieblichen Harmonien, knackigem Schlagzeug und zahlreichen perfekt eingesetzten Sprachsamples (die selbst dann wirken, wenn man kein Spanisch kann) ist immens.
Klar, HABAK kennen TRAGEDY und alles, was man sonst so kennen muss, wenn man Melodic Crust spielt, aber dann wird das Inferno plötzlich von einem herzzereißenden Akustikgitarrenstück unterbrochen und schwingt sich in der zweiten Hälfte mit klarem Gesang und Shoegaze-Gitarren noch zu atmosphärischen Höhen auf, die ich so in diesem Genre bisher (aber ganz anders) nur von RANA gehört habe. Das ist große Kunst und nichts weniger als brillant arrangiert.
Ja, es passiert nicht oft, dass ich ein Album aus diesem Genre so in den Himmel lobe und so sehr genieße. HABAK sind etwas Besonderes, ein Wirbelsturm an rohem Gefühl, Schönheit, Katharsis und Dreck und sollten in jedem Rattenloch dieser Erde eine Heimat finden – solange es sie noch gibt.
Spielzeit: 35:45 Min.
Veröffentlichungsdatum: 04.04.2025
Label: Persistent Vision (US), Shove Records (IT), Alerta Antifascista (DE)
https://habak.bandcamp.com/album/mil-orqui-deas-en-medio-del-desierto
HABAK – Tracklist – „Mil orquídeas en medio del desierto“
1. Mil orquídeas en medio del desierto
2. Desarraigo
3. Manual de un naufragio
4. Alienación y delirio
5. Interludio – En la tempestad
6. Notas sobre el olvido
7. Hacia el abismo
8. Dejemos hablar al viento