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AVERSIO HUMANITATIS: Behold The Silent Dwellers

Städte. Große, organisch wirkende Leviathane in einer versmogten Welt. Monströse, kybernetische Wesen, die immer wieder ihre Form ändern, sich ausdehnen und zerfallen. Sie stoßen Gliedmaßen ab, neue wachsen aus den Stahlgerippen, mit Zellen in denen blasse Menschen wie Parasiten hausen. Das ist der perfekte Stoff für Horror und für Dystopien, das wussten nicht erst H.G. Wells und Philip K. Dick. Wenig überraschend: Dem Black Metal in seiner zeitgemäßen Form steht diese Ästhetik gut zu Gesicht. Kälte, Unnahbarkeit, Finsternis – faszinierend für jeden Freund surreal-futuristischer Kost. Vor allem, wenn es so heavy und brachial klingt, wie bei AVERSIO HUMANITATIS. Kein Wunder, dass ich ständig Bilder von „Blade Runner“ vor dem inneren Auge habe, wenn ich diese Platte auflege.

Zähne, überall Zähne! AVERSIO HUMANITATIS erschaffen eine bedrohliche Symmetrie

Fast hätte ich “Behold The Silent Dwellers” links liegen lassen. Das zweite Album der spanischen Black Metal-Band ist überaus sperrig, dann hat es doch noch „klick“ gemacht. Denn AVERSIO HUMANITATIS erzeugen mit einigen Tricks und Kniffen eine starke Faszination. Es herrscht eine bedrohliche Symmetrie: Das Cover, das aussieht, als würde man von einem Leviathan verschluckt werden, Gebäude wie Zähne, as above so below. Dann die beiden Seiten der LP, mit jeweils 3 Liedern, alle ähnlich in Ausrichtung und Länge. Aber „Behold The Silent Dwellers“ bietet eben nicht Style-Over-Substance. Stattdessen geht es in medias res mit „The Weaver Of Tendons“, dessen Riffs ganze Fleischbrocken aus dem Hörer reißen, Sänger J brüllt und schreit mit geradezu furchterregender Intensität.

Das Schlagzeugspiel passt sich dem sehr gut an: Gerne gibt es kompromisslos rasende Blast Beats, ansonsten unterstreicht das kräftige Drumming auch in den langsamen Momenten die Musik. Dazu gibt es immer wieder epische Gitarrenharmonien, die stark im Kopf bleiben. Und so plötzlich das Album beginnt, so abrupt endet es. Das scheint Kalkül zu sein, es bleibt ein Gefühl Unruhe wenn die letzten Noten von „The Scribe Of Dust“ plötzlich abreißen.

„Behold The Silent Dwellers“: Ein klaustrophobischer Albtraum aus kaltem Beton

Freunde von PANZERFAUST, SCHAMMASCH und zeitgemäßer schwerer Schwärze an sich, sollten mit AVERSIO HUMANITATIS auf Tuchfühlung gehen, „The Wanderer Of Abstract Paths“ und sein herausragendes Video, als auch „The Watcher In The Walls“ eigenen sich bestens für den Erstkontakt.

Konzeptuell heben AVERSIO HUMANITATIS den zeitgemäßen, in Richtung Death Metal schielenden Black Metal nicht auf ein neues Niveau, aber die Herangehensweise der Spanier ist frisch und intelligent. So vereint „Behold The Silent Dwellers“ mehrere Gegensätze auf sehr ungezwungene Weise: Die sechs Stücke sind sowohl brutal als auch atmosphärisch, komplex als auch monolithisch.

Kein Wunder, dass AVERSIO HUMANITATIS ihr Publikum nach und nach fesseln können. Dazu braucht die Band aus Madrid kein fieses Image und keine anonymisierenden Kapuzen; die Texte, die Musik, die Bilder, all das erzeugt einen klaustrophobischen Albtraum aus kaltem Beton. Nach diesem Trip in eine kalte, finstere Metropole freue ich mich, im realen Leben ein Landei zu sein, und doch begebe ich mich immer wieder in diese Welt. Wie so oft bei anspruchsvoller Musik, gilt auch hier: Geduld und genaues Hinhören zahlt sich aus. Im Vorbeigehen mag „Behold The Silent Dwellers“ nur ein Album unter vielen sein, seine Qualität liegt unter der Oberfläche.

Wertung: 5 von 6 Megacitys

VÖ: 19. Juni 2020

Spielzeit: 35:59

Besetzung:
A. – Vocals & Bass
S. – Guitars & Bass
J. – Drums
N.H.T. – Additional Guitars

Label: Debemur Morti

AVERSIO HUMANITATIS „Behold the Silent Dwellers“ Tracklist

1. The Weaver of Tendons (Audio bei YouTube)
2. The resence in the Mist
3. The Sculptor of Thoughts
4. The Wanderer of Abstract Paths (Video bei YouTube)
5. The Watcher in the Walls
6. The Scribe of Dust

Mehr im Netz:

aversiohumanitatis.com

facebook.com/aversiohumanitatis

 

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