An und für sich ist den ehemaligen Schwarzwurstfreunden und jetzigen Gothicmetallern EVENFALL mit Cumbersome ein solides, hörenswertes Album gelungen. Druckvoll, mit simplen, aber effektiven Riffs und dem Willen zur Innovation – so präsentieren sich die Italiener auf ihrem dritten Output. Aus der Black Metal-Vergangenheit hat sich lediglich der krächzende Gesang von Ansgar Zöschg in die Gegenwart retten können, der sich beim flotten In Absentia Christi voll austoben darf. Ansonsten bestimmen rockige Gothic Metal-Songs und die klare, kräftige Stimme von Roberta Staccuneddu das Geschehen. Als Sahnehäubchen hat die Band dann noch mit Entre Dos Tierras von den HEROES DEL SILENCIO ein quasi unkaputtbares Lied als Coverversion auserkoren. Somit sollten also eigentlich alle Zeichen auf Sturm stehen und der Rezensent glücklich und verträumt den Klängen lauschen, die da aus den Boxen strömen… doch leider verbergen sich unter der anmutigen Oberfläche so einige Schwächen, die eine differenziertere Bewertung von Cumbersome unabdingbar machen. Einen dicken Minuspunkt verdanken EVENFALL ihrem Keyboarder Max Boi, der zwar betont moderne Sounds auffährt und mehr zu bieten hat als die übliche Mollakkordbegleitung, aber dafür ins klinisch Reine abdriftet. Zu oft klingen seine Spuren programmiert und seelenlos, dann wieder beweist er kein glückliches Händchen bei der Wahl der Sounds. Bei Rawish und Dogma wähnt man sich gar in die unselige Zeit von PC-Spiel-Piepsbegleitungen der ersten Generation zurückversetzt. Um Gothic Metal Modernität und eine futuristische Atmosphäre zu verpassen, braucht es mehr, erst recht, wenn der Rest der Musik nicht so ganz auf die neumodische Spielweise von Max ausgerichtet ist und sich eher im konventionellen Gothic Metal-Bereich bewegt. Kritik muss auch Sängerin Roberta einstecken, denn ihre wunderbare Stimme verspricht weitaus mehr Facetten und Stimmungen, als Roberta letztlich dann zum Einsatz bringt. Unbestritten ist, dass sie ihre Stimme beherrscht und nicht schwächlich die hauchende femme fragile spielt. Doch etwas mehr Abwechslung, die ich Roberta unumwunden zutrauen würde, dürfte sie schon einbringen. Gleiches gilt für die unpassende Black Metal-Keifstimme von Ansgar, dem der Rest der Band wohl noch nichts vom Stilwechsel erzählt hat (man höre nur mal sein unsägliches Rumschreien in Vangelis Mundi, da ging ihm wohl die Puste aus…). Und so knallt auch Entre Dos Tierras, das ich mir schon lange in einer Metalversion gewünscht hab´, nicht so besonders doll. Unkaputtbar ist der Song wie gesagt, und so geht EVENFALLs Version auch durchaus druckvoll und mächtig nach vorne los, wird dann jedoch verzwungenermaßen ab dem zweiten Refrain in eine ruhigere Richtung herumgerissen, damit der Gastauftritt von Ex-PSYCHOTIC WALTZ-Frontmann Buddy Lackey eingebunden werden kann, der schon mal kraftvoller und emotionaler gesungen hat – zuletzt auf der superben DEAD SOUL TRIBE-CD – und dem man durchaus seine zwei Zeilen auf Spanisch hätte zumuten können, statt mittels einer englischen Übersetzung des Refrains den Song seiner wunderbar mystischen und spannungsgeladenen Stimmung zu berauben, welche die Helden der Stille ihrem Hit verpaßt hatten.
All diese kleinen Schwächen addieren sich unterm Strich, so dass Cumbersome für EVENFALL zwar als ein erster Schritt hin zu einer eigenständigen, innovativen Band gewertet werden kann, mehr jedoch nicht. Dazu scheinen sich die Bandmitglieder noch zu uneinig zu sein, in welche Richtung die Reise denn nun gehen soll.
Veröffentlichungsdatum: 22.04.2002
Spielzeit: 51:03 Min.
Line-Up:
Roberta Staccuneddu – Gesang
Ansgar Zöschg – Gesang
Ivan D´Alia – Gitarre
Boban Milunovic – Gitarre
Melis Cakic – Bass
Max Boi – Keyboards
Viktor Ivanovic – Schlagzeug
Produziert von Boban Milunovic
Label: Century Media
Email: http://www.evenfallweb.com
Tracklist:
Rawish
Frontloader
Dogma
Entre Dos Tierras
In Absentia Christi
Overcast Sky
Cumbersome
Vangelis Mundi
Unworshipped
Conspectu Mortis II